Sparkassenforum: Rados analysiert politische Weltlage

30.3.2017, 14:07 Uhr
Sparkassenforum: Rados analysiert politische Weltlage

© Harald Munzinger

. In der vollbesetzten Markgrafenhalle setzte die Sparkasse im Landkreis mit einer der profiliertesten deutschsprachigen Fernsehreporterinnen die Serie namhafter Referenten der Foren fort, die seit nunmehr 30 Jahren die Welt durch Expertenbrillen betrachten lassen. Nun war es "Die Welt im Umbruch" mit der besorgten Frage, was aus Deutschland und Europa wird. Das Fragezeichen blieb, da es die promovierte Politologin und mehrfach ausgezeichnete Fernsehreporterin mit dem profunden Wissen über die Geschichte und aktuelle Lage des Nahen Ostens mit den erfahrenen Propheten hielt: "Die warten die Ereignisse lieber ab!"

Seit 2000 Jahren die "Drehscheibe der Weltgeschichte" und mit der Hochblüte bis zur Mongoleninvasion, ein Zentrum der Welt mit den ersten Universitäten und Kliniken beschrieb Dr. Rados den Nahen Osten als "die schwierigste und unruhigste Region der Welt". Es sei in den von Familienclan regierten arabischen Ländern nie zu einer stabilen Ordnung gekommen und es auch dem Islam mit den getrennten Lagern von Schiiten und Sunniten nicht gelungen, "eine chaotische Welt mit immer neuen Herrschern zu kontrollieren".

Region voller explosivem Konfliktpotential

Bis zur Industriealisierung hätte das die Europäer nicht interessiert, sich dies mit dem Erdöl schlagartig geändert. Unter französischen und britischen Mandaten - heute die Region mit den größten Konflikten - sicherte man sich das schwarze Gold, mit dem Saudi Arabien zum engsten Verbündeten Amerikas werden sollte. Die "Revolution des Erdöls" sieht die Reporterin, die am Tag nach dem Sparkassenforum einmal mehr in den Irak reiste, am Ende, womit das Interesse der USA an der Region rapide abnehmen, sich der Rückzug aus der Region unter Trump noch verstärken werde. Da die USA zwei Kriege sieben Trilliarden Dollars gekostet hätten, sei mit keinem weiteren militärischen Engagement zu rechnen. "Die Europäer zahlen jetzt den Preis dafür, was im Nahen Osten geschieht", führte Dr., Antonia Radis vor gebanntem Auditorium aus.

Die Lunte am "Pulverfass Naher Osten" entzündet haben nach ihrer Schilderung der Anschlag vom 11. September 2001 in New York und Washington mit der darauf folgenden Invasion der Amerikaner im Irak. Den Arabische Frühling und die "Digitale Revolution", mit der sich die Verwirrungen im hohen Bevölkerungsanteil der jungen Menschen verstärkten, rechnete die Reporterin zum explosiven Konfliktpotenzial.

Rados schließt türkischen Bürgerkrieg aus

Weitere Flüchtlingskrisen und Terroranschläge - "die verheerende Macht der Schwachen" - seien nach ihrer Einschätzung zu befürchten, doch überraschte Dr. Antonia Rados mit dem auch in der anschließenden Fragerunde angesprochenen Optimismus, dass "sich nach dem Chaos auch immer wieder schnell eine neue Ordnung" bilde. Hier würden die Türkei und der Iran - zwei islamischen Staaten - "in nächster Zeit immer wichtiger werden, um in der Region Ordnung zu schaffen, was die Europäer nicht können". Den politischen Dialog mit der so naheliegenden Region müsse man im gegenseitigen Interesse indes weiterführen, auch wenn der Nahe Osten sich von Europa entfernen und sich stärker Richtung Russland, China und Indien orientieren werde.

Verliere Erdogan das Referendum Mitte April, befürchtet Dr. Rados unruhige Zeiten, die auch seitens der Türkei - "in der die Karten neu gemischt werden" - kein Interesse mehr an einem EU-Beitritt wähnt. Ob auch ein Austritt aus der Nato droht? Da bemühte die Referentin lieber wieder die "erfahrenen Propheten", wollte dieses mögliche Szenario aber nicht überbewertet wissen.

Einen im Zuhörerkreis befürchteten Bürgerkrieg in der Türkei schloss sie ebenso aus, wie Gefahren für die Sicherheit Israels als viertgrößte Militärmacht der Welt inmitten des Pulverfasses Naher Osten. Während Dr. Antonia Rados davon ausging, dass aus dieser Region nicht mehr so viele Menschen Richtung Europa flüchten werden, Die Flüchtlingsströme aus Afrika ließen sich nach ihrer Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten sicher nicht an der Küste Libyens stoppen, sondern nur mit der Bekämpfung von Armut und Perspektivlosigkeit in den Herkunftsländern der Fliehenden. Dass sie natürlich die Angst bei ihren beruflichen Missionen in den Krisenherden begleite, ließ die eloquente Reporterin auf die Frage aus dem Publikum wissen, die sich als westliche Frau in der arabischen Welt durchaus gut behütet fühlt. Warum es sie gerade in diese immer wieder ziehe, ließ sich für die Journalistin „mit den vielen Ereignissen“ leicht erklären.

War da noch die Frage im Titel ihres Vortrages: "Was wird aus Deutschland und Europa?" Die Antwort wissen "erfahrene Propheten" am gerne zitierten "Ende des Tages". Für den Nahen Osten scheint dies auch von nachrangiger Bedeutung zu sein, von zentraler hingegen weiterhin im umgekehrten Fall, die dies in angeregten Gesprächen nach der weltpolitischen Exkursion zum Ausdruck kam. Da war den meisten Besuchern des Forums - beeindruckt von Dr. Antonia Rados kenntnisreicher Analyse - "der Nahe Osten näher als es uns recht sein kann".

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