150 Jahre Eisenbahn: Ingenieurskunst im Altmühltal

11.4.2020, 05:55 Uhr
150 Jahre Eisenbahn: Ingenieurskunst im Altmühltal

© Archivfoto: Sammlung Ottmann

Vor 150 Jahren, in der Osterwoche 1870, wurde die Bahnstrecke von Ingolstadt nach Treuchtlingen feierlich eröffnet. Damit erhielt auch Pappenheim und Solnhofen einen Anschluss ans Bahnnetz. Ein historischer Rückblick von Hobby-Heimatforscherin Anneliese Ottmann aus Pappenheim.

Bevor es losgehen konnte waren gewaltige Hürden zu nehmen. Friedrich List, der später in Ungnade gefallene Politiker und Wirtschaftswissenschaftler, stellte bereits 1833 in seinem Vorschlag eines deutschlandweiten Eisenbahnnetzes eine Altmühlbahn als direkte Verbindung von München über Ingolstadt nach Nürnberg vor. 25 Jahre später wurden die Pläne durch den Magistrat von Eichstätt aufgegriffen, allen voran Bürgermeister Georg Fehlner.

Man versprach sich einen wirtschaftlichen Aufschwung durch den Güterverkehr, insbesondere für die Steinbrüche um Solnhofen und Eichstätt sowie die dortigen Hüttenwerke. Zusammen mit den anderen Gemeinden und Firmen entlang der geplanten Strecke gründete man daher ein Komitee zum Bau der Altmühlbahn und wurde mehrfach bei König Ludwig I. vorstellig.

Erst als die Stadt Ansbach eine Pachtbahn von Ansbach nach Gunzenhausen baute, wo Anschluss an die Ludwig-Süd-Nord-Bahn von Lindau nach Nürnberg bestand, und diese schließlich nach Treuchtlingen verlängert wurde, konnte sich das Komitee durchsetzen. Streitpunkte waren zu diesem Zeitpunkt noch die Anbindung Eichstätts an die Bahn, sowie die weitere Trassierung nach Pleinfeld und Gunzenhausen. Das Ergebnis ist heute noch sichtbar: Man umging Eichstätt und schloss es mit einer Stichbahn an die Hauptstrecke an.

Der "königlich functionierende Oberingenieur" Heinrich Balbier untersuchte in der Folge mehrere Streckenvarianten, man entschloss sich schließlich, weitgehend dem Tal der Altmühl zu folgen und in Treuchtlingen die Strecken nach Gunzenhausen und Pleinfeld zu trennen. Am 24. September 1863 entschied der Landtag positiv, am 5. Oktober 1863 unterzeichnete König Maximilian II. das vor Ort lange ersehnte Gesetz zum Bau der Strecke von Ingolstadt nach Gunzenhausen und Pleinfeld.

Bei Bekanntgabe der Planungen stieg der Wert der Steinbrüche

Nach langen Verhandlungen mit einschlägigen Behörden wurden die nötigen Geldmittel genehmigt und am 11. Januar 1867 die Erlaubnis zum Baubeginn erteilt. Für die heimische Steinindustrie war es ein wichtiges Ereignis. Schon bei Bekanntwerden der Planung des Projektes war der Wert der Steinbrüche bedeutend gestiegen.

Große Schwierigkeiten bereiteten die Grundstücksabtretungen. Ungefähr 19 Tagwerk Äcker und Wiesen (6,5 Hektar) mussten von der Gemeinde Solnhofen abgetreten werden, wofür eine Entschädigung von 4568 Gulden ausgezahlt wurde. Die Gebäude von Solnhofener Bürgern, die damals im Raum zwischen dem heutigen Rathaus und der Sparkasse wohnten – es waren acht Wohngebäude mit zwölf Wohnungen – mussten abgerissen werden. Für ihre Häuser erhielten die Eigentümer eine Abfindungssumme, um sich an anderen Stellen des Ortes eine neue Behausung zu schaffen. Die Bauplätze dazu wurden von der Gemeinde überlassen.

Hans Navratil, Archivar und Ehrenbürger der Stadt Pappenheim, der auf Nachfrage zwar noch nicht über den Bahnbau geforscht hat, vermutet, dass die meisten Grundstücke rund um Pappenheim wie Wiesen und Felder entlang der Altmühl dem Grafen von Pappenheim gehört haben und er diese abgetreten hat.

150 Jahre Eisenbahn: Ingenieurskunst im Altmühltal

© Archivfoto: Sammlung Ottmann

Der Bauer Habermeier siedelte sich in Solnhofen am Westausgang des Dorfes an. Sein neuer Hof ist das letzte Haus in der heutigen Ferdinand-Arauner-Straße. Der Hausname "Habermeier" hat sich lang erhalten (jetzt Familie Betz). Die Vorfahren von Julius Pappler bauten sich in der Weidleite ein Haus, die Vorfahren von Ludwig Stiegler (vormals Annerose Brüning) in der heutigen Badstraße 4, die Vorfahren von Friedrich Näpflein (heute Mack) in der Badstraße 6. Ferner mussten in Solnhofen die Greifenwirtschaft in der Nähe des Bahnhofes, das gemeindliche Wachhaus, das Flurerhaus und das Klostertor, in welchem das Forstpersonal untergebracht war, abgerissen werden.

Mit dem Bau der Altmühlbahn wurde schließlich im Oktober 1867 begonnen. Die knapp 56 Kilometer lange Strecke zwischen Ingolstadt und Treuchtlingen wurde an mehrere Bauunternehmer abgegeben. Ihre Verwaltungs- und Büroräume hatten diese in der früheren Wirtschaft "Zum Hirschen" eingerichtet. Dieses Gebäude hieß bis 1970 noch "Sektionshaus" (Senefelderstraße 1), in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde es abgerissen und an dieser Stelle das jetzige Sparkassengebäude erbaut. Die neue Bahnstrecke von Ingolstadt nach Treuchtlingen war eine große Herausforderung, die auch viele technische Schwierigkeiten mit sich brachte. Bei Zimmern musste der 108 Meter lange Kirchbergtunnel und südöstlich von Eßlingen der Eßlinger Tunnel mit 633 Metern geschaffen werden.

Für die Altmühl musste ein neues Bett angelegt werden

Mehrere Brücken über die Altmühl waren notwendig. Sogar ein neues Bett für die Altmühl musste angelegt und das alte Bett zugeschüttet werden. Die Altmühl wurde flussabwärts weiter nach links verlegt, ungefähr in Höhe der Badstraße bis zur damaligen Dorfbrücke. Auf einem alten Stich von Solnhofen kann man gut erkennen, dass die Altmühl am ehemaligen Benektinerkloster vorbeifloss.

Bei der Ausführung dieser Arbeiten waren viele Arbeitskräfte notwendig. Eine große Zahl von Italienern fand hier für mehrere Jahre Arbeit. Die Fremdarbeiter wurden teils in Privat-, teils in Massenquartieren untergebracht. Zwischen den "heißblütigen" Südländern und den übrigen Arbeitern soll es öfters zu Raufereien gekommen sein. Zur Verpflegung der Bauarbeiter waren Kantinen eingerichtet. Die Solnhofer Geschäftsleute hatten alle Hände voll zu tun, um die verlangten Getränke, Brot und Fleischwaren herbeizuschaffen.

Die Eröffnung der Bahnstrecke von Ingolstadt nach Treuchtlingen erfolgte in der Osterwoche am 12. April 1870, kurz vor Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges. Für die Schulkinder gab es am Eröffnungstag eine Freifahrt von Solnhofen nach Pappenheim, was für sie wohl ein großes Erlebnis war. Auf der vorerst eingleisigen Bahnstrecke verkehrten damals vier Zugpaare. Seit dem 4. August 1892 ist die Strecke zweigleisig und seit dem 25. Mai 1962 ist der Betrieb elektrifiziert.

Durch die Eisenbahn war es möglich geworden, dass die Solnhofener Steinerzeugnisse nunmehr vom Bahnhof Solnhofen oder Pappenheim aus in schwer beladenen Eisenbahnwagen nach allen Richtungen befördert werden konnten. Die Steine wurden zuvor mittels Pferdefuhrwerke aus den Steinbrüchen zum Bahnhof gefahren. Dort wurden sie entweder direkt verladen oder aber in die Lagerhütten bis zum Abtransport zwischengelagert. Diese Lagerhütten waren in Pappenheim noch lange zu sehen. Heute ist dort der Fuhrpark der Firma Steil untergebracht.

Durch die nach dem Ersten Weltkrieg beginnende Motorisierung der Fahrzeuge änderte sich zunächst wenig an dieser Art des Steinversandes. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg holten Lastzüge aus nah und fern die Steinerzeugnisse und den Zement direkt im Steinbruchgebiet ab, wodurch vor allem das mehrmalige Umladen entfiel. Für die Eisenbahnverwaltung gingen damit umfangreiche Einnahmen verloren.

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