Wichtiges Ehrenamt

"An der Grenze": Treuchtlinger Feuerwehr sucht Verstärkung

17.10.2020, 06:01 Uhr
Treuchtlingens Feuerwehr-Kommandant Christoph Misoph (Mitte), sein Stellvertreter Hermann Schweier (rechts) und Pressesprecher Benjamin Drießlein (links) werben um neue Mitglieder – so gut das eben in Corona-Zeiten möglich ist.

© Lidia Piechulek Treuchtlingens Feuerwehr-Kommandant Christoph Misoph (Mitte), sein Stellvertreter Hermann Schweier (rechts) und Pressesprecher Benjamin Drießlein (links) werben um neue Mitglieder – so gut das eben in Corona-Zeiten möglich ist.

Sie tragen bis zu 45 Kilogramm mit sich herum und wachen auch nachts über die Sicherheit ihrer Mitmenschen, ohne einen Cent dafür zu verlangen: Wer sich bei der Freiwilligen Feuerwehr engagiert, der macht das mit Herz und um einen Dienst am Nächsten zu leisten.

Theoretisch kann fast jeder im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, der sich körperlich in der Lage dazu sieht, Mitglied werden (mehr dazu am Ende des Artikels). Und doch sieht sich die Freiwillige Feuerwehr in Treuchtlingen seit Jahren vergeblich nach Verstärkung um. Denn von einer Beteiligung wie in den Ortsteilen kann man im Stadtkern nur träumen – hier gibt es seit Jahren weniger als 50 aktive Mitglieder, während sie in manchen Dörfern im dreistelligen Bereich liegt.

"Sich in der Feuerwehr zu engagieren, gehört in den Ortsteilen sozusagen dazu", stellt Benjamin Drießlein fest, der sich selbst seit 2009 sowohl bei der Grabener Feuerwehr als auch in Treuchtlingen engagiert. Er mutmaßt, dass ein stärkerer Zusammenhalt der Dorfgemeinschaften und das Pflichtgefühl in den Ortsteilen eine größere Rolle spielen könnten. Aufgrund der schieren Menge an Freiwilligen sei der Arbeitsalltag dort wesentlich entspannter; es gebe weniger Einsätze und mehr Möglichkeiten, einen Ersatz zu finden, falls jemand einmal nicht vom Arbeitgeber freigestellt wird.

Werbung nur noch im Internet

Am Standort Treuchtlingen ist Drießlein heute für die Öffentlichkeitsarbeit der Feuerwache zuständig. Er versucht vor allem, über Facebook und Werbebanner den Nachwuchs zu erreichen, doch hat das bisher noch zu keinem neuen Kontakt geführt. Kommandant Christioph Misoph ist darüber nicht verwundert: "Das meiste hat sich von jeher über die persönliche Ansprache ergeben", erklärt er. Eben jene ist derzeit allerdings kaum möglich, Veranstaltungen wie die Feuerwehraktionswoche finden heuer nicht statt. Sie war in den vergangenen Jahren eine gute Gelegenheit für die Ehrenamtlichen, um ihr Können zur Schau zu stellen und Außenstehende für den Dienst zu begeistern.

Gleichzeitig fällt mit der Veranstaltung auch die Berichterstattung darüber und somit ein weiteres Mittel unter den Tisch, Aufmerksamkeit zu erhalten. Die Losung der Stunde sei demnach, auf digitalen Plattformen Präsenz zu zeigen, meint Drießlein. Die Hoffnung: in die Köpfe der Menschen zu bekommen, wie wichtig eine gute personelle Ausstattung für die Feuerwehr ist.

Nur 37 aktive Mitglieder

Der Feuerwehrmann erklärt den Ansatz dahinter wie folgt: "Es kann jederzeit passieren, dass ich unverschuldet in Not gerate und Hilfe in Anspruch nehmen muss. Im Gegenzug gebe ich etwas zurück und engagiere mich ehrenamtlich." Und der Kommandant ergänzt: "Wir fahren hier raus, um Leben zu retten. Das kann nicht bloß ich allein, sondern ich muss das mit einer leistungsstarken Mannschaft machen."

Misoph hat den Eindruck, dass die Corona-Pandemie die Tendenz noch mehr verstärkt hat, nur auf die eigenen Probleme zu schauen. Zeitgleich nehme die Bereitschaft zum Engagement im Ehrenamt in allen Bereichen kontinuierlich ab. Für ihn sei das eine traurige und besorgniserregende Entwicklung.

Derweil hat die Mitgliederzahl in Treuchtlingen einen Tiefststand erreicht: 37 Aktive, darunter 32 Männer und fünf Frauen, engagieren sich aktuell im Feuerwehrdienst, nehmen also an Einsätzen teil. Im Durchschnitt müssen die Ehrenamtlichen dafür wöchentlich rund drei Stunden ihrer Freizeit "opfern" – Wobei Drießlein klarstellt, dass es aus Sicht der Einsatzkräfte viel mehr darum geht, die Freizeit sinnvoll zu gestalten.


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Der Dienst bei der Feuerwehr besteht grundsätzlich sowohl aus Einsätzen als auch aus Übungen. Die gesamte Mannschaft ist derzeit coronabedingt in drei feste Gruppen eingeteilt, die sich circa alle zwei Wochen zur Übung treffen.

Mit seiner Personalnot geht Kommandant Misoph offen um. "Wir sind derzeit an der Leistungsgrenze und können Fahrzeuge teilweise nicht besetzen", berichtet er. Die ideale Mitgliedszahl hätte die Treuchtlinger Feuerwehr bei 69 Personen, erklärt er. Dann wäre die nötige Anzahl an Ehrenamtlichen, um einen Löschzug zu besetzen (23 Personen), in jedem Fall zu erreichen – selbst wenn zwei Drittel absagen, weil sie außerhalb unterwegs oder im Urlaub sind oder vom Arbeitgeber nicht freigestellt werden.

Darüber hinaus haben lediglich zwölf Ehrenamtliche einen Lastwagen-Führerschein und 20 eine Ausbildung zum Atemschutzgeräteträger. Für die insgesamt zwölf Atemschutzgeräte wäre eine Besetzung von 36 Personen mit dieser Zusatzqualifikation ideal, sagt Misoph. Der angespannten Personalsituation gegenüber stehen 30 Prozent mehr Einsätze im vergangenen Jahr.

Um seine Sicherheit müsse sich trotzdem niemand im Stadtgebiet Sorgen machen, stellt die Freiwillige Feuerwehr klar. Im Ernstfall würden die Feuerwehren aus den Ortsteilen bei den Einsätzen hinzugezogen. Die Tendenz zur Bequemlichkeit und der Gedanke "Es wird sich schon jemand finden" seien allerdings auf Dauer keine Lösung für die Stadt, so der Kommandant.

Infos: Das sind die Voraussetzungen für den Dienst

Im bayerischen Feuerwehrgesetz ist festgeschrieben, dass Personen vom 18. bis zum vollendeten 65. Lebensjahr Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr leisten können – und zwar entweder in der Gemeinde, in der sie wohnen, oder in der Kommune, in der sie einer regelmäßigen Beschäftigung oder Ausbildung nachgehen. In besonderen Fällen ist der Dienst auch in den Nachbargemeinden möglich. Man kann in bis zu zwei Kommunen gleichzeitig Feuerwehrdienst leisten.

Der Kommandant nimmt die Bewerber und Bewerberinnen in den ehrenamtlichen Dienst auf. Er prüft ihre Eignung und kann ein ärztliches Gutachten verlangen. Ist ein Bewerber nicht für den Einsatz geeignet, kann ihn der Kommandant trotzdem aufnehmen, den Dienst aber auf der Eignung entsprechende Aufgaben beschränken.


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Mit einer Novellierung des Feuerwehrgesetzes im Juli 2017 wurden die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um auch Menschen mit Behinderung in den Feuerwehrdienst aufzunehmen. Dabei wird ebenfalls die Eignung für bestimmte Tätigkeiten im Dienst berücksichtigt.

Für Jugendliche zwischen dem 12. und dem 18. Lebensjahr gibt es die Möglichkeit sich in der Jugendfeuerwehr zu engagieren. Sie werden dort Schritt für Schritt an den Dienst herangeführt und lernen dabei Kameradschaft und Teamfähigkeit.

Interessenten für ein Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr in Treuchtlingen können über die Facebook-Seite unkompliziert Kontakt zur Feuerwehr aufnehmen oder eine E-Mail an oeffentlichkeitsarbeit@feuerwehr-treuchtlingen.de senden.

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