B2-Umgehung: Dietfurter wollen den Tunnel

9.2.2018, 06:03 Uhr
B2-Umgehung: Dietfurter wollen den Tunnel

© Martin Schutt/dpa

Ergebnisoffen sollte der Findungsprozess für die Umgehung sein – ein Pilotprojekt in Sachen Bürgernähe unter ständiger Einbeziehung der Dorfbewohner und Anlieger sowie ganz ohne Richtungsvorgabe. Alle Beteiligten, Behörden, Stadt und Dorfgemeinschaft, wollten die Emotionen niedrig halten und Geschlossenheit vermitteln. Das ist bislang auch gelungen. Nur „ergebnisoffen“ ist die Frage nach dem Trassenverlauf seit Mittwoch nicht mehr. Zu eindeutig ist der Favorit: ein Tunnel durch den Dattelberg im Osten von Dietfurt.

B2-Umgehung: Dietfurter wollen den Tunnel

© Staatliches Bauamt Ansbach

Die Argumente dafür sind so überzeugend, dass Baudirektor Heinrich Schmidt vom Staatlichen Bauamt in Ansbacher sogar kurz erwog, die unwahrscheinlichste Streckenführung gleich ganz aus der Voruntersuchung zu streichen. Dabei ging es in der vollbesetzen Dietfurter Dorfschule an diesem Abend noch gar nicht um eine Vorzugsvariante – die soll frühestens zum Jahresende auf dem Tisch liegen.

Das ist wichtig, denn falls ein Anwohner das Projekt später auf dem Klageweg verhindern will, müssen die Planer nachweisen, dass sie jede denkbare Trasse objektiv geprüft haben. „Es gibt nicht die Dietfurter, nur ganz viele verschiedene Dietfurter Interessen“, bekräftigte auch Nicole Heinrichmeyer als Sprecherin der 14-köpfigen Arbeitsgruppe. „Davon werden auch einige auf der Strecke bleiben.“ Man könne keine Straße verlegen, ohne Land zu verbrauchen und neuen Lärm zu verursachen.

Streichung drängt sich auf

Nichtsdestotrotz ließ sich Schmidt – sichtlich angetan von der konstruktiven Debatte und spürbaren Kompromissbereitschaft – am Ende des Dialogs zu einem unzweideutigen Fazit hinreißen: „Jetzt schon Varianten auszuschließen ist heikel. Aber wenn sich die Gegenargumente derart aufdrängen und wir jetzt schon das Gefühl haben, dass das nichts wird, würde ich das Risiko eingehen. Denn die mehrfache Planung kostet auch Geld.“ Spätestens nach einjährigen Umweltverträglichkeitsstudie sei es gut möglich, dass die Tunnellösung der einzig folgerichtige Weg sei. Dafür erntete der Behördenleiter viel Applaus.

Acht Trassen und zwei Untervarianten haben Arbeits- und Lenkungsgruppe initial geprüft, darunter auch etliche Vorschläge aus der Bevölkerung. Klar ist, dass die B2 dreistreifig ausgebaut werden, aus der Dietfurter Ortsmitte verschwinden und kreuzungsfrei an die Zubringerstraßen angebunden werden soll. Dies sind in erster Linie die Staatsstraßen 2216 an der Schambachkreuzung und 2230 an der Heusteige.

B2-Umgehung: Dietfurter wollen den Tunnel

© Patrick Shaw

Grundlage für die Bedarfs- und Kos­tenermittlung im Bundesverkehrswegeplan war die „ortsferne Westumfahrung“ auf einer großen oder bis zu zehn kleineren Brücken quer durchs Dietfurter Ried, über die Altmühl und westlich am Weitstein vorbei. Sie würde ersten Berechnungen zufolge gut 23 Millionen Euro kosten und hätte einen Kosten-Nutzen-Faktor von etwa 3,2 – was wiederum bedeutet, dass im Extremfall Baukosten von bis zu 70 Millionen Euro gerade noch wirtschaftlich wären. Statt aktuell 14.000 und für das Jahr 2030 prognostizierten 17.000 Fahrzeugen am Tag sollen nach der Freigabe der Umgehung laut Straßenbau-Abteilungsleiter Werner Ott nur noch „ein paar Hundert“ Autos und Lastwagen durchs Dorf rollen.

Gleich zu Beginn der Vorauswahl „durchgefallen“ sind die ortsnahe Ostumfahrung (zu nah am Baudenkmal Bergnershof), ein Tunnel durch den Weitstein (teurer und ohne Vorteil gegenüber der Westumfahrung) sowie eine dreistreifige Ortsdurchfahrt mit Lärmschutz auf der alten Trasse (zerschneidet das Dorf). Ebenfalls keine Zustimmung fand die sogenannte „Zäh-Trasse“, ein Tunnel unter dem Dorf mit Verlegung der Altmühl, um diese nicht unterqueren zu müssen. Gegen sie sprachen der Hochwasserschutz und der fehlende Platz, um den Tunnel zugleich flach genug zu halten und einen hässlichen „Kasten“ in der Ortsmitte zu vermeiden.

B2-Umgehung: Dietfurter wollen den Tunnel

© Patrick Shaw

Gegen Flächenfraß

Aber auch die Argumente gegen vier der fünf Vorschläge in der engeren Wahl sind recht deutlich – am klarsten gegen die ortsferne Ostumfahrung, die in einem weiten Bogen über den Dattelberg führen würde. Gegen sie wehrten sich nicht nur die Bewohner des Bergnershofs und des nur knapp 300 Meter von der Trasse entfernten Osterdorf, die mit einer großen Abordnung beim Bürgerdialog vertreten waren.

Sie fürchten vor allem den Lärm der B2, denn Schutzwälle gibt es erst ab einer Entfernung von etwa 160 Metern. „Ein gewisses Grundrauschen muss man in Kauf nehmen“, räumte Werner Ott ein. Aber auch viele Dietfurter und Treuchtlinger kritisierten den enormen Flächenfraß dieser Variante, die mit ihrer Länge und hohen Aufschüttungen mehr als 32 Hektar verschlingen würden. „Ein Monstrum“ nannte eine Dietfurterin die Trasse.

Naturgemäß gegen beide Westumfahrungen (einmal ortsfern, einmal nah) positionierten sich die Bewohner des Burgstalls. Auch sie erhielten jedoch ungeahnte Unterstützung aus Dietfurt und Osterdorf sowie von Planerin Nadine Kießling und Treuchtlingens drittem Bürgermeister Klaus Fackler, die alle auf die Bedeutung des Dietfurter Rieds als ökologisch wertvolles Feuchtgebiet mit seltenen Tieren und Pflanzen hinwiesen. „Ansonsten gäbe es dort bestimmt schon eine Umgehung“, so Kießling.

Dazu kommt, dass sich fast die gesamte Trasse im Überschwemmungsgebiet der Altmühl befindet, sodass Ausgleichflächen geschaffen werden müssten. Vorteile beider Varianten wären die niedrigen Kosten und die unkomplizierte Anbindung des Gewerbegebiets an der Heusteige.

B2-Umgehung: Dietfurter wollen den Tunnel

© Patrick Shaw

Gegen Ortstunnel

Ein Tunnel unter der bestehenden B2 im Dorf kommt schließlich für die Dietfurter nicht in Frage. Er wäre zwar kürzer als die Variante durch den Dattelberg, aber wegen der Geologie kaum günstiger und unsicher zu planen. Außerdem würde er das Ortsbild stark verändern

Bleibt der sogenannte Dattelbergtunnel. Er wäre einen Kilometer lang, würde im Norden unterhalb des Bergnershofs im Hang verschwinden und im Süden kurz vor der Kläranlage wieder ans Tageslicht kommen. Die Trasse würde dann die Altmühl überqueren und wieder auf die alte B2 einschwenken, sodass sie die bestehende Bahnunterführung nutzen könnte.

Dahinter würde die Heusteigenkreuzung zu einem kreuzungsfreien Anschluss ausgebaut. Der Bebauung käme die Variante am Südende am nähesten, sodass dort ein Lärmschutz nötig wäre. Die südliche Anbindung des Dorfs würde über das Dietfurter Sträßchen und die Staatsstraße erfolgen – allerdings mit einer Höhenbeschränkung auf 3,50 Meter.

Ausgeführt würde der Tunnel in „bergmännischer Bauweise“ mit einer Tunnelbohrmaschine. Schäden durch Vibrationen, Absenkungen oder eine erhöhte Abgasbelastung müssen die Anwohner laut Ott nicht fürchten. Die Kosten für das Gesamtbauwerk bezifferte er mit 40 bis 70 Millionen Euro. Vorteile seien der geringe Eingriff in die Natur, der minimale Flächenfraß und die niedrige Lärmbelastung, Nachteil die hohen Kosten, auch im Unterhalt. Zudem müsse der Tunnel wahrscheinlich zweispurig bleiben, was unter Umständen dem geforderten Ausbau der B2 entgegenstehe.

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© Patrick Shaw

Varianten kombiniert

Mehrere Bürger brachten schließlich noch eine kombinierte Variante ins Gespräch. Bei ihr würde der Tunnel den Dattelberg weiter hangaufwärts verlassen und die Bahn etwa 300 Meter östlich der bestehenden Unterführung überqueren, so wie es bei der ortsfernen Ostumfahrung geplant wäre. Die Höhenverhältnisse lassen dies zu.

Vorteil: Die B2 würde von der Bebauung abrücken. Nachteil: die Kos­ten wären viel höher, da eine enorme Rampe aufgeschüttet und eine hohe Brücke gebaut werden müssten. Zudem steht ein Haus im Weg. In Sachen Lärm sei die Lösung vermutlich kaum besser als die ortsnahe Variante, so die Fachleute. Dennoch nahmen die Planer den Vorschlag auf, ebenso wie den Hinweis des Wasserzweckverbands auf die im Osten querende Hauptwasserleitung.

Ob ein Tunnel überhaupt denkbar ist, scheint nun eine Kostenfrage zu sein. Die „Kombi-Lösung“ hat da wohl noch geringere Chancen, auch wenn sie die größte Zustimmung findet. Die nächsten Schritte sind laut Ott „die Bewertung der argumentativen Pros und Contras anhand messbarer Kriterien“ sowie die Detailplanung samt dreidimensionalem Modell.

Die Lenkungsgruppe trifft sich dazu im März, für Juli ist die nächste Infoveranstaltung geplant und für Anfang 2019 der zweite Bürgerdialog. Bis die ersten Autos über die Umgehung oder gar durch den Tunnel rollen, werden indes noch über zehn Jahre ins Land gehen.

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