Bayern-3-Dorffest: Konzerte für Kopf und Bauch

9.9.2018, 14:55 Uhr
Mit teils spektakulären Lichtshows hinterlegten die Bands - hier Revolverheld - ihre Konzerte auf dem Dorffest.

© Hans von Draminski Mit teils spektakulären Lichtshows hinterlegten die Bands - hier Revolverheld - ihre Konzerte auf dem Dorffest.

Dass die neue Powerfrau des Poprock, Alice Merton, den an sich undankbaren Opener-Job am Nachmittag hatte, war ihrem dichten Terminkalender geschuldet. Musste sie doch ihren ersten Hit „No Roots“ am Dorffest-Tag auch noch beim ebenfalls vom Bayerischen Rundfunk ausgerichteten „Puls“-Startrampen-Fest der BR-Jugendwelle schmettern. Und ein paar neuere Songs auch.

Kein Problem für die energische 24-Jährige mit der Riesenstimme und der multinationalen Lebenslinie, die ihre Musik selbst schreibt und nicht nur sehr energiegeladen, sondern auch sehr nahbar über die Rampe kommt. Alice Merton weiß, wie man den Funken innerhalb weniger Sekunden auf Tausende von Menschen überspringen lässt, selbst wenn die – wie auf dem Dorffest eigentlich die Regel – keine eingefleischten Rockfans sind. Von dieser Sängerin wird man noch mehr hören.

Der Radiosender Bayern 3 leistet sich bekanntlich eine eigene Cover-Combo: Die „Bayern-3-Band“ spielt bekannte Pop-Ohrwürmer so nahe am Original nach, dass man wenig vermisst. Was auch mit dem irren Spaß zu tun hat, den die Radiocrew bei ihrem längst zur Routine gewordenen Rollenwechsel fühlbar hat. Und den sie in größter Lockerheit ans Publikum weitergibt.

Dass auf dem imaginären Spaßregler noch ein paar Umdrehungen mehr gehen, zeigt das Duo „Glasperlenspiel“, in Treuchtlingen mit großer Band auf der Bühne. Leadsängerin Carolin Niemczyk und ihr Keyboard-Partner Daniel Grunenberg aus Stockach haben sich mit Songs wie „Geiles Leben“ oder „Royals & Kings“ zu Dauergästen in den deutschsprachigen Charts entwickelt und unterscheiden sich mit ihrem im besten Sinn internationalen Ansatz wohltuend von den weinerlichen Heulbojen der neuen deutschen Betroffenheits-Welle. Keine Reim-dich-oder-ich-fress-dich-Lyrik, sondern sanfter Spott und treffsichere Alltags-Beobachtungen, verpackt in mitsingbare Melodien ohne Verfallsdatum.

Das können freilich auch Johannes Strate und seine Jungs von „Revolverheld“. Mit dem Unterschied, dass Lieder wie „Halt dich an mir fest“ oder „Ich lass für dich das Licht an“ längst zu Hymnen der Thirtysomething-Generation (und nicht nur der) geworden sind. Texte, in denen sich ganz viele Menschen wiedererkennen, was für wahre Applausstürme sorgt.

Die bekommen Samu Haber und seine Band „Sunrise Avenue“ schon vor dem ersten Ton. Eigentlich müsste die Bayern-3-Crew die ebenso witzigen wie rockmusikalisch versierten Finnen gar nicht mehr so massiv anpreisen, wie sie es beim Jubiläums-Dorffest tut, denn der Castingshow-Juror und Ausnahmesänger Samu Haber hat hierzulande längst eine überaus treue und begeisterungsfähige Fangemeinde, die auch in Bubenheim das Personal für die erste Zuschauerreihe stellt.

„Sunrise Avenue“ hat man zwar in den letzten Jahren schon inspirierter und einfallsreicher als auf dem Dorffest erlebt. Aber selbst im Rockkonzert-Routinemodus machen Samu und Co. mehr Party als gefühlt 99 Prozent ihrer Mitbewerber. Abonniert auf Ohrwürmer, die knackig und sehr druckvoll arrangiert und interpretiert werden, könnte diese Band wahrscheinlich sogar das Telefonbuch vertonen und würde damit immer noch wochenlang die obersten Chartplätze für sich beanspruchen. Starker Abschluss eines Konzerttags für Kopf und Bauch.

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