Beckstein in Treuchtlingen: Heimat und Leitkultur

28.2.2018, 12:04 Uhr
Beckstein in Treuchtlingen: Heimat und Leitkultur

© Jürgen Leykamm

Er sei froh, dass auch die Medien diesen Begriff nicht mehr verstauben ließen, erklärte Beckstein. Früher sei man dafür auch schon mal in die rechte Ecke gestellt worden. „Das war der größte Blödsinn“, so der 74-Jährige. Interessant sei, wie im aktuellen politischen Geschehen mit dem Heimatbegriff umgegangen werde. Seine Belange fallen künftig ins Ressort des Innenministers. „Was man sich dabei gedacht hat, ist schnell gesagt: nämlich nichts“, so Beckstein. Da diese Erweiterung der Kompetenzen bislang inhaltlich nicht gefüllt sei, habe Horst Seehofer als künftiger Minister „alle Freiheiten“ – was seinen Vorgänger indes eher zufrieden wirken ließ.

Auch daraus, dass für ihn das Heimatgefühl mit Franken, Bayern und Deutschland assoziiert ist, machte Beckstein keinen Hehl. „Meine Emotionalität ist noch nicht auf der europäischen Ebene angekommen“, gestand er. In einer globalisierten Welt werde die persönliche Definition von Heimat als fester Bezugspunkt immer wichtiger, wolle man sich nicht wie ein Nomade fühlen. Dies sei für Landwirte als Bewirtschafter von eigenem Grund wohl leichter.

Beckstein in Treuchtlingen: Heimat und Leitkultur

© Jürgen Leykamm

Doch müssen sich auch die Bauern laut Beckstein mit großen Veränderungen auseinandersetzen. Technisierung und Strukturwandel seien noch nicht beendet. Und was nun im Koalitionsvertrag zu lesen sei, mache die Lage nicht besser. Der Insektenschutz stehe im Fokus, und in Sachen Tierwohl wolle sich Deutschland eine Spitzenposition erkämpfen. Was da wohl im Kopf der Bauern vorgehe? „Eine unglaubliche Fülle von Vorschriften, die alle viel Geld kosten“, gab er selbst die Antwort. Und der Verbraucher wolle nichts dafür bezahlen.

Die Zeche werde kaum der norddeutsche Großbetrieb bezahlen, mutmaßte der ehemalige Landesvater. Sie werde vor allem den Familienbetrieben aufgetischt. Dabei seien es gerade die Kleinbauern und nicht „verbeamtete Landschaftspfleger“, die Bayerns Kulturlandschaft über Jahrhunderte geschaffen hätten, „ganz ohne Vorschriften“. Bei der Bevölkerung sei das auch nach wie vor im kollektiven Gedächtnis verankert. „Ihr Ruf ist viel besser, als Sie glauben“, rief Beckstein in den Saal.

Arbeitsplätze fürs Land

Mit großer Sorge sieht der CSU-Politiker die demografische Entwicklung im ländlichen Raum. Hier stünden auch qualifizierte Arbeitsplätze auf dem Spiel, die wiederum wichtig für Nebenerwerbslandwirte seien. Der Begriff „Heimat“ gehe weit über das Räumliche hinaus. Gemeinsame Sprache und Werte wie die Gleichheit von Mann und Frau, Religionsfreiheit, die Ächtung des Antisemitismus oder die Solidarität mit dem Nächsten gehörten ebenso dazu.

Mit dem Begriff einer „Leitkultur“ und einem daraus abgeleiteten Verhaltenskodex habe er kein Problem, so Beckstein. Diesen Wertekanon gelte es „sowohl den Menschen in unserem Land beizubringen wie auch denen, die zu uns kommen“. Zugewanderten, die dies nicht unterschreiben können, sagte der einstige Innenminister: „Du bist falsch in Deutschland!“

Bei der Wertevermittlung sind laut Beckstein sowohl die Eltern als auch die Schulen gefragt, die wieder mehr „Herzensbildung“ betreiben sollten. Auf dem Land sei da „noch vieles in Ordnung“ – so etwa auch die Qualitäten der Landfrauen als Mütter.

Neu einstellen müssen sich die Landwirte nach Becksteins Worten indes auf die Digitalisierung. „Ich warte schon auf das selbstfahrende Auto, da ich keinen Fahrer mehr habe“, scherzte er. Problematisch sei hingegen, wenn die Enkel statt Abenteuer in der Natur nur noch virtuelle Abenteuer erleben wollten. „Das reale Leben muss immer wichtiger bleiben als das digitale“, forderte der ehemalige Ministerpräsident. Letztlich sei er jedoch froh, dass er im Hier und Heute seine Heimat habe.

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