Bürgerwindpark bei Auernheim

4.1.2014, 07:29 Uhr
Bürgerwindpark bei Auernheim

© Limes Luftbild; Montage: Regnath

Bekanntlich kämpfen die Auernheimer Bürger, die sich für einen Bürgerwindpark nahe ihres Dorfes engagieren, seit Jahren einen schweren Kampf gegen bürokratische Hürden. Dabei befand man sich bis kurz vor den letzten Landtags- bzw. Bundeswahlen eigentlich auf der Zielgeraden. Das Problem der Naturparkzonierung war gelöst, die Einsprüche aus dem Nördlinger Ries abgewendet, und selbst für den Rotmilan zeichnete sich eine Lösung ab. Dann kam Seehofer.

Bekanntlich propagierte der bayerische Ministerpräsident neue Abstandregelung beim Bau von Windrädern. Die Abstände zu den nächsten Häusern sollen seinen Vorstellungen zufolge künftig die zehnfache Höhe der Windräder betragen. Sollte das so umgesetzt werden, wäre der Windpark bei Auernheim wohl gestorben.

Allein aus diesem Grund drückten alle an den Auernheimer Planungen Beteiligten nun auf das Tempo. Das beauftragte Planungsbüro Wust erstellte Bauanträge für fünf Windräder, die noch vor Weihnachten im Stadtrat behandelt und an das Landratsamt weitergeleitet wurden. Wie zu erfahren war, steht auch Landrat Gerhard Wägemann zu dem Projekt am Hahnenkamm und hätte den Eingangsstempel mit einem 2013-er Datum notfalls selber auf den Antrag gestempelt.

Der Hintergrund der Eile ist die Hoffnung, dass falls es zu einer neuen Abstandsregelung käme, noch die im vergangenen Jahr beantragten Anlagen nach den bisherigen Vorgaben abgehandelt würden.

Regierung blockiert

Eine weitere Hürde stellt offenbar die „Blockadehaltung“ der Regierung von Mittelfranken dar. So klagt die Bürgerwindenergie Langenzenn – ein mit Auernheim vergleichbares Projekt – gegen die Regierung, da dort nach Bekanntwerden der Seehofer-Pläne die Unterschrift zu einer Regionalplan-Änderung verweigert wurde, obwohl sie von den beteiligten Gremien beschlossen worden waren. Nach Meinung der am Auernheimer Projekt Beteiligten ist diese Vorgehensweise unverständlich, da hierbei geltendes Recht verweigert werde.

In Treuchtlingen gibt es viel Kopfschütteln zur „großen Politik“. So fragt Klaus Fackler, warum sich eigentlich der Landtag nicht zu Wort melde. Angeblich gebe es auch dort viele Abgeordnete, die der Windkraft aufgeschlossen gegenüber stehen. Und Werner Baum stellt grundsätzlich fest, der Auernheimer Bürgerwindpark sei eines von wenigen Projekte, das weitestgehend unumstritten sei – im Gegensatz zu vielen anderen.

Die Auernheimer seien trotz des Gegenwindes aus München aber noch lange nicht mutlos, wie Silke Stadter erklärt. Die Gruppe übernehme immer mehr Arbeit für das Projekt. Der nächs­te Schritt wäre die Gründung einer „Geld“-Genossenschaft, um Kapital einzusammeln. Allerdings hängt diese Gründung davon ab, wie es weitergeht. Und auch die Gründung einer zweiten Betreiber-Genossenschaft kann erst erfolgen, wenn es Rechtssicherheit für das Projekt gibt. Erst dann können auch die Windräder bestellt werden.

Derzeit geht man in Auernheim und Treuchtlingen davon aus, dass der Windpark 2015 in Betrieb gehen kann. Die Lieferzeiten für Windräder liegen derzeit bei rund einem Jahr.

Sollte die letzte politische Klippe umschifft werden, dann gehen alle Beteiligten davon aus, dass das Projekt ein Selbstläufer wird. Die Errichtung von fünf Windrädern kostet übrigens rund 20 Millionen Euro. Einen großen Teil davon will die Genossenschaft über gut verzinste Kapitaleinlagen bei Bürgern einsammeln. Hierzu gibt es schon Pläne. Bevorzugt werden sollen auf jeden Fall die betroffenen Bürger in den umliegenden Ortsteilen, bevor in einem zweiten Schritt auch alle Treuchtlinger zum Zug kommen könnten.

Eine Frage, an der ebenfalls bereits gearbeitet wird, ist der „Transport“ des Stroms ins übergeordnete Netz. Das wird eine Aufgabe der Treuchtlinger Stadtwerke. Da diesen mittlerweile das gesamte Treuchtlinger Stromnetz gehört, ist hierbei kaum mit Hindernissen zu rechnen.

„Wir sind optimistisch, dass das Projekt noch zu schaffen ist“, so Bürgermeister Werner Baum. Er bedankt sich ausdrücklich für den Einsatz der Auernheimer, des Planungsbüros Wust sowie seines Stellvertreters Klaus Fackler und seiner Stabschefin Silke Stadter.

Am Rande des Pressegespräches wurde noch bekannt, dass im Landkreis bei einem anderen Windprojekt gegen Planungseinschränkungen wegen des Rotmilans geklagt wird. Hierbei könnte es ein Präzedenzurteil geben, das sich positiv auf die Auernheimer Planungen auswirken könnte.

Der Kommentar:

Größtmöglicher Schaden?

Der ehemalige bayerische Minis­terpräsident Stoiber kämpft vehement für das sogenannte Subsidiaritätsprinzip. Heute tut er das in Brüssel, nachdem er es viele Jahre als eines der obersten Ziele der CSU-Politik in Bayern propagierte. Nach dem Subsidiaritätsprinzip werden politische Entscheidungen dort getroffen, wo sie wirken, also auf der „untersten Ebene“.

Stoibers Nachfolger Seehofer tritt dieses Prinzip mit seinem Vorstoß zu neuen Windkraft-Abstandsflächen mit Füßen, indem er die „unteren Ebenen“ entmündigen will. Überbordende Bürokratie entmündigt eh schon weitgehend den Bürgerwillen. Wenn es rund um Auernheim eine große Mehrheit für den Bau von Windrädern gibt, mit welcher rationalen Begründung will man das eigentlich ablehnen?

Während in Fukushima täglich Tonnen hochradioaktiven Wassers das Meer verseuchen, frönt man in Deutschland bereits einer Renaissance der fossilen Energieträger – und vielleicht insgeheim sogar der Atomenergie? Den Lobbyisten sei Dank kommen wieder Großkonzerne zum Zug, wenn es um den Bau neuer Kraftwerke und Off­shore-Windparks sowie von Stromtrassen geht, während dezentrale Bürgerinitiativen offenbar bewusst politisch kleingehalten werden.

Was ist das nur für ein Land, in dem die Eliten den politischen Willen der Bürger laufend „neu interpretieren“ und sich willfährig großindustriellen Interessen beugen? Die größtmögliche Koalition scheint für die Energiewende auch der größtmögliche Schaden zu sein.

Das finanzielle System der Energiewende – im Jahr 2000 von Rot-Grün eingeführt – ist eine Fehlkons­truktion. Wenn man die Kosten den Bürgern direkt über den Stromverbrauch auflastet, ist absehbar, dass dies psychologisch schwer wird – spätestens, wenn’s teuer wird. Rot-Grün rechnete damals wohl noch nicht mit einem derartigen Boom beim Ökostrom.

Bei der Einführung der Atomenergie vor rund 60 Jahren war der Staat anders vorgegangen. Damals gab es hohe Subventionen aus Steuermitteln, die den Strompreis niedrig hielten. Greenpeace spricht von rund 200 Milliarden Euro, die an die Energieriesen geflossen sind. Bei den „sanften Energien“ wäre dieses Geld besser aufgehoben, da ein ausgedientes Windrad schnell und rückstandsfrei abgebaut ist – im Gegensatz zu einem Atomkraftwerk und Brennstäben.

Natürlich muss eine Energiewende planbar bleiben, und es muss auch Regeln geben. Wenn diese aber offensichtlich dem eigentlichen Zweck entgegenstehen, muss deutlich die Frage gestellt werden, welche Interessen dahinter stehen.

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