"Die Bilder im Kopf": Braucht Treuchtlingen mehr Marketing?

15.1.2021, 06:04 Uhr

© TK-Archiv, Miriam Zöllich

Seit man kaum noch Eisenbahnstadt ist, will Treuchtlingen zum Tourismusmagneten werden. Vor allem die defizitäre Altmühltherme soll davon profitieren. Doch mit Wollen ist es nicht getan. Denn nicht die Kommune, sondern die Urlauber entscheiden, ob und weshalb sie nach Treuchtlingen und ins Altmühltal kommen. Und das tun sie selten anhand objektiver Kriterien, sondern aus dem Bauch heraus – je nach Image, das die Stadt hat.

Kurstadt, ja sogar "Bad" will beziehungsweise wollte die Altmühlstadt werden, Mountainbike-Mekka und Camping-Dorado. Darauf zielte die Werbung in den vergangenen Jahr(zehnt)en ab – ohne dass die Macher je fundiert in Frage gestellt hätten, ob das auch die Tages- und Urlaubsgäste möchten – und wenn ja, wie die Stadt diese Zielgruppen passgenau erreichen will. Das soll sich nun ändern.


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Ein "Themen- und Markenmanager" soll es richten, wie der Stadtrat vergangenen Herbst beschlossen hat. Doch braucht es die neue Stelle in Zeiten besonders klammer Kassen? Oder könnte die Touristinformation das Marketing auch selbst machen? Diese kritischen Fragen waren zuletzt immer wieder zu hören.

Bürgermeisterin Kristina Becker, Stadtentwicklungs-Referent Hubert Stanka, Tourismuschefin Stefanie Grucza und Marina Stoll von der städtischen Wirtschaftsförderung sagen dazu einhellig: Ohne einen Marketingleiter geht es nicht. "Treuchtlingen hat einen Berg an Hausaufgaben abzuarbeiten", betonen sie. Das könne das aktuelle Team der Touristinformation allein nicht leisten. Andere Kurorte und Heilbäder hätten dafür sogar mehrköpfige Teams.

Mehr als nur Werbeblättchen

Denn Marketing bedeutet weit mehr, als nur Flyer zu drucken und eine Internetseite zu füllen. "Da geht es um Marktbeobachtung, das Ausloten der Wettbewerber und Trends, Produktentwicklung, Werbebotschaften, das Leistungsangebot und vieles mehr", erklärt Grucza. Gerade in der Zielgruppen- und Trendrecherche habe die Stadt bisher zu wenig getan. "Und je kleiner das Budget, desto zielgenauer muss das Marketing sein", so die Fachfrau. Das "Gießkannenprinzip" führe in der heutigen Zeit mit ihren vielen, sehr speziellen Interessengruppen nicht weiter.

© TK-Archiv, Roland Rieger

Zwei Beispiele: Schon vor Jahren wurde in Treuchtlingen über ein mögliches "Glamping"-Dorf diskutiert – also über einen glamourösen "Fünf-Sterne-Campingplatz". Jetzt gibt es diesen am Brombachsee – "weil wir zu langsam waren", sagt Grucza. "Und das ärgert mich, weil er hervorragend zu uns gepasst hätte." Die nötigen Voruntersuchungen, Absprachen und Anträge – für all das fehlte neben dem Tagesgeschäft in der Touristinfo aber einfach das Personal.

Beispiel zwei: Treuchtlingen ist Mitglied im Tourismusverband Naturpark Altmühltal, eine weitere Mitgliedschaft im Fränkischen Seenland ist im Gespräch. "Das bedeutet aber nicht, dass die Verbände uns die Arbeit abnehmen", betont Grucza. Im Gegenteil: "Allein schon der Naturpark hätte gern mehr Zuarbeit von uns. Unsere Fotos aus Treuchtlingen verwendet er zum Beispiel gar nicht mehr, weil sie für heutige Ansprüche zu schlecht sind." Ein Marketingchef hätte hier beispielsweise die Aufgabe, neue Imagebilder mit einer professionellen, passgenau auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmten Bildsprache erstellen zu lassen.

"Was haben nur wir?"

Hubert Stanka führt zum Vergleich die Marke Red Bull an: "Da steckt nichts Greifbares dahinter, aber mit dem Image verdienen die Millionen." Daraus könne Treuchtlingen viel lernen, wenn auch einige Nummern kleiner. Insbesondere gelte es, nicht die Dinge schönzureden, die andernorts besser laufen (eine attraktive Stadtmitte etwa), sondern herauszustellen, "was nur wir haben". Die Landschaft des Jura und des Altmühltals oder der Karlsgraben als Bodendenkmal von europäischer Bedeutung kommen da in den Sinn.


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Zudem gehe es bei einer Stadtmarke nicht nur um den Tourismus, sondern auch um die Wirtschaftsentwicklung sowie um Lebensqualität und Identitätsgefühl der eigenen Bürger: "Das sind unsere Multiplikatoren, die das Image der Stadt nach außen tragen", so Stanka. "Wir brauchen nicht nur die Bilder in den Broschüren und im Internet, sondern die Bilder in den Köpfen."

Ein wichtiger Aspekt beim Tourismus ist deshalb laut Stefanie Grucza die Verträglichkeit. Bestes Beispiel: die Mountainbiker und deren Konflikte mit Anwohnern, Wanderern und Naturschützern. "Da braucht es Fingerspitzengefühl", weiß die Expertin – und wiederum Personal, um Dutzende Einzelgespräche zu führen. Gleiches gelte in der nicht gerade homogenen Region für die Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen. Denn im Wettbewerb um Urlauber, Einwohner und Gewerbe wissen auch diese: "Image ist alles."

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