"Durch die Krise": Gastwirt zwischen Bangen und Verständnis

19.2.2021, 06:02 Uhr

© Foto: Jürgen Leykamm

Sie gehört zu den gastronomischen Einrichtungen, die die Corona-Krise und der zweifache Lockdown besonders getroffen haben: die Gaststätte von Jörg Meyer in Markt Berolzheim. Der Chef hat 2018 in einen Umbau investiert und wollte zur Finanzierung auch die Umsätze des vergangenen Jahres heranziehen. Doch die brachen ein. Trotzdem hadert der Gastwirt nicht, denn er kennt auch die andere Seite der Medaille.


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Der 47-Jährige gehört zu einer der Risikogruppen, für die eine Erkrankung mit Covid-19 besonders schwerwiegende Folgen hätte. Als solcher hat er zudem den Leiter der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts kennengelernt: Professor Dr. Thomas Mertens. "Durch diese Begegnung habe ich eine andere Sicht entwickelt", sagt der durchaus kritische Gastronom. "Es geht schlicht um menschliches Leben", betont er. Hier als Politiker die richtigen Entscheidungen zu treffen, das sei "schon ein sehr schwerer Job".

"Nicht die Treiber der Pandemie"

Doch der eines Gastwirts ist derzeit ebenfalls alles andere als leicht. "Kneipen und Gasthäuser stecken in einer äußerst schwierigen Situation", sagt Meyer, der diese am eigenen Leib spürt. Die zugesagten Hilfen kämen verspätet an, und die Sinnhaftigkeit der Lockdown-Maßnahmen sei durchaus zu hinterfragen. "Die gastronomischen Einrichtungen und die Schulen sind nicht die Treiber der Pandemie", beruft sich der Wirt auf Aussagen vom vergangenen Herbst. Trotzdem seien beide mit die Hauptbetroffenen.

Meyer erinnert sich noch genau, wie alles anfing. Nach dem Februar-Urlaub 2020 konnte er seine Gaststätte gerade eineinhalb Wochen öffnen. In dieser Zeit durfte auch noch eine Hochzeit gefeiert werden. Die nächste gab es dann erst wieder im Oktober: "Die restlichen zehn Hochzeitsfeiern im Sommer wurden abgesagt." Weihnachtsfeiern? Fehlanzeige.


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Einen Hoffnungsschimmer gab es zu Ostern: Die Gaststätte Meyer begann mit großem Erfolg auf Abholservice zu setzen – und auf biologisch abbaubare Mitnahmebehälter aus Zuckerrohr. So handhabt sie es nun zu Zeiten des zweiten Lockdowns ebenso.

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Telefonisch werden die Abholtermine im Fünf-Minuten-Takt vergeben, um Menschenschlangen und eine drohende Missachtung der Abstandsregeln zu vermeiden. Von Donnerstag bis Montag gibt es abends Essen, an den Wochenenden zusätzlich auch mittags.

Mit gemischten Gefühlen denkt Meyer an die letztjährige Biergartensaison zurück. Da hofften die Gastronomen auf einen großen Andrang, doch die potenziellen Gäste reagierten erst einmal vorsichtig auf die Lockerungen. An den Einrichtungen lag es nicht: "Wir haben peinlichst genau auf die Umsetzung des Hygienekonzepts geachtet und im Zweifelsfall lieber einen Tisch weggelassen. Denn letztlich geht es nicht um Zahlen, sondern um die Gesundheit."

"Wir kommen durch"

Im September und im Oktober habe es dann noch einmal richtig viel zu tun gegeben. Aufgrund dieses Streifs am Horizont hätten viele Lokale noch einmal investiert, um den anstehenden Maßnahmen gerecht zu werden. "Wir haben uns zum Beispiel einen Lüfter angeschafft", berichtet Meyer. "Aber den hätten wir ohnehin gebraucht."

Dann die große Ernüchterung: "Jetzt habt Ihr alles, und jetzt sperren wir zu", legt der Gastwirt den Regierenden als zynisches Motto in den Mund. Die Auswirkungen sind verschieden: von marginal bis absolut verheerend. Die Meyers liegen hier im Mittelfeld. Das Wichtigste: "Wir kommen durch", bekräftigt der Wirt. Doch erwirtschaftet werde derzeit nicht einmal die Hälfte von dem, was sonst in die Kasse fließt. "Wahrscheinlich liegen wir weit drunter", befürchtet Meyer.


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Die vorübergehende Absenkung des Umsatzsteuersatzes auf Speisen begrüßt der Gastronom, der auch Mitglied des Gaststättenverbands Dehoga ist. "Nun haben wir eigentlich die beste Chance, den Satz dauerhaft zu drücken, das wäre eine große Hilfe." Und eine solche wird sehnlichst erhofft.

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