Harsche Töne in Möhren

22.3.2017, 06:06 Uhr
Harsche Töne in Möhren

© Archivfoto: Patrick Shaw

Das Bürgermeis­ter-Sein hatten die gut 65 Möhrener dem Stadtoberhaupt zuvor gründlich verleidet. Mehrfach musste Rathauschef Werner Baum eingreifen, weil alle laut durcheinander diskutierten, einige Bürger seinen Aussagen partout nicht glauben wollten oder ihm frei heraus unterstellten, die Unwahrheit zu sagen.

Hauptgrund für den Unmut ist die Umlagefinanzierung von Straßenlaternen und -Reparaturen gemäß der in Treuchtlingen seit fast 20 Jahren geltenden Beitragssatzung. Die einen kritisierten scharf, dass in Sachen Laternen – etwa in der Monheimer Straße (Hauptstraße) – trotz Mahnung bei den vorherigen Bürgerversammlungen seit über zwei Jahren nichts passiere. Auch die Zusage Baums, die Möhrener binnen vier Wochen schriftlich zu informieren, stellten einige Dörfler hörbar in Frage.

Die anderen beklagten die ungleichen Kosten, wenn etwa in derselben Straße der Eigentümer eines großen Gebäudes für die Beleuchtung unter 1000 Euro, der Bewohner eines kleinen Häuschens mit großem Garten deutlich darüber und der Besitzer eines Fischweihers gar 2300 Euro bezahlen müsse. Er könne dies nicht ändern, da die Stadt „aufgrund geltenden Rechts gezwungen ist, diese Kosten umzulegen“, entgegnete Baum. Dies wollten die Kritiker aber nicht stehen lassen. „Genau das sind die Gesetze, die den Leuten nicht einleuchten, und die werden dann zornig“, so ein Möhrener. Dies solle der Bürgermeister zumindest „nach oben weitergeben“.

Ebenfalls um ein subjektives Versagen übergeordneter Stellen geht es bei der ersehnten Entschärfung der lebensgefährlichen S-Kurve der Staatsstraße 2217 an der Dickmühle. Dass dort nichts vorangeht, liege „ganz klar daran, dass sich die DB Netz AG und das staatliche Bauamt nicht über die Mehrkosten für eine neue Trassenführung einigen können“, betonte Baum. Gemeinsam mit Landrat Gerhard Wägemann und MdL Manuel Westphal wolle er „alles ins Rollen bringen, damit das gelingt“. Notfalls werde er „bis zum Innenminister gehen“. Er gehe allerdings davon aus, dass sich hier „vor 2020 nichts tut“.

Dörfer sollen zusammenhalten

Fakt sei, dass die Durchfahrt der dortigen Unterführung breiter werden muss, bestätigte Karl Heckl, Ortssprecher von Gundelsheim. Dessen Bewohner müssen ebenfalls häufig das Nadelöhr an der Dickmühle passieren. „Wenn wir die Brücke jetzt nicht richtig bauen, dann nie“, so Heckl. Die Möhrener und die Gundelsheimer müssten „an einem Strang ziehen“. Dem schloss sich wiederum Bürgermeister Baum an. Er sei „kein Freund von Unterschriftensammlungen, aber in diesem Fall wäre das als gewisses Druckmittel nicht schlecht“.

Unübersichtlich präsentiert sich der Breitbandausbau im Dorf. Einerseits wurde Möhren schon 2014 im ers­ten Förderverfahren von der Firma Felkatec erschlossen, woran Baum und Stadtwerke-Leiter Max Filser erinnerten. Andererseits entsteht gerade eine neue Glasfaserleitung über Haag nach Auernheim, Falbenthal und Gundelsheim (wir berichteten), sodass auch in Möhren voraussichtlich ab Jahresende die Firma M-Net als zweiter DSL-Anbieter zur Verfügung steht.

Parallel dazu baut derzeit offenbar auch die Telekom ihr Netz im Dorf aus und hat einigen Bürgern nach deren Aussagen schon ab Mai extrem schnelle Verbindungen zugesagt – was wiederum Filser und Baum überraschte. In beiden Fällen nutzen die Telefonanbieter augenscheinlich die beim Wasserleitungsbau der Hirschberggruppe verlegten Leerrohre.

„Nicht so einfach“ wird nach Worten des Rathauschefs der Um- und Ausbau des alten Rathauses. Die Möhrener nutzen es als Gemeinschaftshaus und würden dort gern die Sanitäranlagen erneuern sowie neue Fenster, Türen und eine Küche einbauen. Allerdings ist das Gebäude von 1884 laut Baum ein geschütztes Denkmal. So unkompliziert und schnell wie bei der Dorfschule in Dietfurt sei der Umbau nicht auf den Weg zu bringen. Es gebe allerdings die Möglichkeit einer 50-prozentigen Förderung über ein vereinfachtes Dorferneuerungsverfahren. Ein Planer werde demnächst Skizzen erstellen und diese mit dem Ortsausschuss diskutieren. Zeithorizont seien etwa eineinhalb Jahre.

Zukunft für „Schutzengel-Haus“?

Noch ungewisser ist die Zukunft des „Schutzengel-Hauses“. Um einen neuen Besitzer für das ehemalige Kinderheim der Franziskanerinnen zu finden und wieder Leben in das markante, aber stark vernachlässigte Gebäude in der Dorfmitte zu bringen, versuche er seit über halben Jahr, Kontakt mit den aktuellen Eigentümern aufzunehmen, so Baum. Er komme aber „an die Leute einfach nicht ran“, obwohl es „Personen gibt, die an dem Gebäude Gefallen finden und es instandsetzen würden“. Mehr könne er dazu allerdings nicht sagen, da es sich um private Grundstücksverhandlungen handle.

Einen Mangel an Bauplätzen beklagen die Möhrener ebenfalls schon seit einiger Zeit. Aktuell gebe es dazu aber „keine Planungen“, dämpfte das Stadtoberhaupt die Erwartungen. Anders als von den Bürgern behauptet, lägen auch keine konkreten Anfragen vor. Zudem habe man den Ortsausschuss bereits Ende vergangenen Jahres gebeten, Wünsche zur bevorstehenden Fortschreibung des Flächennutzungsplans anzubringen. Dabei könne die Stadt eventuell ein Baugebiet ausweisen – der Ortsausschuss müsse aber auch „liefern“. „Wer will da schon bauen, wenn er dann zehn Jahre auf die Erschließung warten muss?“, schossen die Dorfbewohner zurück. Die Stadt müsse „auch mal in Vorleistung gehen“, wenn die Einwohnerzahl Möhrens nicht weiter sinken solle. 558 Bewohner hat das Dorf aktuell, vier weniger als im Vorjahr.

Kleinere „Baustellen“, die die Möhrener ansprachen, sind der per Unterschriftensammlung durchgesetzte Neubau der Bahnbrücke oberhalb der Arbeiterwohlfahrt sowie die Kanalbauarbeiten im Dorf. Letztere sollten bereits abgeschlossen sein, werden nun aber (einschließlich Wiederherstellung der Wege) noch bis Jahresende dauern. Grund ist laut Baum die Überlastung vieler Baufirmen.

Verärgert zeigten sich die Dorfbewohner schließlich über die riesigen Traktoren und Holztransporter, die oft mit hohem Tempo durch die Schlossstraße rasen würden. Diese ist für Fahrzeuge über sechs Tonnen gesperrt, landwirtschaftliche Gespanne sind aber ausgenommen. Und die würden immer größer, während die Kosten für die Schäden an den Anwohnern und der Kommune hängen blieben.

Ein Lob gab es von Ortssprecher Stefan Biber schließlich für die vielen Helfer und den Einsatz der Jugend beim letztjährigen Dorffest mit Stehpaddel-Wettbewerb auf dem Möhrenbach.

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