Heiraten trotz Corona: So erging es Treuchtlinger Paaren und der Branche

31.10.2020, 06:01 Uhr
Heiraten trotz Corona: So erging es Treuchtlinger Paaren und der Branche

© Foto: privat

In der Nacht vor ihrer Hochzeitsfeier wachte Hanna Baumer (Name geändert) zweimal auf. An ihrem Smartphone rief sie die Zahlen des Robert-Koch-Instituts auf und überprüfte, ob diese aktualisiert worden waren. Doch sie wurde zweimal enttäuscht – und schlief unruhig weiter. Erst mit dem Klingeln des Weckers sollte sie erfahren, dass sie an diesem Samstag im Oktober Hochzeit feiern durfte: Mit rund 32 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern hatten der Landkreis den Warnwert noch knapp unterschritten – schon am Tag darauf sollte er allerdings die 35er-Marke reißen.

Hanna Bauer wurde an diesem Morgen von ihrer Friseurin herausgeputzt, warf sich in ihr Brautkleid und heiratete mit 33 Gästen in Treuchtlingen. "Auch die Verwandschaft wusste bis zuletzt nicht, ob’s klappt", erinnert sich die Frischvermählte. Trotz des Risikos einer Absage reisten sie aus Norddeutschland an und wurden in Hotels untergebracht. Selbst wenn "die Zahl" am Morgen nicht gepasst hätte – die Kosten für Blumen, Essen und Übernachtungen wären trotzdem angefallen.


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Das Treuchtlinger Ehepaar hatte noch einmal Glück und konnte die ursprünglich im Mai geplante Hochzeit im Oktober nachholen. Sie sollte von Anfang an in kleinem Rahmen stattfinden, standesamtlich wurde bereits im Vorjahr geheiratet. Wer bei der kirchlichen oder freien Trauung mit einer größeren Hochzeitsgesellschaft geplant hatte, stand in diesem Corona-Jahr indessen vor einer traurigen Wahl: absagen und auf den nächsten Sommer verschieben, oder die Gästeliste radikal einkürzen – und auf das Beste hoffen.

65 Prozent des Umsatzes fehlen

Ruli Spanoulis hat in der Treuchtlinger Gaststätte "Mocambo" heuer all diese Extreme erlebt. So habe etwa ein Paar "auf volles Risiko" gesetzt und letztlich ebenfalls Glück gehabt: Mit 200 Gästen, die gemäß der Corona-Richtlinien gerade noch erlaubt waren, feierten sie im Außenbereich seines Lokals. Insgesamt machte die Mocambo allerdings riesige Verluste: Das Hochzeitsgeschäft rund um Saal, Catering, Dekoration und Floristik macht in Spanoulis’ Betrieb zwei Drittel des Gesamtumsatzes aus. In diesem Jahr erzielte er nur einen kleinen Prozentsatz dieser Einnahmen: Von 26 geplanten Hochzeitsfeiern fanden lediglich vier statt, alle weiteren wurden auf 2021 verschoben.

Ruli Spanoulis ist sich sicher, dass die sich ständig ändernden Bestimmungen ein wichtiger Grund für die Paare waren, sich dieses Jahr gegen eine Feier zu entscheiden. "Zuerst durfte man ein Buffet machen, dann wieder nicht, und dann nur noch, wenn jeder Gast Maske und Handschuhe trägt. . .", zählt er auf. Veranstaltungen unter diesen Voraussetzungen zu planen, das sei schwierig bis unmöglich – aus Sicht des Caterers und auch aus Sicht der Paare. "Zudem hatten viele einfach Angst um ihre älteren Angehörigen", erzählt der Gastronom.

Anprobe mit Mund-Nasen-Schutz

Für das "Studio Treuchtlingen" sind Hochzeiten mit 500 bis 1500 Euro pro Fotoshooting ebenfalls eine wichtige Einnahmequelle. Doch dieses Standbein ist seit dem Frühjahr "faktisch komplett weggebrochen", erklärt Inhaberin Christina Kühleis. "Wir leben im Moment von Pass- und Bewerbungsfotos."

Michaela Seeberger betreibt in Weißenburg einen Weiterverkauf für einmalig getragene Brautkleider. Für die Frühlings- und Sommerhochzeiten hatte sie die Bräute bereits ausgestattet, "allerdings hatten die Herbstbräute da noch keine Kleider", erzählt sie. Nicht alle fanden danach den Weg in den Laden – und einige musste Seeberger sehr kurzfristig ausstatten.

Vor allem die Anprobe ist weiterhin ein Problem: Zum einen stört die Maske, zum anderen dürfen die Bräute maximal zwei Begleitperson in die kleine Boutique mitbringen. Unterdessen blickt die Einzelhändlerin mit Sorge auf den Winter, denn normalerweise würde im November der Kleiderverkauf für die Saison 2021 beginnen: "Aber im Moment liegen die Terminabsagen bei 80 Prozent."

Auch der Treuchtlinger Blumenladen "Tausendschön" bekommt die Einbußen zu spüren: Etwa die Hälfte des Umsatzes macht die Hochzeitsdekoration in den Sommermonaten normalerweise aus, erklärt Inhaberin Sibylle Kummer. Die Auslieferung der Blumen verschiebe sich durch die Absagen meist um ein Jahr, wodurch eine finanzielle Lücke entstehe, die sich in diesem Jahr nicht an anderer Stelle ausgleichen lasse.


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Ähnliche Ausfälle muss die Goldschmiede Norys wegstecken: Dort fiel im Frühjahr zunächst ein Trauring-Kurs aufgrund des Lockdowns aus. Im März stornierten viele Hochzeitspaare ihre Bestellungen, andere holten ihre Trauringe nicht ab und meldeten sich zunächst nicht. Inhaberin Gertrud Norys hat dafür Verständnis: "Die Bräute sind natürlich dem Nervenzusammenbruch nahe. Schließlich planen sie ihre Hochzeit seit ein bis zwei Jahren."

Ringe erst einmal ohne Gravur

Aktuell erlebt sie, dass viele Brautpaare den Kauf von Trauringen bis zum Schluss aufschieben. Und nicht nur das: Immer mehr Paare lassen das Datum der Hochzeitsfeier erst im Nachhinein eingravieren. Denn sicher sein, dass der schönste Tag im Leben eines Brautpaars zum eigentlichen Wunschtermin stattfinden kann – das ist derzeit fast unmöglich geworden.

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