Neuer LPV-Chef: Klaus Fackler will Naturschutz und Bauern versöhnen

29.10.2020, 06:04 Uhr
Neuer LPV-Chef: Klaus Fackler will Naturschutz und Bauern versöhnen

© TK-Archiv, Hubert Stanka

Vor 34 Jahren wurde der Landschaftspflegeverband (LPV) Mittelfranken gegründet. Ebenso lang war Sibylle Tschunko seine Geschäftsführerin. Dieses Amt hat seit dieser Woche Treuchtlingens ehemaliger dritter Bürgermeister Klaus Fackler aus Gundelsheim inne. Eine große Aufgabe für einen, der sich schon sein gesamtes Leben lang der Landwirtschaft und dem Naturschutz verschrieben hat – und der Versöhnung zwischen beiden.

Neuer LPV-Chef: Klaus Fackler will Naturschutz und Bauern versöhnen

© LPV Mittelfranken

Herr Fackler, Sie sind als "Grünen-Ersatz" im Treuchtlinger Stadtrat und auch im Kreistag (dort tatsächlich für die Grünen) als nimmermüder Rufer in Sachen Umwelt- und Landschaftsschutz bekannt. Wie kamen Sie zum LPV und nun an dessen Spitze?

Klaus Fackler: Ich bin wohl in den letzten 28 Jahren so etwas wie die Galionsfigur bei Umweltthemen in der Region geworden. Ich war schon früher sehr aktiv beim Bund Naturschutz, habe 1986 die Treuchtlinger Ortsgruppe mitgegründet und 24 Jahre lang das Naturschutzgebiet Schambachried betreut. Das war in der Aufbruchszeit des Umweltschutzes. Schon damals war mir als Landwirt aber vor allem das Miteinander von Naturschutz und Landwirtschaft sehr wichtig. Denn das sind zwei Seiten derselben Medaille.

Dieser Ausgleich zwischen Umwelt und Landwirtschaft ist bis heute die Genetik des Landschaftspflegeverbands und zugleich das, was den LPV von reinen Naturschutzverbänden unterscheidet. Als Mitarbeiter bin ich 1992 zum LPV gekommen, sechs Jahre nach der Gründung. Ich glaube, ich war damals der vierte, der zum Team gestoßen ist.

Was genau sind die Aufgaben des LPV?

Fackler: Wir sind Dienstleister der Kommunen, um die Natur- und Kulturlandschaft zu erhalten. Gerade jetzt in Zeiten von Corona gewinnt die Landschaft als Lebens- und Erholungsraum ja wieder immens an Bedeutung. Beim LPV arbeiten Biologen, Agraringenieure, Landschaftsarchitekten, Umweltingenieure, Landespfleger und viele weitere. Wir beraten die Kommunen nicht nur, wir setzen die Maßnahmen auch um.

Und ganz entscheidend: Wir spielen für unsere Partner die Förder-Klaviatur und beantragen Zuschüsse. Dazu müssen es allerdings fachlich qualifizierte Maßnahmen sein, weshalb wir im engen Austausch mit anderen Institutionen wie Naturschutzbehörden und -verbänden, Obst- und Gartenbauvereinen, Jägern oder dem Wasserwirtschaftsamt stehen.

Wie sehen solche Maßnahmen aus?

Fackler: Das beginnt bei der keinen Streuobstwiese einer Familie mit 15 Bäumen am Nagelberg und reicht bis hin zu großen Bayernnetz-Natur-Projekten wie zum Beispiel der Schafbeweidung auf mehr als 38.000 Hektar Fläche im gesamten Altmühltal. Das nächste solche Bayernnetz-Natur-Projekt, das wir in der Pipeline haben, ist das Karlsgraben-Rezatau-Projekt, bei dem wir in enger Verzahnung mit dem Denkmalschutz arbeiten – auch für uns ein neuer Partner.

Als ich 1992 beim LPV begonnen habe, ging es dagegen noch eher um den Schutz einzelner Flächen und Biotope. Dann kamen großräumige Verbundsysteme und zusammenhängende Landschaftsräume hinzu. Im Naturschutzgebiet "Buchleite" bei Markt Berolzheim erfassen wir beispielsweise seit Jahren alte, aussterbende Obstsorten. Und im Wiesenbrütergebiet "Wiesmet", das ich seit über 20 Jahren im Auftrag der Naturschutzbehörde und des Wasserwirtschaftsamts betreue, startet demnächst das Bundesprojekt "Chance-Natur", dessen Erfahrungen später auf die Natur- und Kulturlandschaft im gesamten Altmühltal von Colmberg bis Treuchtlingen übertragen werden sollen.

Zusätzlich geht es heute schließlich auch um die Inwertsetzung und Vermarktung regionaler Produkte. Beispiele dafür sind das Altmühltaler Lamm, die Hesselberger Säfte oder die Walnussprodukte der Manufaktur Gelbe Bürg.

Nach 34 Jahren, die Sibylle Tschunko die Geschäfte des LPV geführt hat, sind die Erwartungen sicherlich hoch, die Sie beim Start ins neue Amt begleiten. Fühlen Sie sich dem gewachsen? Und welche Ziele haben Sie selbst?

Fackler: Das sind tatsächlich riesige Fußstapfen, in die ich trete. Aber ich bin ja seit etlichen Jahren auch stellvertretender Sprecher der bayerischen Landschaftspflegeverbände und kenne den Verband als Altgedienter sehr gut. Gerade im Kontakt mit den Landwirten und in meinem Heimatlandkreis war ich schon bisher stark in der Verantwortung.

Jetzt kommt noch hinzu, dass ich ein 25-köpfiges Team organisieren und motivieren muss. Der LPV ist ja keine Behörde, wo die Gehälter einfach kommen – wir müssen Projekte machen und neue Ideen entwickeln. Ein großes Pfund ist dabei allerdings die Grundausstattung, die wir vom Bezirk und durch die Beiträge der Landkreise und Kommunen bekommen.


In der Corona-Krise: "Landschaftspflege ist ökosystemrelevant"


Mein erstes Ziele ist zunächst eine Konsolidierung des Verbands in diesen schwierigen Zeiten und die Weiterführung der laufenden Projekte. Die Landschaftspflege ist systemrelevant und darf nicht untergehen im Corona-Wirrwarr. Auch die Debatte um Blühflächen nimmt nach dem Volksbegehren in den Kommunen zunehmend Fahrt auf.

Persönlich ist es mir besonders wichtig, den Versöhnungsprozess zwischen Naturschutz und Landwirtschaft weiterzuführen. Dass ich selbst Landwirt bin, hilft mir dabei ungemein, die Befindlichkeiten zu verstehen und die Bodenhaftung nicht zu verlieren.

Zum Thema und zur Person:

Natur- und Kulturlandschaft erhalten

Gegründet wurde der Landschaftspflegeverband Mittelfranken 1986 als (nach Kelheim) zweiter solcher Verband Deutschlands vom ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Josef Göppel aus Herrieden. In Kooperation mit Landwirten, Behörden, Naturschutzverbänden, Kommunalpolitik, Schulen, Ehrenamtlichen und ganzen Dorfgemeinschaften hat sich seine Arbeit seither von der Pflege einzelner Biotope hin zum Aufbau großer Landschaftsräume und der Vermarktung regionaler Produkte entwickelt.

Heute gehören dem nach dem mittelfränkischen Vorbild organisierten und von 1993 bis 1998 ebenfalls von Sibylle Tschunko geführten Bundesverband für Landschaftspflege 175 Mitgliedsorganisationen an. Der darunter nach wie vor größte LPV Mittelfranken beschäftigt 25 Fachleute, die Projekte für jährlich gut 2,9 Millionen Euro aus Förderprogrammen sowie von Flächeneigentümern, Kommunen und dem Bezirk Mittelfranken betreuen.

Klaus Fackler, Jahrgang 1963, ist im Treuchtlinger Ortsteil Gundelsheim aufgewachsen. Als Diplom-Agraringenieur arbeitet er seit 1992 beim Landschaftspflegeverband Mittelfranken und ist stellvertretender Landessprecher. Daneben betreibt er in seinem Heimatdorf im Nebenerwerb einen Naturland-Mutterkuhbetrieb mit rund 70 Tieren und knapp 50 Hektar Fläche. 1986 war Fackler Mitgründer der Bund-Naturschutz-Ortsgruppe, seit 1996 sitzt er für die Unabhängigen Freien Wähler (zuvor FW) im Treuchtlinger Stadtrat.

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