Neujahrsempfang: Schulden machen für die Zukunft

7.1.2020, 06:03 Uhr
Beim gut besuchten Treuchtlinger Neujahrsempfang in der Stadthalle kamen wieder Vertreter von Politik, Vereinen und Rettungsorganisationen mit den Bürgern ins Gespräch. Zudem waren die Sternsinger vor Ort und baten um Spenden.

© Benjamin Huck Beim gut besuchten Treuchtlinger Neujahrsempfang in der Stadthalle kamen wieder Vertreter von Politik, Vereinen und Rettungsorganisationen mit den Bürgern ins Gespräch. Zudem waren die Sternsinger vor Ort und baten um Spenden.

Seit Jahren feiere die politische Spitze in Deutschland die "Schwarze Null" im Bundeshaushalt – trotz immer stärker werdender Anzeichen, dass dieser Weg in eine wirtschaftliche Sackgasse führe. Nicht nur die "Wirtschaftsweisen", sondern auch der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank forderten Deutschland seit Jahren auf, "endlich massiv und auch auf Kreditbasis in eine zukunftsfähige Infrastruktur" zu investieren.

Wettbewerbsfähigkeit erhalten

Seien es kaputte Brücken und Straßen oder der fehlende Breitband- und Mobilfunkausbau – durch den Mangel gebe es nicht nur Probleme beim Telefonieren, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und von Handwerksunternehmen sei gefährdet. Vor allem, da Deutschland kein mit Rohstoffen gesegnetes Land sei und ohne Investitionen in die Infrastruktur seine Wettbewerbsfähigkeit verlieren könnte.

Was hat das mit Treuchtlingen zu tun? Auch hier beschäftigen sich zahlreiche Diskussionen mit der Finanzierung der städtischen Aufgaben und die Aufnahme von Bank-Krediten für Investitionen, aber auch für "sinnstiftende und die Lebensqualität fördernde Einrichtungen" für die Bürger wie etwa Büchereien, Museen und Bäder – also alles Themen, über die der Stadtrat in den vergangenen Jahren oft diskutiert hat.

Neujahrsempfang: Schulden machen für die Zukunft

© Foto: Benjamin Huck

Laut Baum sei es richtig, dass die Stadt Schulden aufnimmt, um Investitionen für die Zukunft zu finanzieren, vor allem in Hinblick auf die aktuelle Niedrigzinsphase. So könne die Stadt Kredite über 30 Jahre für einen geringen Zinssatz aufnehmen. Auf der anderen Seite musste sie in den vergangenen drei Jahren ungefähr 50.000 Euro an "Strafzinsen" für Guthaben auf der Bank bezahlen. "Sparen, weil sparen einfach gut ist, wäre der falsche Ansatz", so Baum. So verschwänden die Ausgaben der Stadt nicht, sondern sie seien die Einnahmen anderer, "zum Beispiel unserer Handwerker und Firmen."

Doch könnten die Schulden Treuchtlingen irgendwann über den Kopf wachsen? Fakt ist: Die Gemeinde liegt mit ihrer Steuerkraft von 872 Euro pro Einwohner weit unter dem bayerischen Durchschnitt, der bei etwa 1500 Euro liegt. Das liege vor allem daran, dass Platz für große Unternehmen fehlt. Andere Regionen, wie etwa Ingolstadt, verdanken ihren Reichtum der Tatsache, dass auch Treuchtlinger die dort hergestellten Autos kaufen und Geld in die Stadt bringen. Baum plädierte deshalb für einen fairen Ausgleich über die staatlichen Schlüsselzuweisungen, damit auch Treuchtlingen etwas vom Kuchen abbekommt.

Einige Besucher, vor allem aus den Reihen der politischen Konkurrenz, werteten diese Rede als Auftakt zum Kommunalwahlkampf, waren sich doch SPD-Bürgermeister und -Fraktion sowie CSU in diesen Fragen oft uneinig. Dass alle Treuchtlinger in gut zwei Monaten bei den Kommunalwahlen aufgerufen werden, ihre Stimme abzugeben, kommt aber nicht zur Sprache. Die weiteren Themen des Empfangs im Überblick.

Bauprojekte: Die Modernisierung der Altmühltherme geht ihrem Ende entgegen. Noch im ersten Quartal dieses Jahres soll das Thermalbad samt Sauna eröffnen – und wieder mehr Gäste nach Treuchtlingen bringen. Dazu soll auch das geplante Hotel auf der anderen Altmühlseite beitragen. Laut Baum werde der Kaufvertrag für das 10 000 Quadratmeter große Grundstück am alten Bauhof in der nächsten Stadtratssitzung vorgestellt, die Notarverträge sollen auch noch im Januar unterzeichnet werden. Neben dem Betreiber stünden nun auch die Investoren fest. Nach fast fünf Jahren Bauzeit mit einigen Pausen dazwischen soll voraussichtlich an Pfingsten 2020 der neue Fachtrakt der Senefelder-Schule eröffnet werden. Danach geht es mit dem Abriss des ehemaligen Fachklassentrakts weiter, um Platz für die neue Turnhalle zu schaffen. Mit der Gesamtfertigstellung ist nun 2024 zu rechnen. Weitere große Projekte sind die Sanierung der Industrie- und der Johann-Lindner-Straße sowie der Bau von Radwegen bei Auernheim und Graben. Nicht zuletzt ist die Stadt gespannt über die weiteren Planungen der Dietfurter Umgehung.

Neuer Augenarzt: Seit über einem Jahr gibt es keinen Augenarzt mit kassenärztlicher Zulassung mehr in Treuchtlingen. Verschiedenen Gespräche zur Neuansiedlung eines solchen Mediziners hatten nun wohl Erfolg. Wie Bürgermeister Baum bekannt gab, habe er zwischen den Jahren erfahren, dass ein Interessent wohl schon Mitte 2020 in Treuchtlingen eine Praxis eröffnen möchte.

Einzelhandel: Das Thema Digitalisierung habe uns fest im Griff. Es sei wichtig, sich damit zu befassen und auch "Nicht-Computerfreaks" zu helfen, den Überblick zu behalten. Auch dem örtlichen Einzelhandel mache die Digitalisierung zu schaffen, da viele Kunden lieber vom Sofa aus Preise vergleichen und die Ware nach Hause geliefert bekommen. Baum appellierte an die kleinen inhabergeführten Läden, auch im Netz präsent zu sein und am geplanten altmühlfränkischen Online-Kaufhaus teilzunehmen.

Kultur- und Tourismus: 150 Jahre Eisenbahn hieß es Ende September 2019, zum Jahrestag gab es ein großes Fest am Bahnhof. Neben den beliebten Festen der Jahres, für die sich Bürgermeister Baum bei den organisierenden Vereinen bedankt, will sich die Stadt touristisch klar in Richtung Gesundheit ausrichten. Aber: Das Thema "Bad Treuchtlingen" möchte Baum zum aktuellen Zeitpunkt nicht aufmachen.

Und sonst? Rathauschef Baum bedankte sich bei den anwesenden Bürgermeisterkollegen vieler Nachbargemeinden für "das gute Miteinander und die vertrauensvolle und konstruktive interkommunale Zusammenarbeit im vergangenen Jahr". Dass sich 2019 auf kommunalpolitischer Sicht viel um die Themen Wasser und die Ansiedlung eines Geschäfts für Freizeitausrüstung an der Heusteige gedreht hat, zu deren aktueller Situation die Stadt Weißenburg nicht ganz unbeteiligt war, wird von Baum mit keinem Wort erwähnt.

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