Pfarrer Walter Krewin wechselt nach Dittenheim

14.9.2018, 06:05 Uhr
Pfarrer Walter Krewin wechselt nach Dittenheim

© Jürgen Leykamm

Dort, kaum 15 Kilometer von seiner langjährigen Heimat entfernt, möchte Krewin die letzten sechs, vielleicht auch zehn Jahre bis zum Ruhestand wirken. „Ich wollte noch einmal Dorfpfarrer sein, das wollte ich wirklich“, freut er sich. „Die Ärzte raten mir schon lange zu einer kleineren Stelle, und nun bin ich voller Energie.“

Überhaupt ist der 59-Jährige dieser Tage kaum wiederzuerkennen und nach der Überwindung seiner schweren Herzerkrankung das blühende Leben. Anfang 2013 kam die Diagnose: „Die Ärzte in Eichstätt sagten damals, Weihnachten erlebe ich nicht mehr“, blickt Krewin zurück.

Doch der Erlanger Herz-Koryphäe Stephan Achenbach gelang „das Wunder vom August“, wie es der Geistliche heute nennt. 20 Gefäßimplantate setzte er dem damals 54-Jährigen ein, sodass dieser schon zwei Monate später wieder eingegliedert werden konnte. Seither hat auch sein Konfirmationsspruch „Weiche nicht!“ für Krewin eine neue Bedeutung.

Anschließend übernahm der Theologe, der im August 1995 als Nachfolger von Pfarrer Gundolf Schattenmann nach Treuchtlingen gekommen war, jedoch nur noch die zweite Pfarrstelle. Immer wieder sprang er zwar krankheitsbedingt für Mitpfarrerin Sonja Wittmann ein, wollte ihr aber „nicht als graue Eminenz reinreden“ und bedauerte zunehmend, „nicht mehr gestalten zu können“.

Das hatte Krewin zuvor fast 20 Jahre lang intensiv getan. „Als ich herkam und die Gebäude der Pfarrei gesehen habe, habe ich gesagt, dass ich sechs Jahre brauchen werde, um alles zu renovieren“, erinnert er sich. Am Ende waren es acht Jahre. In dieser Zeit bekamen die Markgrafenkirche, das Gemeindehaus in der Ringstraße und die beiden Kindergärten ein neues Gesicht. In letzteren hat sich die Zahl der Gruppen seither verdopppelt.

Nicht so gut kam die Sanierungslust auf dem Patrich an. „Die Leute dort waren anfangs sauer, dass nur unten in der Stadt etwas gemacht wird“, erklärt Krewin. „Ich wusste aber, dass wir dort oben eine Komplettlösung brauchen.“ Das alte Patrich-Gemeindehaus sei so verfallen gewesen, dass man es „nur noch wegsprengen konnte“.

Der Neubau sollte das Haus jedoch nicht nur ersetzen, sondern ein ganzes Familienzentrum werden. „Schwierig war es, das zu finanzieren“, blickt Krewin zurück. „Da habe ich oft nicht schlafen können.“ Anderthalb Millionen D-Mark hatte er zwischen 1996 und 1998 schon für das Gemeindehaus ausgegeben, weitere 1,2 Millionen bis 2002 für die Kirchenrenovierung.

Familienzentrum war Herzenssache

Den Anstoß für den Bau des Familien­zentrums gab 2008 der inzwischen verstorbene Verleger und ehemalige Treuchtlinger-Kurier-Redaktionschef Walter E. Keller. Zwei Jahre später rückten die Arbeiter an. Doch an der Einweihung im April 2013 durfte Krewin wegen seiner Erkrankung auf „Befehl“ des Regionalbischofs nicht teilnehmen. Dennoch lag ihm das Projekt bis zuletzt sehr am Herzen: „Ein offenes Café mit veganem Kuchen hätte ich gern noch verwirklicht“, so der scheidende Ortsgeistliche.

Ebenfalls neu eingeführt hat Krewin während seiner zwei Jahrzehnte in Treuchtlingen die Schäferwagenkirche, die Kurpark-Gottesdienste, die Beteiligung an der Maikundgebung des DGB sowie den „Gottesdienst in anderer Form“ anstelle des Boxkampfes am Volksfestsonntag. Aber auch Niederlagen gab es für den Pfarrer, der zudem sechs Jahre stellvertretender Dekan war und von 1997 bis 2005 die Weißenburger Diakonie mitleitete. So zum Beispiel das Scheitern eines kirchlichen Seniorenzentrums am Brühl, dort wo nun die Behindertenwohnstätte der Rummelsberger entsteht. „Das wurde mir vom Leben nicht gegönnt“, so der 59-Jährige.

Besonders gern erinnert sich Krewin an die Gemeindemitglieder zurück, die er während seiner langen Amtszeit sowohl getauft, konfirmiert und als Religionslehrer an der Senefelder-Schule unterrichtet sowie später teils sogar getraut hat. Dazu kommen rund 700 Beerdigungen.

Und auch daneben sind es vor allem die menschlichen Wegbegleiter, die der Seelsorger mit viel Zuneigung erwähnt: den katholischen Pfarrer Edmund Wolfsteiner etwa, mit dem er bis 2006 eine intensive ökumenische Zusammenarbeit gepflegt habe, oder Diakon Dieter Frembs, der ihm „sehr gefehlt hat, als dessen Stelle Stück für Stück abgeschafft wurde“.

Ebenso zum engen Vertrautenkreis zählten der verstorbene Grundschulrektor Claus Wagner, der den Kontakt zur islamischen Gemeinde aufgebaut habe, die Kolleginnen Miriam Krug-Lettenmeier in Markt Berolzheim und Manuela Reißig in Wettelsheim („eine Freundin durch Freud und Leid“), Diakoniechef Martin Ruffertshöfer, die Kindergartenleiterinnen Brigitte Stangenberg und Conny Frickinger sowie Roland Belzner, das „Mädchen für alles“ im Pfarramt. „Es war schön, solche Mitarbeiter und Kollegen zu haben“, so Krewin.

Was er vermissen wird? „Den Burgstall und den Nagelberg, den ich fast jeden Tag frühmorgens mit dem Hund erlaufen habe“, zählt der Geistliche auf. „Außerdem die Bronzeglo­cken der Markgrafenkirche, denn in Dittenheim gibt es nur Blechschepperte.“ In Erinnerung werde er auch das gute Verhältnis zu den Nachbarn in der Elkan-Naumburg-Straße behalten – einschließlich der Polizei. Und dann ist da noch ganz besonders die Musik: Zwar gebe es in Dittenheim gleich zwei Posaunenchöre, das breite Treuchtlinger Programm werde ihm aber fehlen, so der passionierte Trompeter.

Neuanfang „ist gut so“

„Es war eine wunderbare Zeit und ich bin dankbar“, fasst Krewin zusammen. Nun wolle er jedoch „nicht mehr Chef einer riesigen Verwaltung, sondern noch einmal mit voller Energie Pfarrer sein“, so wie er es vor 34 Jahren als Dekan im oberfränkischen Gössersdorf erlebt habe. Aus dieser Zeit habe er dort noch „Freundschaften, die bis heute halten“. Mit seinen Nachfolgern Jana Menke und Bastian Müller gebe es in Treuchtlingen einen Neuanfang, „und das ist gut so!“

In Dittenheim möchte Krewin auf jeden Fall bis zur regulären Pension mit 66 Jahren arbeiten – „und wenn’s bis 70 geht, geht’s bis 70“. Umgezogen ist er bereits, denn für seine Frau Barbara begann diese Woche das neue Schuljahr als Deutsch- und Religions­lehrerin am Eichstätter Gabrieli-Gymnasium. Da sollte das Pfarrhaus schon bewohnbar sein.

Zum ersten Ziel am neuen Wirkungsort hat sich Krewin gesetzt, „binnen eines Jahres alle Leute zu kennen. Und wenn ich ihnen auf der Straße begegne, müssen mir Geschichten zu ihnen einfallen.“ Im Dekanat werde er sich dagegen nicht mehr so stark engagieren und stattdessen weiter an seiner theologischen Arbeit „Glaube und Handeln des Christen“ schreiben.

Diese befasst sich mit der zeitgemäßen Überarbeitung der zwischen 1932 und 1967 erschienenen „Kirchlichen Dogmatik“ von Karl Barth, in deren 9000 Seiten sich Krewin nach eigenen Worten „schon als 16-Jähriger vertieft“ hat. Fertig ist bislang das rund 600 Seiten starke Vorwort. Übertreiben will es der Geistliche aber auch nicht mit der Schreiberei: „Die Dittenheimer sollen schließlich vor allem einen Pfarrer haben.“

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