Rettungskräfte angegriffen: Treuchtlinger muss ins Gefängnis

1.2.2019, 09:38 Uhr
Rettungskräfte angegriffen: Treuchtlinger muss ins Gefängnis

© Wolfgang Bellwinkel/DGUV

An die Tat selbst kann sich Hans K. (Name geändert) nicht mehr erinnern. Nur dass er sich an einem Abend im August mit ein paar Bekannten in einer Kneipe in der Bahnhofstraße getroffen hat, um diese nach einiger Zeit wieder zu sehen. Besser gesagt nach fünf Monaten im Gefängnis, wo K. eine Strafe wegen Diebstahl und Beleidigung absaß.

Nach dem Genuss einer unbekannten Menge an Alkoholika wird K. schwarz vor Augen. "Ich kann mich nur erinnern, wie ich am nächsten Morgen im Krankenhaus in Weißenburg aufgewacht bin", berichtet er vor dem Amtsgericht. In den Händen hält er einen Zeitungsbericht aus dem Treuchtlinger Kurier, in dem steht, dass ein Bewusstloser in der Bahnhofstraße gefunden worden sei. "Wie soll ich die Polizei angreifen, wenn ich doch bewusstlos war?", so der Angeklagte.

Seinen Erinnerungen auf die Sprünge helfen die beiden Polizeibeamten, die die Leidtragenden der Beschimpfungstirade waren. Ein Nachbar hatte die Ordnungshüter informiert, weil eine reglose Person in der Bahnhofstraße lag. Die Streife fand K. dann auch dort liegend, sprach ihn an - und wurde von dem zunächst Reglosen gleich mit dem Wort "Idioten" und weiteren, nicht zitierfähigen Kraftausdrücken beschimpft. Die Beamten schildern als Zeugen vor Gericht, dass sie K. nach Hause bringen wollten, dieser verweigerte jedoch die Herausgabe des Ausweises.

Begriffe wie "Nazischweine" fielen

Nachdem gutes Zureden nichts gebracht hatte, stellten die Beamten den Mann an eine Hauswand und durchsuchten ihn nach Papieren und gefährlichen Gegenständen. K. wehrte sich heftig, schlug gegen die Beamten und wurde von ihnen schließlich zu Boden gedrückt und mit Handschellen gefesselt. Dabei soll sich K. eine Platzwunde an der Stirn zugezogen haben, auf jeden Fall lief ihm Blut über das Gesicht, weshalb auch Notarzt und Rettungswagen alarmiert wurden.

Die vier Rettungsdienstmitarbeiter bestätigen unabhängig voneinander, dass K. auch sie mit unschönen Wörtern wie "Nazischweine" bedacht habe. Zu viert hievten sie K. auf eine Trage, um ihn ins Krankenhaus bringen zu können. Doch K. kam immer noch nicht zur Ruhe und spuckte einem der Beamten Blut ins Gesicht. Der Polizist musste im Anschluss über ein Vierteljahr hinweg Blutproben abgeben, um die Infektion mit einer Krankheit auszuschließen - die Tests waren schließlich negativ.

Der Angeklagte selbst sagt, er könne sich an den ganzen Vorfall nicht mehr erinnern. Er entschuldigt sich bei jedem der Zeugen und verweist auf seine Gedächtnislücken. Dass solche durchaus vorkommen können, sagt der behandelnde Notarzt vor Gericht aus: Er habe dem um sich schlagenden und mit den Worten "Ich bringe euch um!" drohenden K. auf der Fahrt ins Krankenhaus im Rettungswagen ein Beruhigungsmittel verabreicht. Dieses könne in Kombination mit Alkohol zu Erinnerungslücken führen.

Mehrfach vorbestraft

Wie stark K. alkoholisiert war, kann keiner sagen, eine Atemalkoholmessung war nicht möglich. Dass Alkoholika im Spiel waren, räumt K. sogar ein. Die Sucht begleitet den Mann schon länger, wie seine Vorstrafensammlung zeigt: Seit 1996 wurde K. bereits 17 Mal von mehreren Gerichten verurteilt, viele Delikte wurden unter Trunkenheit begangen. Einmal erfolgte sogar eine Verurteilung wegen Vollrauschs, ein Straftatbestand, demnach sich strafbar macht, wer sich in einen Rausch versetzt, in diesem Zustand eine Straftat begeht, deswegen aber nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war.

Auch siebeneinhalb Jahre Haft wegen versuchten gemeinschaftlichen Totschlags hat K. bereits auf dem Kerbholz. Die letzten zwei, drei Monate will er keinen Alkohol mehr getrunken haben, in Therapie begab er sich selbst nicht. Auch einer Arbeit geht der 44-Jährige nicht nach, sei ihm doch klar gewesen, dass die Sache vor Gericht nicht gut für ihn enden würde.

So fordert der Vertreter der Staatsanwaltschaft wegen Beleidigung, des Widerstands gegen und des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die angesichts des Vorstrafenregisters nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könne. "Es soll sich endgültig herumsprechen, dass ein Angriff auf Rettungskräfte nicht geht", so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer.

Hans K. nutzt das ihm zustehende letzte Wort dafür, Reue zu zeigen: "Was soll ich jetzt noch sagen? Ich habe die Scheiße gebaut und werde dafür büßen."

Richter Gunter Hommrich verurteilt Hans K. am Ende wegen der ihm vorgeworfenen Taten zu einer Haftstrafe von einem Jahr. Zu seinen Gunsten zählen die im Prozess vorgetragenen Entschuldigungen, die von den Zeugen auch teilweise angenommen wurden. Strafmildernd wirkt auch die wohl erhebliche Alkoholisierung. Doch eindeutig negativ zu Buche schlagen die Vorstrafen und die schnelle Rückfälligkeit - die Tat ereignete sich keine drei Wochen nach der Entlassung aus dem Gefängnis, so Hommrich: "Eine Bewährung ist völlig illusorisch."