Seit zehn Jahren Chef im Treuchtlinger Rathaus

1.5.2018, 11:04 Uhr
Seit zehn Jahren Chef im Treuchtlinger Rathaus

© Patrick Shaw

Damals, im Jahr 2008, musste der gebürtige Treuchtlinger und Ex-Bahner noch in die Stichwahl, die er knapp mit 50,8 Prozent gewann und nach der die CSU trotzdem für sechs weitere Jahre die Mehrheit im Stadtrat behielt. 2014 war die Wiederwahl mit 59 Prozent klarer, und auch Baums SPD/JGB-Fraktion überholte dank des Erfolgs der Jungen Gemeindebürger die Christsozialen. In der Außenwirkung ist das anfängliche Knirschen im Getriebe mittlerweile einem spürbaren Optimismus gewichen – den die Opposition bislang für blauäugig hält. Wie Baum selbst, der vor zwei Wochen seinen 60. Geburtstag feierte, seine Bilanz bewertet, erläutet er im Gespräch mit unserer Zeitung – und lässt mit Blick auf die Kommunalwahl 2020 auch durchblicken, dass er alles andere als amtsmüde ist.

Herr Baum, im Wahlkampf 2008 hatten Sie angekündigt, im Vergleich zu Ihrem Vorgänger „gar nicht so sehr andere Sachthemen, sondern einen anderen politischen Stil“ anzustreben. „Mehr Teamspieler als Einzelkämpfer“ wollten Sie sein, transparenter agieren und im Rathaus „mehr betriebswirtschaftliche Elemente“ einführen. Ist Ihnen das gelungen?

Werner Baum: Ich glaube, dass ich die meisten meiner Ziele erreicht habe.  Das war aber nur möglich mit einer aktiven Belegschaft. Wir haben die Verwaltung neu aufgestellt, das Rathaus umgebaut und intern die Personalführung professionalisiert. Dafür habe ich mir zu Beginn meiner Amtszeit zwei Jahre Zeit genommen, um die Mitarbeiter mitzunehmen.

"Nicht angetreten, um es allen recht zu machen"

Nach außen wirkte das bisweilen wie ein Exodus der bewährten Kräfte. Geschäftsführung, Badleitung, Stadtbaumeister, Wirtschaftsförderung – an vielen Stellen mussten sich die Bürger an neue Gesichter gewöhnen. Wir hatten schon manchmal den Eindruck, dass Ihnen das auch in der Verwaltung Gegenwind beschert hat.

Baum: Ich glaube nicht, dass ich mir dadurch Feinde gemacht habe. Aber ich bin auch nicht angetreten, um es allen recht zu machen. Jeder muss seinen Weg gehen, und meinen gehe ich konsequent. Das sehe ich völlig sachlich und unpolitisch, und am Ende haben auch alle mitgezogen – der eine natürlich etwas mehr, der andere weniger. Heute merkt man aber die Veränderungen. Wir haben jetzt eine moderne Verwaltung mit Bürgerbüro und einer viel besseren Kommunikation nach innen und außen...

Seit zehn Jahren Chef im Treuchtlinger Rathaus

© TK-Archiv/Patrick Shaw

...was die CSU oft anders sieht. Zwar sind nach anfänglicher Kritik jetzt mehr Sitzungen öffentlich, dafür wird aber auch mehr in den Gremien vorberaten und im Stadtrat gar nicht mehr ausdiskutiert. Gerade bei den Themen Finanzen, Altmühltherme und Stadtentwicklung mit der Sanierung von Bahnhofstraße und Wallmüllerplatz werfen Ihnen Kritiker Alleingänge und strikte Parteiräson vor.

Baum: Vieles davon bekomme ich gar nicht mit, denn es wird hinten um mich herum erzählt. Das ist schade. Parteipolitik war für mich nie ein Ansatz, da bin ich viel zu sehr eingefleischter Treuchtlinger. Ich habe mich seit frühester Jugend für meine Heimatstadt interessiert und glaube, dass wir da schon ein gutes Miteinander haben. Es ist zum Beispiel alles andere als selbstverständlich, dass bei uns nicht die größte Stadtratsfraktion den zweiten Bürgermeister stellt, sondern die Opposition. In meinem Amt fühle ich mich auf jeden Fall sehr wohl.

Heißt das, dass Sie in zwei Jahren noch einmal antreten?

Baum: Meine erneute Kandidatur ist noch nicht entschieden, das wird aber noch heuer geschehen. Wenn man sich anschaut, was aktuell an langfris­tigen Projekten läuft – Neubau der Senefelder-Schule, Modernisierung der Therme, Umbau der Stadtmitte und so weiter –, ist aber wohl ablesbar, wohin die Reise geht.

Bei den vielen Investitionen und der trotz guter Steuereinnahmen nach wie vor klammen Kasse haben manche Bürger den Eindruck, dass die Stadt große Hypotheken auf die Zukunft aufnimmt und durch Grundstücksverkäufe oder das Aus für das Krankenhaus ihr „Tafelsilber“ verscherbelt.

Baum: Das sehe ich absolut nicht so. Das Gesundheitszentrum abzugeben und vor allem eine Nachfolgelösung zu finden, war eine längst überfällige Entscheidung. Andeswo gibt es schon seit Jahren kein kommunales Haus dieser Größe mehr. Die neue Bezirksklinik ist ein Glücksfall für die Stadt. Das sind 140 Patienten, die dann täglich in die Therme gehen, in den Geschäften einkaufen und sich in der Natur erholen. Wichtig ist natürlich, dass wir den Übergang der Mitarbeiter so sozialverträglich wie möglich gestalten. Und auch die anderen sozialen Einrichtungen und die Ansiedlung der Hochschule samt Boulderhalle, Freiluftarena und Beachsportplätzen sind eine echte Chance für uns.

Seit zehn Jahren Chef im Treuchtlinger Rathaus

© TK-Archiv/Patrick Shaw

Und wie stehen die Chancen für ein „Bad Treuchtlingen“? Bleibt das Ziel?

Baum: Dazu stehe ich bis heute. Vorher müssen wir aber die Infrastruktur weiter verbessern. Die Stadtmitte und die Therme müssen fertig saniert sein, und wir brauchen ein Hotel. Die Stadtentwicklung ist ja seit acht Jahren Thema – daran sieht man, wie lange so etwas dauert. Aber der Tag für ein „Bad Treuchtlingen“ wird kommen.

Ein Hotel? Darum ging es ja schon im Wahlkampf vor zehn Jahren. Anschließend wurde es aber sehr still um diese Frage. Gibt es dazu Neuigkeiten?

Baum: In Sachen Hotel führe ich tatsächlich seit zehn Jahren immer wieder Gespräche. Anfangs wollte ich auf Biegen und Brechen ein Familien- und Gästehaus, was jedoch an der Kommunalfinanzierung gescheitert ist. Wir verhandeln aber weiterhin sehr aktiv.

"Die Therme muss nach dem Umbau laufen"

Der Fallstrick bleiben die Finanzen. Reicht das Geld für die Projekte und Ihre weiteren Ziele?

Baum: Ich bin jetzt 34 Jahre in der Kommunalpolitik, und Treuchtlingen war in dieser Zeit schon immer eher finanzschwach – eigentlich schon seit der Nachkriegszeit. Aber wir haben viel aufgeholt, zum Beispiel bei den Schulen. Die aktuelle Null-Zins-Politik ist da eine große Chance, weil wir quasi kos­tenlos Geld für Investitionen bekommen – auch wenn die Schulden dabei steigen. Der Kommunale Prüfungsverband hat uns trotzdem erst jüngst eine sehr solide Haushaltsführung bescheinigt, weil wir seit Jahren immer weniger ausgeben als geplant. Wenn die laufenden Großprojekte abgeschlossen sind, wird ab 2020 oder 2021 eine langsame Entschuldung möglich sein. Mit der Schließung des Gesundheitszentrums sparen wir dann jährlich eine Million Euro. Und die Therme muss nach der Modernisierung natürlich laufen.

Und was dann? Geht es in diesem Tempo weiter, falls Sie erneut kandidieren und wiedergewählt werden?

Baum: Nach den vielen Projekten muss dann erst einmal etwas Ruhe einkehren, um davon zehren zu können. Zwei Themen, die noch vor uns liegen, sind allerdings das Hotel und die Nordumfahrung. Die Umgehung haben wir erst einmal zurückgestellt, weil im Rathaus einfach die Kapazitäten fehlen. Sie muss aber im Interesse der Bürger bald wieder auf die Tagesordnung. Und auch für die Nachnutzung des Geländes der Firma Altmühltaler am Stadtschloss brauchen wir ein Konzept. Das wird aber eher in der Amtsperiode ab 2026 akut werden.

Seit zehn Jahren Chef im Treuchtlinger Rathaus

© TK-Archiv/Hubert Stanka

Gibt es einen Erfolg, auf den Sie besonders stolz sind?

Baum: Da gibt es mehrere. Auf jeden Fall die Ansiedlung der Hochschule, des Roten Kreuzes mit dem neuen Pflegeheim, der Rummelsberger, der Arbeiterwohlfahrt und von Regens Wagner – aber auch den Bereich der Kultur und der Veranstaltungen. Es hat sich bewährt, dass wir die Kulturarbeit aus dem Rathaus in die Touristinfo verlagert haben. Bei vielen der neuen Ideen war ich durch meine Erfahrungen als Vorsitzender des Burgvereins auch selbst Ideengeber – zum Beispiel beim „Fest der Kulturen“, der „Kulttour“ oder dem Wochenmarkt, die es jetzt alle seit zehn Jahren gibt. Ebenfalls gut etabliert haben sich das Rathaus-Open-Air, der Arbeitnehmer- und der Neubürgerempfang, die Schlossweihnacht, der Energietag und die Veränderungen beim Volksfest.

Und Ihre größte Enttäuschung in den vergangenen zehn Jahren?

Baum: Das war wohl das Aus für den Windpark bei Auernheim. Damit haben wir viel Zeit verbracht, und trotzdem ist er am Vogelschutz und – vielleicht noch mehr – an den politischen Veränderungen gescheitert. Das wurmt mich bis heute, denn ich kann nicht von Atomausstieg und alternativen Energien reden, und dann der Windkraft den Hahn zudrehen.

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