So verändert Corona die Arbeit der Frühförderung Kinderhilfe

30.12.2020, 06:01 Uhr
So verändert Corona die Arbeit der Frühförderung Kinderhilfe

© Foto: Frühförderung Kinderhilfe

Frau Vontz, als Leiterin einer inklusiven Kindertagesstätte ist man sicherlich auf vieles vorbereitet, aber wohl nicht auf eine Pandemie. Wie haben Sie die ersten Wochen und Monate mit Corona erlebt?

Als wir Ende 2019 von der Pandemie in Wuhan hörten, war China für uns alle weit weg. Niemand dachte daran, dass auch wir in Europa von dem Virus ergriffen werden könnten. Als im März 2020 dann das Unvorstellbare wahr wurde und Schulen und Kindertagesstätten geschlossen wurden, bekamen auch wir rund um die Uhr Absagen von Eltern, die sich um ihre Kinder sorgten. Eine offizielle Anweisung zur Schließung unserer Einrichtung gab es jedoch nicht, sodass wir zunächst in der Luft hingen.

Als dann endlich der Erlass des Ministeriums zur Schließung der interdisziplinären Frühförderungen kam, waren wir einerseits erleichtert. Andererseits begann das Bangen um die wirtschaftliche Situation, und es stellten sich viele Fragen zur Arbeitssituation der Mitarbeiterinnen. Dazu kam die Sorge um die Situation der Familien, die jetzt mit ihren Kindern auf sich selbst zurückgeworfen waren, da ihnen vertraute und sichere Hilfesysteme nicht mehr funktionierten.

Was sind Sie damit umgegangen? Hatten Sie sofort ein Konzept für die Krise?

Nein. Jeden Tag gab es neue Informationen von Ministerien, Dachverbänden, dem Bezirk und von Trägerseite, die jedoch wieder neue Fragen aufwarfen. Zum Glück konnten wir uns auf Leitungsebene mit den anderen Frühförderstellen unseres Vereins in Erlangen und Nürnberg vernetzen. In den täglichen Telefonkonferenzen wurden wir darin bestätigt, dass jeder nicht so recht wusste, wie es jetzt weitergeht. Auf einmal war nichts mehr, wie es vorher war, und jeder war auf der Suche nach Orientierung. Die Unsicherheit in allen Belangen brachte uns an die Belastungsgrenze. Schritt für Schritt versuchten wir, die Anforderungen umzusetzen und entwickelten für die Einrichtungen individuelle Hygienekonzepte, die schließlich von den Frühförderinnen mitgetragen und umgesetzt wurden.

Haben die Familien der Kinder da gleich mitgezogen?

Hier wurde das interdisziplinäre Team aktiv und kreativ. Auf unterschiedliche Weise nahmen die Fachkräfte Kontakt zu den ihnen anvertrauten Familien auf, sei es telefonisch, durch Vermittlung von "Hausaufgaben" oder in Form von digitalem Bilderbuch-Vorlesen mit interaktiven Fragen für die Kinder und ihre Eltern. Viele Familien zeigten sich dankbar für die Unterstützung und die kontinuierliche Ansprache und Abwechslung. Andere signalisierten uns aber auch, dass sie die Zeit "ohne Termine" gut überbrücken würden.


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Ab Mai konnte unser Angebot dann stufenweise wieder beginnen, und ab August arbeiteten wir wieder in vollem Umfang – aber unter Einhaltung sehr strenger Hygieneregeln. Unser Wartebereich ist weiterhin geschlossen, die Eltern begleiten ihr Kind entweder in die Therapie oder nutzen die Zeit anderweitig. Das anfängliche Chaos mit allen Herausforderungen haben wir so gut bewältigt, und es kehrte wieder ein Stück Ruhe und Überschaubarkeit ein.

Das war aber nur vorübergehend. Jetzt ist das Virus mit aller Macht zurück. Was bedeutet das für Ihre Einrichtung und die Kinder mit ihren Familien?

Seit Beginn der kalten Jahreszeit gilt es, immer wieder abzuwägen: Kann das Kind mit Erkältungssymptomen in die Einrichtung kommen? Sind im Umfeld alle gesund? Wie gehen wir mit den vielen Ausfällen um? Schaffen wir es, den Winter finanziell zu überleben? Werden die Leistungen der Frühförderungen wieder ausgesetzt? Vieles bleibt offen und ist nicht mehr selbstverständlich. Das ist wohl die neue Lernerfahrung oder die neue Normalität.

Eine Normalität, mit der nicht jeder umgehen kann. Gerade im Kontakt mit den Kindern brauchen Ihre Mitarbeiter da sicherlich starke Nerven. . .

Uns im Team hilft der ressourcen- und lösungsorientierte Blick, den wir gern an die Eltern für den alltäglichen Umgang mit den Kindern vermitteln – eine Strategie, die Dinge so anzunehmen, wie sie sind, und den positiven Aspekt in den Blick zu nehmen. Das Thema Resilienz mit seinen pädagogischen Aspekten wird für das künftige Gestalten beruflicher und persönlicher Situationen sehr wichtig sein und ist richtungsweisend für unsere Arbeit in der Frühförderung. Denn auch das zeigt die Krise: Wir werden mehr denn je gebraucht.

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