Stadtentwicklungskonzept verabschiedet

2.3.2012, 08:28 Uhr
Stadtentwicklungskonzept verabschiedet

© Patrick Shaw

Dem vorangegangen waren fast zwei Jahre der Planung. Mit zwei „Zukunftskonferenzen“ und einem „Markt der Ideen“ beteiligten sich Bürger, Vereine und Gewerbe. Expertenrunden begutachteten die Situation der Altmühlstadt und verfeinerten die Ideen. Schließlich raufte sich der Stadtrat nach zwei getrennten Fraktionsklausuren Ende Januar in einer Abschlusssitzung zusammen und wählte 19 laufende, angedachte und „priorisierte“ Projekte als erste konkrete Schwerpunkte der Stadtentwicklung aus.

„Der Schlusspunkt unserer Beauftragung ist für Stadtrat und Bürger der Startschuss zur Umsetzung“, betonte Prof. Manfred Miosga von der Agentur Identität & Image, die den Entstehungsprozess gemeinsam mit den Planungsbüros Moser & Ziegelbauer und WGF koordiniert hatte. Ziel sei es gewesen, „das Nebeneinander vieler guter Aktionen zu bündeln“ und die drängenden Themen der Altmühlstadt „aktiv zu gestalten, statt nur auf Druck von außen zu reagieren“. Das Konzept gebe dabei „die Leitplanken für die nächsten 15 bis 20 Jahre“ vor.

Zunächst hofft Bürgermeister Werner Baum nun, dass „öffentliche Projekte privates Engagement nach sich ziehen“. Verbesserungen seien nur zu erreichen, wenn Bürger, Vereine, und Lokalpolitik, Handel, Gewerbe und Dienstleister, Schulen, Gastronomie und Touristik an einem Strang ziehen.

Realistisch und visionär zugleich

Das einen „flexiblen roten Faden“ vorgebende Konzept enthält laut Baum „realistische Einschätzungen unserer Versäumnisse und Chancen, aber auch Ideen mit visionärem Charakter“. So sieht Landschaftsplaner Christoph Tauscher Treuchtlingen als „Tor zum Altmühltal“ in einer idealen Lage. Große Chancen böten die seit Jahren diskutierte Nordumgehung, die Vernetzung von Tourismus, Gesundheitsangeboten und Fachhochschule sowie eine Verkehrsberuhigung des Wallmüllerplatzes. Hauptschwächen der Stadt seien die Barrierewirkung der Bahntrasse und das innerstädtische Areal der Firma Altmühltaler.

Die Enge zwischen Rathaus, Schloss und Brauerei war auch Hauptthema der Stadtplaner. Hermann Moser und Susanne Moser-Knoll schlugen erneut vor, die Firma Altmühltaler an die Ansbacher Straße umzusiedeln und nördlich des Rathauses Platz für eine Nachverdichtung, einen Grünzug zwischen Altmühl und Stadtpark, eine Vervollständigung des Schlossgrabens und einen Anschluss der Fischergasse an die Bgm.-Döbler-Allee zu schaffen. Dies entlaste die Bahnhofstraße.

In der Stadtmitte müssen den Fachleuten zufolge Leerstände und Branchenlücken beseitigt sowie viele Fassaden erneuert werden. Für den Bereich der Ringstraße steht Rathauschef Baum nach eigenen Worten bereits in Verhandlungen mit einem Bauträger.

Außerdem forderte Moser provokativ „die Abschaffung der Mittagspausen“, sprich: einheitliche Ladenöffnungszeiten. „Zentrumsrelevante Sortimente“ würde der Experte „nur in der Innenstadt und im Einkaufsmarkt an der Nürnberger Straße zulassen, um keine Nebenzentren zu bilden“ – eine Ohrfeige für die Befürworter des geplanten Markts an der Ansbacher Straße.

Mehr als 60 Projekte in petto

Eine weitere Idee ist es, mit zwei neuen Unter- beziehungsweise Überführungen den Bahnhof mit der Weststadt zu verbinden. Die ungenutzten Bereiche westlich der Bahn könnten laut Moser von der FH oder als Laden- und Parkflächen genutzt werden. Der Maßnahmenkatalog enthalte zudem mehr als 60 weitere Projekte als „Reservoir für die nächsten Jahre“.

„Tief beeindruckt von der Fülle der Ideen“ zeigte sich Eberhard Pickel, der bei der Regierung von Mittelfranken für die Städtebauförderung zuständig ist. Allerdings äußerte er sich „sehr überrascht“, dass Treuchtlingen seinen über 20 Jahre alten Flächennutzungsplan bis heute nicht überarbeitet habe. Dafür sei es „höchste Zeit“.

Damit die Stadt weiterhin Zuschüsse aus dem Programm „Stadtumbau West“ erhält, forderte Pickel den Stadtrat auf, das vorliegende Konzept „zur Basis für die Stadtentwicklung zu machen“. Treuchtlingen müsse seine Rolle im integrierten ländlichen Entwicklungskonzept definieren und die Veränderungen auch umsetzen, damit „die Bürger sehen, dass sich etwas tut“.

Dem Konzept „Treuchtlingen 2030“ stimmten die Ratsmitglieder schließlich durchweg zu. Zwar meldete CSU-Fraktionschef Dieter Kerth Bedenken an, da die Stadt unter anderem mit den Sanierungen von Therme, Pflegeheim, Grund- und Senefelder-Schule, dem Museumsumbau sowie dem Straßen- und Kanalbau „finanziell stark gefordert“ sei. Er verwies aber darauf, dass alle Projekte ohnehin nochmals im Stadtrat beraten werden müssten. Trotz „vieler Allgemeinplätze“ bescheinigte er dem Maßnahmenpaket „durchaus sinnvolle Anregungen“.

„Nicht als Abschluss, sondern als Beginn von noch mehr Arbeit“, bezeichnete Klaus Fackler (FW) den Schritt in die Umsetzung. Ebenso wie Stadtoberhaupt Baum und SPD-Sprecherin Susanna Hartl betonte er ausdrücklich, dass „die Firma Altmühltaler für Treuchtlingen sehr wichtig ist und wohl noch lange in der Innenstadt bleiben wird“. Alles andere sei „Wunschdenken“. Trotzdem gelte es „damit anzufangen, die Attraktivität im Umfeld zu steigern“.

„Eine neue Art, Politik für und mit den Bürgern zu machen“, sieht Hartl in dem Prozess. Dieser könne „nicht allein aus dem Rathaus organisiert werden“ und sei „eine gemeinsame Aufgabe“, schloss Baum.

Deutlich weniger Gemeinsamkeiten fanden die Ratsmitglieder danach beim Beschluss über das erste konkrete Projekt: die Umgestaltung des Innenstadtbereichs um Wallmüllerplatz und Bahnhofstraße. Vier Büros aus der Region sollen mit der „Ideensammlung und Vorbereitung“ beauftragt werden und dafür jeweils 12.000 Euro Honorar erhalten.

Uwe Liss (CSU) erklärte für „die Mehrheit der Fraktion“, dass diese es ablehne, „Geld für Planungen auszugeben, die wegen der Kosten in den nächsten Jahren sowieso nicht umsetzbar sind“. Zwar habe er sich sogar für die Jury der „Planungswerkstatt“ gemeldet. Diese könne vorerst aber auch mit den bestehenden Vorschlägen des Büros Moser & Ziegelbauer arbeiten.

„Wir brauchen kleine Bausteine, um der Stadtentwicklung Gestalt zu verleihen und nicht aus der Förderung zu fallen“, hielt dem Wilfried Seubert (SPD) entgegen. Dem stimmte Klaus Fackler zu: „Es ist wenig sinnvoll, ein Konzept zu beschließen und es dann in der Schublade verschwinden zu lassen.“ Auch er habe angesichts des Haushalts „Bauchgrimmen“. Die Stadt müsse aber „endlich vom Getriebenen zum Agierenden werden“.

Ein neues Gesicht

„Die Mitte Treuchtlingens braucht ein Facelifting“, ergänzte Susanna Hartl. Und die Neugestaltung des Wallmüllerplatzes sei „schon im Prozess ein ausdrücklicher Wunsch der Bürger gewesen“, erinnerte Utz Löffler (SPD).

Einen Weg aus einem möglichen Patt im Stadtrat wies schließlich TBL-Sprecher Oswald Bayer. Er deutete an, dass mehrere CSU/TBL-Fraktionsmitglieder doch für die Beauftragung der Planer stimmen könnten, wenn darin nicht von der Umgestaltung des Wallmüllerplatzes, sondern vom gesamten „Innenstadtquartier“ die Rede sei. Dem folgte Bürgermeister Baum, sodass letztlich nur Dieter Kerth, Uwe Linss und Werner Föttinger (alle CSU) sowie Siegbert Mrasek (TBL) die Hand zum „Nein“ hoben.

 

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