Treuchtlingen: Corona-Bürokratie im Biergarten

16.5.2020, 05:57 Uhr
Treuchtlingen: Corona-Bürokratie im Biergarten

© Archivfoto: Patrick Shaw

Ab Montag dürfen die Menschen wieder in den Biergarten. Die Öffnung des Symbols bayerischer und fränkischer Gemütlichkeit wird von vielen – mangels anderer Freizeitmöglichkeiten – sehnlich erwartet. Auch Gerd Lehl wartet auf die Menschen, und das schon seit März. Der Gastronom ist der neue Pächter des Kiosks an der Treuchtlinger Denkmalslok und öffnet diesen am Montag ab 10 Uhr für die Gäste.

"Es ist schon ein Teil des Geschäfts verlorengegangen, wir hatten im März und April ja gutes Wetter und hätten gern geöffnet", sagt Lehl. Doch dann kam Corona, und der Biergarten, der nun unter dem Namen "Lehls Lokschuppen" firmiert, blieb zu. Für Lehl, der zusammen mit seinem Sohn Jonas den Kiosk betreibt und schon durch den Currywurststand vor der Altmühltherme stadtbekannt wurde, ist der Start am Montag aber auch mit Ungewissheiten verbunden. "Während der Vorbereitung waren noch nicht viele Menschen unterwegs", sagt er und hofft nun auf Besserung, auch weil die Spielplätze ebenfalls wieder offen sind. Gleich nebenan befindet sich schließlich der große städtische Spielplatz an der Lok. Außerdem setzt Lehl auf den "Vatertag", der an Christi Himmelfahrt, 21. Mai, begangen wird.

Vom Landratsamt hat der Kioskbetreiber nun Vorgaben bekommen, wie die Öffnung des Biergartens auszusehen hat. Bis 20 Uhr darf die Gastronomie im Außenbereich geöffnet haben, eine Woche später können die Speisen auch innen angeboten werden. Gäste und Bedienungen müssen einen Sicherheitsabstand von 1,50 Metern einhalten, wobei für letztere ein Mund-Nasen-Schutz vorgeschrieben ist. Eine Maske müssen die Gäste auch tragen, wenn sie sich in einem Lokal bewegen.

Hinzu kommen für Lehl und seine Kollegen die Anpassung von Lüftungs- und Reinigungsplänen, die Schulung von Mitarbeitern sowie die Aufnahme der Kontaktdaten der Gäste zur Nachverfolgung im Fall einer später auftretenden Infektion. Er muss außerdem darauf achtgeben, dass an einer Biertischganitur nur Familien oder Mitglieder eines Hausstands sowie einem weiteren Hausstand, etwa Freunde oder Bekannte, sitzen. Die Tische selbst stehen in ausreichendem Abstand zueinander.

Nur ein Drittel der Plätze

Das wird auch für die Pension "Zur Brücke" nicht anders sein. Nach jahrelangem Stillstand wollte Dora Kati, die bereits das Altmühlhotel in der Bahnhofstraße führt, dort zusammen mit Küchenchef Roland Rotter wieder einen Biergarten mit fränkischer Küche betreiben. "Anfang April sollte es losgehen, nun starten wir nächste Woche", so Kati. Auf dem Gelände ist Platz für 300 Besucher, vorerst bleibt die Zahl jedoch auf 100 Gäste beschränkt.

Auch hier werden die neuen Alltagsbegleiter zu sehen sein: Plexiglasscheiben, Desinfektionsmittel und Listen mit Kontaktdaten. Dazu kommen Dinge, über die man sich in normalen Zeiten nicht viel Gedanken macht. So werden zum Beispiel Salz- und Pfefferstreuer aus Hygienegründen von den Tischen verschwinden. Anders als gewohnt hofft Kati auf einen ruhigen Start, um nicht zu viele Gäste wegen Überfüllung abweisen zu müssen.

Diesem für eine Wirtin ungewöhnlichen Wunsch schließt sich auch Sonja Walk vom Wettelsheimer Keller an. Der wohl bekannteste Treuchtlinger Biergarten öffnet deshalb auch erst am Mittwoch, 20. Mai. Dabei hat Walk schon seit Wochen Dutzende Anfragen. Antworten kann sie nur vage geben, denn "wir sitzen täglich da und schauen, was es wieder Neues gibt". Planbarkeit? Fehlanzeige.

Die Abstandsregeln gelten natürlich auch für den Wettelsheimer Keller. Dadurch finden auf den vier Terrassen deutlich weniger als die Hälfte der üblichen Biertischgarnituren Platz. "Das merken wir schon, weil wir ja nur fünf Monate geöffnet haben", sagt Walk. Auch das Personal bekommt das zu spüren: Küche und Bedienung werden abgespeckt, zusätzliche Aufgaben muss die Wirtsfamilie übernehmen, weil die Einnahmen nicht reichen werden.

Der Aufwand, um die Vorgaben einzuhalten, ist indes immens. "Wir brauchen zum Beispiel Ketchup und Mayo in Päckchen, weil wir keine Flaschen hinstellen dürfen", erklärt Walk. Außerdem muss das Personal die Gäste gruppenweise zu den Tischen bringen. Dort liegen dann Zettel, auf denen die Besucher Name Adresse und Telefonnummer sowie die Uhrzeiten eintragen müssen, zu denen sie gekommen und wieder gegangen sind. "Wie das gehen soll, wissen wir auch noch nicht", meint die Wirtin kopfschüttelnd.

Wirte konnten nicht planen

Verständnis für die Nöte der Gastronomen hat das Treuchtlinger Ordnungsamt. "Der Informationsfluss war nicht gerade gut", bekennt der zuständige Mitarbeiter Jens Meyer. Stadt, Landratsamt und Polizei hätten gleichermaßen bis Mitte letzter Woche keine verbindlichen Aussagen treffen können, weil die Vorgaben aus München fehlten. "Wir haben derzeit auch nicht mehr Informationen als alle, die die Pressekonferenzen verfolgen", so Meyer. "Die Gastronomie muss aber planen und Waren bestellen können, dafür ist das nun alles zu kurzfristig."

Und was, wenn sich die Biergartenbesucher nicht an die Corona-Regeln halten? "Die Wirte sind da zunächst selbst in der Pflicht", erklärt Treuchtlingens Polizeichef Dieter Meyer. Das gefalle vielen zwar nicht, da sie als Geschäftsleute nötigenfalls ihre eigenen Kunden ermahnen oder sogar vor die Tür setzen müssen. "Die Polizei kommt aber nur, wenn der Wirt sein Hausrecht nicht selbst durchsetzen kann", so Meyer.

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