Treuchtlingen: Krankenhaus-Mitarbeiter sind frustriert

25.7.2018, 06:01 Uhr
Treuchtlingen: Krankenhaus-Mitarbeiter sind frustriert

© Benjamin Huck

Seit 2007 arbeitet Stefanie Mex als Gesundheits- und Krankenpflegerin am Stadtkrankenhaus. Auf die Schließung der Einrichtung war sie zwar vorbereitet, dass diese nun schon zum Jahresende 2018 erfolgen soll, hat sie doch einigermaßen überrascht. „Wir haben alle Verträge ab dem 1. Juni 2019, weil auch die Gunzenhäusener davon ausgegangen sind, dass unser Haus bis Ende Mai 2019 offen sein wird“, berichtet Mex.

In den Unterlagen zur weiteren Entwicklung des Stadtkrankenhauses war auch vom „Ausscheiden der Mitarbeiter“ am 31. Mai 2019 die Rede – spätestens. Doch auch das Datum 31. Dezember stand schon im Raum und war auch der Wunschtermin der Stadt. Die Folge für die Mitarbeiter: sie müssen zum Teil fünf Monate ohne Anstellung überbrücken. „Die Stadt rühmt sich sehr mit dem Thema Abfindungen, welche auch im Sozialplan bereits geregelt waren. Dieser Plan sieht durchaus für einen, nicht geringen Teil des Personals, keine Abfindung vor“, sagt Krankenpflegerin Mex und nennt sich selbst als Beispiel.

Vor elf Jahren hatte sie mit der Arbeit am Stadtkrankenhaus begonnen und ging dann in Elternzeit. Als sie 2011 zurück wollte, konnte sie zum vereinbarten Termin nicht wieder eingestellt werden, da der Verwaltungswechsel vom Klinikum Ingolstadt zu den Landkreiskliniken vollzogen wurde. Nach einer kurzen Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber ist Mex seit 2015 wieder im Dienste des Gesundheitszentrum.

„Jetzt erhalte ich nicht einmal eine Kündigung, weil ich einen befristeten Vertrag ‚bis Schließung des Krankenhauses‘ erhalten habe“, so Mex. Von einer Abfindung hatte sie eigentlich nie geträumt. „Aber es war immer im Gespräch, dass wir entweder bis 31. Mai 2019 im Krankenhaus arbeiten werden oder, falls das Haus eher schließen sollte, man den Lohn bis einschließlich Mai erhält, ob in monatlicher Form oder in Form einer Einmalzahlung zum Jahresende 2018.“

Datum stand bereits länger fest

Bürgermeister Werner Baum sagt dazu, dass mit Stadtratsbeschluss vom 30. Juni 2016 durch den Stadtrat entschieden wurde, den Betrieb des städtischen Krankenhauses spätestens zum 1. Januar 2019 einzustellen. Dies wurde den Mitarbeitern erstmals bei einer Versammlung am 25. Juli 2016 mitgeteilt und sie auch in weiteren Gesprächen immer auf dem aktuellen Stand der Entwicklungen gehalten.

Da es bei der Anstellung von Mitarbeitern bei den zukünftigen neuen Arbeitgebern um komplett neue Arbeitsverhältnisse handelt, liege die letztendliche Entscheidung, wann die Mitarbeiter eingestellt werden, bei den jeweiligen zukünftigen Trägern, so Baum weiter. Der Sozialplan sieht in Abhängigkeit der Beschäftigungszeit und des Lebensalters eine Abfindung vor. Zusätzlich haben die Mitarbeiter Anspruch auf Arbeitslosengeld 1.

Für die fünf Monate müsste Stefanie Mex sich also arbeitssuchend melden. Das Arbeitslosengeld reiche allerdings nicht zum bestreiten ihres Lebens aus – ein Hausbaukredit muss bedient werden, zudem hat sie zwei Kinder. „Nachdem ich in Gunzenhausen schon einen Vertrag ab Juni unterschrieben habe, werde ich jetzt Probleme haben, für fünf Monate eine Anstellung zu finden“, meint Mex.

Kritik an Bewerbungsverfahren

Sie findet auch das Bewerbungsverfahren, von der Stadt geleitet, im Nachhinein sehr fragwürdig: „Einerseits dieses strukturierte Timing, andererseits dann doch der relativ kurzfristige Entschluss zur vorgezogenen Schließung des Hauses und daher eingehender Probleme beim Antritt der neuen Arbeitsverhältnisse.“

Dass sich nicht alle Mitarbeiter am Verfahren beteiligt haben, erklärt sich die Gesundheits- und Krankenpflegerin damit, dass einige Mitarbeiter schon kurz vor der Rente stehen und sich für die verbleibenden Monate keine Stelle suchen wollten. Andere wollten nicht, dass die Stadt Einsicht in ihrer Unterlagen hat und haben sich derweil woanders beworben und Stellen in Aussicht. Sie vermutet, dass die Mitarbeiter, die nicht „ins Profil“ gepasst haben, aufgrund von Lebensalter und Ausbildungsstand einfach zu teuer waren.

Beim Gespräch mit der Redaktion ist auch deutlich die Enttäuschung bei Stefanie Mex zu hören, da das Krankenhaus heruntergewirtschaftet und wichtige Investitionen verschlafen worden seien – schon bevor die Schließung bekannt wurde.

Enttäuscht ist sie allerdings auch von den Treuchtlinger Bürgern. „Andernorts werden zwei Bäume im Stadtpark gefällt und aus Widerstand dagegen gründen sich Bürgerinitiativen. In Treuchtlingen ist nichts passiert. Man könnte fast meinen, den Bürgern sei die Zukunft des Krankenhauses egal.“ Wie das Engagement der Bürger für ihre Gesundheitsversorgung aussehen kann, beweist etwa die Stadt Hersbruck in Nürnberger Land. Dort soll das örtliche Krankenhaus, eines von dreien im Landkreis, ebenfalls geschlossen werden. Eine Bürgerinitiative hat sich gegründet, es gab Demonstrationen vor dem Gesundheitsministerium in Nürnberg

Welchen Verlust die Schließung des Krankenhauses nach sich ziehe, könne der Einzelne heute vielleicht noch nicht abschätzen, meint Mex. Sie verweist auf die Zeiten, als von einer Entbindungsstation über eine Urologie, einer großen internistischen Station bis hin zu einer breitgefächerten Chi­rurgie, in der man von der Bauchoperation bis zum Gelenksersatz alles operieren konnte, vieles vorhanden war. „In meinen Augen ist das Wort ‚Verlust‘ noch untertrieben.“

Lobende Worte hat Mex aber auch parat – für ihren neuen Arbeitgeber, das Klinikum Altmühlfranken in Gunzenhausen. Zwar werden dort bis zum Juni die Bauarbeiten für die geriatrischen Stationen noch nicht fertig sein. Dennoch können die neuen Mitarbeiter bereits auf anderen Stationen aushelfen, etwa als Urlaubs- und Krankheitsvertretung. „Dann ist man wenigsten beim eigentlichen Start mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut.“

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