Treuchtlingens Mitte: Der wandelbare „Walli“

6.4.2018, 06:04 Uhr
Treuchtlingens Mitte: Der wandelbare „Walli“

© Patrick Shaw/TK-Archiv

In der zweiten Märzwoche 1972 rückten die Bagger an. Der Firma Köhnlein aus Wettelsheim fiel die Aufgabe zu, die drei traditionsreichen Anwesen dem Erdboden gleich zu machen: das kleine Eppelein-Haus an der Ecke Hauptstraße/Bahnhofstraße, das angrenzende Uhren-, Optik-, Gold- und Silberwarengeschäft Schlachtberger mit seinem markanten, überkragenden Dach sowie den Hof des Landwirts Friedrich Meyer im Zentrum des künftigen Platzes.

Auch dem zu weit in die Bahnhofstraße hineinragenden Haus der Familie Bauer gegenüber ging es später noch „an den Kragen“. Bis heute erhalten blieben dagegen die Gebäudezeilen entlang der Hauptstraße mit der Brauerei Karl Roth (heute Wallmüllerstuben) und dem Kaufhaus Fritz Hose (heute Juttas Modetreff) sowie entlang der schmalen Gasse, die heute die Nordostseite des Wallmüllerplatzes bildet. Dort waren damals der Textilwarenladen Hausmann (heute Dr. Löwer), die Buchhandlung Graf (heute Optiker Ansichtssache), das Elektrogeschäft Völkel (bis 2017 Uhren Straßner) und das Modehaus Glunger (heute Eisdiele La Piazetta) ansässig.

Laut Treuchtlinger Kurier vom 16. März 1972 sollte der Bau des neuen Platzes „der bisher ungegliederten Innenstadt zu neuem Leben verhelfen“ und Raum für eine „großzügigere Verkehrslösung“ schaffen. Allerdings wurden aus dem Abrissgelände zunächst nur eine breitere Fahrbahn und sechs Parkplätze. Erst im September 1974 entstanden der Brunnen und die Beete mit den sechseckigen Betonwaben, die den Platz für die nächsten vier Jahrzehnte prägen sollten.

Zuvor hatte die Stadt die drei Anwesen gekauft und vom Bauhof noch „alle brauchbaren Dinge wie die Schaufenster der Geschäfte“ ausschlachten lassen. Wie beim aktuellen Umbau sollte der Platz auch damals „bis zum Volksfest fertiggestellt sein“.

„Mit etwas Wehmut im Herzen sahen viele vor allem der älteren Zuschauer ein gewohntes und liebgewordenes Stück Alt-Treuchtlingen verschwinden“, hieß es am zweiten Abrisstag, 10. März 1972, im Treuchtlinger Kurier. „Doch aus ihren Kommentaren war zu entnehmen, dass die Stadt an dieser Stelle doch viel schöner aussehen wird als vorher, vor allem wenn ein Teil der Häuser am Wallmüllerplatz bald neu verputzt wird, wie das von einigen Besitzern bereits geplant ist. Die Fassaden prägen das Bild des neugeschaffenen Platzes entscheidend.“ Eine Mahnung bis in die heutige Zeit?

Eine weitere Parallele zwischen damals und heute ist schließlich der mangelnde Denkmalschutz. Denn der Untergrund in der lang besiedelten Treuchtlinger Stadtmitte ist eine potenzielle Fundstätte für Archäologen und als solche auch in Karten verzeichnet. Doch während eine Sicherung eventueller Funde in den 1970er Jahren noch nicht unbedingt zum Standard gehörte, haben Stadt und Landratsamt diesmal schlicht versäumt, das Landesamt für Denkmalpflege an der Baumaßnahme zu beteiligen.

Als dies auffiel, war es bereits zu spät: „Wir hatten noch einen Ortstermin, aber da waren die Arbeiten schon zu weit fortgeschritten“, bedauert der stellvertretende Referatsleiter Martin Nadler. Das sei „dumm gelaufen“. Allerdings gebe es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich Bodendenkmäler zerstört wurden, die nicht schon zuvor Opfer der regen Umbautätigkeit auf dem „Walli“ wurden.

[aktualisiert am 09.04.2018, 10.45 Uhr]

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