Treuchtlinger Bahnhof war einst belebter

22.5.2018, 06:09 Uhr
Treuchtlinger Bahnhof war einst belebter

© Dollinger

Wie berichtet wünschen sich die Pendler am Morgen einen durchgehenden ICE nach München, der in Treuchtlingen startet. Das lehnt die Bahn allerdings mit dem Verweis ab, dass sich der Zug im eigenwirtschaftlichen Fernverkehr nicht rentiere. Ein ehemaliger Bahnmitarbeiter kann sich beim Gespräch mit der Redaktion an ein Angebot erinnern, das die Bahn bereits vor über zehn Jahren eingestellt hat: Die Interregios.

Deren Geschichte geht auf die 1980er-Jahre zurück, als die Bahn versuchte, mehr Kunden zu gewinnen. Die Züge sollten im Takt auf langen Strecken fahren, ohne Umsteigen viele Orte erreichen und zudem günstige Fahrpreise bieten. Nach der Entwicklung neuer Waggons und eines Stre­ckennetzes, feierten die IRs im September 1988 ihre Eröffnungsfahrt.

Ein Blick in den Fahrplan 1996, der sich im Redaktionsarchiv befindet, zeigt, dass Treuchtlingen von drei IR-Linien angefahren wurde. Bereits 2000 war es nur noch eine Linie von Würzburg über Treuchtlingen nach München.

Schon damals wohl bei Pendlern beliebt war der IR 2095, der um 6.28 Uhr in Treuchtlingen abfuhr und mit Halt in Donauwörth und Augsburg um 7.41 Uhr in München ankam sowie anschließend nach Salzburg weiterfuhr. Der Zug wurde schließlich durch den IC 2087 ersetzt, der heute acht Minuten länger unterwegs ist als sein Vorgänger vor zwei Jahrzehnten.

Sämtliche Interregios wurden ab 2002 schließlich Stück für Stück eingestellt und nur teilweise durch IC- oder ICE-Züge ersetzt. Manche Experten, wie etwa Karl-Dieter Bodack, der Autor des Buchs „InterRegio“ und einst Vorstandsmitglied der Bundesbahn, kritisieren die Entwicklung, die die Deutsche Bahn seit Ende der 1990er Jahre zurückgelegt hat. So sei für den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsszüge eine Reisekultur geopfert worden, für die die Interregio-Züge standen: Ein Zug, der durchs ganze Land fuhr, Komfort und Service bot, oder, wie ihn die Bahn später selbst bewarb: „Ein menschlicher Zug“.

Auch die Pendler würden sich mehr Züge wünschen, die ohne viele Zwischenhalte von Treuchtlingen in die Ballungszentren fahren. Der eigenwirtschaftliche Fernverkehr der Bahn mit ICE und IC hält von der Idee nichts, da die Passagierzahlen ziemlich stark steigen müssten.

Die für die Bestellung des Nahverkehrs im Freistaat zuständige Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) verweist darauf, dass sie die Belange des Schienenpersonennahverkehrs und damit die Anbindung kleinerer Stationen an den Fernverkehr und die bayerischen Ballungsräume berücksichtigen muss. „Dies wird durch eine stündliche Regionalzug-Verbindung von Treuchtlingen über das Altmühltal und Ingolstadt nach München realisiert.“

Nachtzug als Alternative?

Ein anderer Leser schlug vor, den österreichischen Zug „Nightjet 40491“, der in den frühen Morgenstunden von Nürnberg nach München fährt, in Treuchtlingen halten zu lassen. Bis Mitte der 2000er-Jahre hielten bereits regelmäßig Nachtzüge in der Altmühlstadt. Doch auch diese Halte wurden gestrichen, Ende 2016 stellte die Bahn schließlich ihr gesamtes Nachtzugnetz ein. Einige Verbindungen haben nun die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) übernommen.

Die ÖBB teilten auf Anfrage mit, dass es mit einem Halt des Nightjets in Treuchtlingen eher negativ aussehen werde, da die ÖBB nicht zu viele nächtliche Halte bei den Nachtzügen haben wolle. „Wir werden aber prüfen lassen, ob das in diesem speziellen Fall nicht doch Sinn macht“, so ein Sprecher. Ein Pendlerabo sei allerdings nicht umsetzbar, da die ÖBB solche Angebote im Nightjet generell nicht anbieten können, da diese auf Langstreckenreisende ausgerichtet seien und Reservierungspflicht bestehe.

Wegen des Fernverkehrs mussten die Treuchtlinger schon im Dezember 2017 eine Ausdünnung des Fahrplans hinnehmen. Denn der Halt der Spätverbindungen des Allgäu-Franken-Express (AFEX) am Wochenende von Lindau und Oberstdorf nach Nürnberg wurde gestrichen – damit in Nürnberg die ICEs in alle Richtungen problemlos erreicht werden können.

Die Züge stellen laut Bayerischer Eisenbahngesellschaft (BEG) zwischen Augsburg und Nürnberg einen temporären Fernverkehrsersatz für die Anbindung Augsburgs an den Fernverkehrsknoten Nürnberg dar. Denn die DB-Fernverkehr hatte mit Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Nürnberg-Ingolstadt im Jahr 2006 das Fernverkehrsangebot von Nürnberg nach München über Augsburg deutlich verringert, so dass der Freistaat Bayern seinerzeit gezwungen war, übergangsweise mit einer Nahverkehrsbestellung für den Erhalt der Fernverkehrsanbindung des Allgäus an Norddeutschland einzuspringen.

Die Zwischenhalte in Treuchtlingen seien bei diesen beiden AFEX-Zugpaaren derzeit nicht möglich, ohne die wichtigen ICE-Anschlüsse in Nürnberg Hauptbahnhof zu gefährden, heißt es auf Anfrage von der BEG. „Im Südabschnitt ist der Allgäu-Franken-Express in ein komplexes integrales Taktsystem mit wichtigen Anschlüssen südlich Augsburgs eingebunden und damit ebenfalls nicht variabel.“

Eine Wiedereinrichtung der AFEX-Halte in Treuchtlingen sei problematisch, da mit Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Nürnberg-Ebensfeld-Erfurt das gesamte Fahrplankonzept des Fernverkehrs neu aufgestellt wurde und sich damit im Nürnberger Hauptbahnhof auch die Übergangszeiten vom AFEX zum Fernverkehr in Richtung Norden verändert haben. Zumindest die Frühverbindung um 7.48 Uhr nach Südschwaben gibt es noch.

Private Konkurrenz?

Ein neuer Akteur könnte demnächst Bewegung ins Spiel bringen: Flixtrain. Der Ableger des Fernbusunternehmens „Flixbus“, das nun unter dem Namen „Flixmobility“ firmiert, hat Anfang März den Versuch eines privaten Fernverkehrszugs von Köln nach Frankfurt gestartet, die Strecke von Stuttgart nach Berlin soll im Sommer dazu kommen.

Denn Flixmobility-Chef André Schwämmlein hat kürzlich in einem Interview mit der Wirtschaftswoche erklärt, dass er sich auch Züge auf der Strecke von Berlin nach München vorstellen kann. Gut möglich, dass diese Züge dann auch über Treuchtlingen fahren, da dort die Trassenpreise güns­tiger sind als auf der Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt. Ob die Züge dann auch in Treuchtlingen halten, ist noch nicht absehbar.

Die Pendler hat auch eine Meldung überrascht: die Bahn möchte ihre ICE-Flotte massiv ausbauen. So sieht ein Rahmenvertrag mit dem Hersteller Siemens den Kauf von 300 neuen ICE-Zügen vor, einen dreistelliger Milliardenbetrag will die Bahn investieren, sagte Bahnchef Richard Lutz dem Handelsblatt.

Das alles ist freilich noch Zukunftsmusik und auch sehr ungewiss. Die Pendler nach München wollen zumindest, dass sich bald etwas für sie ändert. Bei einem Treffen mit Bürgermeister Werner Baum haben sie kürzlich ihre Wünsche zur Sprache gebracht. Baum versicherte, sich für einen durchgängigen ICE am Morgen von Treuchtlingen nach München einzusetzen. Außerdem will er mit der Bahn über einen Regionalzug sprechen, der später als 21.30 Uhr von München nach Treuchtlingen fährt.

Allerdings wollte Baum auch die Erwartungen dämpfen, hat er doch schon öfters mit der Bahn über diese Themen gesprochen. Doch zumindest eines sollte problemlos möglich sein: Dass der ICE von Donauwörth nach München, auf den viele Pendler angewiesen sind, beim nächsten Mal ein oder zwei Minuten länger auf die Pendler aus Treuchtlingen wartet – wenn diese wieder im verspäteten Regional-Express festsitzen. Nicht, dass ihnen noch einmal der Fernzug vor der Nase wegfährt.

Die Bahn hat den Pendlern dazu geschrieben, dass es schwierig sei, wenn der ICE in Donauwörth warten muss. Denn dahinter folgt unmittelbar ein Nachtzug der Österreichischen Bundesbahnen. Würde der ICE auf den verspäteten Regional-Express warten, hätte dies eine Kettenreaktion im dicht belegten Bahnknoten München zur Folge. „Die Verkehrsleitung wurde auf die besondere Situation in Donauwörth hingewiesen, damit sie bei künftigen Abwägungen stärker berücksichtigt wird. Wir können Ihnen hier aber keine konkreten Zusicherungen machen“, heißt es in dem Schreiben.

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