Treuchtlinger Klärwerk ist im Krisenmodus

6.4.2020, 05:57 Uhr
Treuchtlinger Klärwerk ist im Krisenmodus

© Archivfoto: Benjamin Huck

Eigentlich würden wir die ersten Frühlingstage am liebsten an der frischen Luft verbringen. Dort, wo die Bäume jetzt allmählich wieder ergrünen, wo Blumen sprießen und die Forsythien blühen. Ein Spaziergang durch den Park ist zwar trotz der geltenden Ausgangsbeschränkungen nicht verboten, viel mehr als eine Runde um den Block soll es aber nicht sein. Statt in Cafés und auf Picknick-Decken sitzen die meisten Menschen jetzt zu Hause. Selbst in die Arbeit pendeln viele nicht mehr, versuchen vom Laptop aus produktiv zu sein.

In der Treuchtlinger Kläranlage merkt man bislang jedoch kaum etwas vom veränderten Verhalten der Menschen. "An der Abwassermenge spüren wir nichts", sagt Reinhold Zink. Er ist Abwassermeister im hiesigen Klärwerk. Bei trockenem Wetter schleusen er und seine Kollegen täglich rund 5000 Kubikmeter – das entspricht fünf Millionen Litern – schmutziges Wasser durch die Anlage. Sobald es regnet, wächst die Menge noch deutlich an. Für etwa 45 000 Einwohner ist die Kläranlage ausgerichtet. "Über den Tagesverlauf hinweg gibt es natürlich Spitzen, zum Beispiel morgens um sieben, wenn alle auf die Toilette gehen", berichtet Zink. Das allgemeine Homeoffice habe aber keine messbaren Auswirkungen: "Ob tausend Leute mehr oder weniger daheim sind, ist für eine Anlage unserer Größe eigentlich egal."

Mitarbeiter wechseln sich ab

Das Coronavirus stellt die Treuchtlinger Kläranlage technisch also vor keine besonderen Herausforderungen – personell aber schon. "Wir haben die Besetzung auf ein Minimum reduziert", sagt Charly Bösel, Leiter des Tiefbaus bei der Stadt. Seit die Ausgangsbeschränkungen in Bayern gelten, sind die Mitarbeiter in zwei Teams aufgeteilt. Die Gruppen wechseln sich wöchentlich ab, bleiben entweder zu Hause oder arbeiten in der Anlage. Sollte es zu einer Infektion kommen, bleibt nur das betroffene Team zu Hause, die zweite Gruppe kann weiterhin arbeiten. "Alle versuchen, Abstand zu halten, um sich nicht anzustecken", erklärt Bösel. Eine besondere Gefahr, sich zu infizieren, sieht er für seine Mitarbeiter nicht. "Nach allem, was die Experten sagen, sollte das Virus im Abwasser nicht oder nur noch in Teilen vorhanden sein."

Weil Toilettenpapier zeitweise knapp war, wichen manche auf Alternativen aus – zum Beispiel Feuchttücher. In einigen Klärwerken führte das zu Verstopfungen. Der Treuchtlinger Abwassermeister bleibt gelassen: "Wenn man die richtige Pumpentechnik einsetzt, hat man da keine Probleme." Zusätzliche Arbeit können Zink und seine Kollegen angesichts der knappen Besetzung momentan auch nicht gebrauchen.

Die Labormessungen zur Wasserqualität fänden aber wie gewohnt statt, sagt der 55-Jährige, nur die technische Überprüfung der Außenanlagen werde derzeit etwas seltener durchgeführt. Alles geht eben nicht mit halber Personalstärke. Wäre da nicht Homeoffice eine Option? "Das ist für mich jetzt schon das Unwort des Jahres", sagt Zink lachend. "Wenn eine Pumpe kaputt ist, dann muss man eben raus und die reparieren." Allerdings könne man per Laptop immerhin auf die Steuerungstechnik der Anlage zugreifen. Doch das Team, das zu Hause bleibt, soll eigentlich nicht arbeiten. Dienstfrei gibt es aber nicht. Die Stadt ordnete zunächst an, Überstunden abzubauen – inzwischen soll das aber doch nur freiwillig geschehen.

Klärwerk als Müllhalde

Die Männer in der Kläranlage haben es übrigens nicht nur mit schmutzigem Wasser zu tun. Etwa 60 Tonnen Müll werden jedes Jahr über die 150 Kilometer Kanalnetz ins Klärwerk geschwemmt. "Es gibt nichts, was da nicht ankommt", weiß Zink, der seit 25 Jahren in der Anlage arbeitet. "Da gibt es Plastik, Putzlappen oder auch Holzteile von Baustellen". Offenbar werden Toiletten und Gullys nicht selten als Mülleimer missbraucht. Daran wird wohl auch der corona-bedingte Hausarrest nichts ändern.

Keine Kommentare