Treuchtlingerin erzählt vom Bürgerkrieg in Sri Lanka

24.12.2017, 06:05 Uhr
Treuchtlingerin erzählt vom Bürgerkrieg in Sri Lanka

© Ishara Kodikara/afp

Der junge Mann auf dem Foto strahlt. Dank einer Spende aus einem fernen Land hat er nun endlich ein Fahrrad. Eigentlich wollte Rita Franz dem einbeinigen Jungen eine Prothese verschaffen. Er wünschte sich stattdessen aber lieber das Fahrrad, um den langen Weg zur Schule bewältigen zu können. Rita Franz organisierte dies im August, fuhr über 600 Kilometer zu dem Jungen. Nun hat er sein Wunschfahrrad. Ihre Linie ist direkt. Sie sagt, jeder Cent, der von Spendern hart erarbeitet wurde, soll in Sri Lanka sicher ankommen.

Sri Lanka – die Insel im Indischen Ozean ist ein bisschen kleiner als Bayern und hat etwa 21 Millionen Einwohner. Die meisten Menschen (70 Prozent) sind Buddhisten, doch in einigen Regionen im Norden sind die hinduistischen Tamilen in der Mehrheit. Sie hatten eine Unabhängigkeit ihrer Gebiete gefordert – was von 1983 bis 2009 in einen blutigen Bürgerkrieg mündete. „Damals durfte niemand in den Norden fahren, er war vom Militär abgeriegelt“, sagt Rita Franz.

Sie selbst stammt aus Ratnapura in der Mitte der Insel, wo der bewaffnete Konflikt nicht ausgetragen wurde. Sie ist 2002 nach Treuchtlingen gekommen und hat damals ihren Mann Peter geheiratet. Sie ließen sich am Winkel nieder und haben inzwischen zwei Kinder. Mindestens zweimal im Jahr besuchen sie ihre Verwandten in Sri Lanka, die Familie unterstützt die Menschen vor Ort. 2008 konnte die Familie erstmals ihrer Kirchengemeinde in Sri Lanka helfen. 1000 Euro gab es von der katholischen Kirchengemeinde Treuchtlingen sowie einmal die Kollekte der Maiandacht vom Frauenbund für ein Kinderheim.

Treuchtlingerin erzählt vom Bürgerkrieg in Sri Lanka

© Benjamin Huck

Nach dem Ende des Bürgerkriegs hat die Regierung die Kontrolle über die Landesteile im Norden übernommen. Bis zu 100.000 Tote gab es geschätzt, viele Menschen haben immer noch körperliche und seelische Wunden, zahlreiche Gebäude sind zerstört. Zum Bürgerkrieg kam auch der Tsunami im Indischen Ozean am 26. Dezember 2004, der über 45.000 Menschenleben kostete. Inzwischen gelten die nördlichen Landesteile als relativ sicher, auch für Urlauber. „Nun können die Touristen wieder um die ganze Insel reisen“, sagt Rita Franz.

Viele Waren sind Luxus

Rita Franz sah das große Elend in ihrem Heimatland und überlegte, wie sie noch mehr helfen kann. Begonnen hat ihr Hilfsprojekt im Frühjahr 2009 im städtischen Kindergarten mit dem Aufruf, nicht mehr benötigte Spielsachen und Kleidung für bitterarme Menschen in Sri Lanka zu spenden. Das Projekt wurde „Mittels Wäscheleine nach Sri Lanka“ benannt. Auch wurde eine Spendendose aufgestellt, um für ein Kinderheim zu sammeln. Von dem Erlös kaufte Rita für etwa 30 Mädchen je ein Handtuch, eine Seife und eine Tafel Schokolade. Alles Luxusartikel für die Bewohner des Landes, die nicht viel verdienen, aber trotzdem hohe Preise zahlen müssen, so Rita Franz: „Reis ist in Sri Lanka teurer als in Deutschland, obwohl er dort angebaut wird.“

Seit fünf Jahren betreibt Rita Franz ein Kosmetik- und Massagestudio im Winkel. Von Anfang an spendete sie zehn Prozent des Umsatzes für ihr Heimatland. Ihre Kunden erfuhren durch Gespräche während der Behandlung von ihrem Engagement und unterstützten sie durch Aufrunden des Behandlungspreises.

Rita Franz erzählte hier und da von diesem Schicksal und erhielt daraufhin 17 gebrauchte Trikots und von K&K Sportbeutel geschenkt. Die Freude in Jaffna, ganz im Norden von Sri Lanka, war groß. 2015 feierte sie einen runden Geburtstag und bat alle Gäste, anstatt Geschenke Geld für Trikots für die gesamte Schule in Jaffna zu spenden.

In Ritas Heimatdorf bezahlte sie mit den Spenden einer Familie ein Fundament, deren Haus durch einen Erdrutsch fast verloren war; einem fast gehörlosen Mädchen gab sie ein Hörgerät. Eine jungen Familie, welche in einem Plastikzelt wohnte, erhielt die Mittel für ein kleines Steinhaus. Familie Franz sah auch ein im Baustopp befindliches Haus mit vier nackten Wänden. Sie beschlossen spontan, auf eine Urlaubstour zu verzichten und finanzierten dieser Familie ein Dach.

Menschen werden alleingelassen

Eine andere Familie wohnte hoch oben auf einem Berg. Sie hatten kein Wasser, es zu beschaffen war sehr beschwerlich. Familie Franz hat das Bauen und Graben eines acht Meter tiefen Brunnens sowie den Kauf einer Pumpe organisiert und finanziert. Später kamen noch ein Wassertank und Wasserleitungen hinzu. Vier Familien bekamen durch ihre Hilfe Strom in ihr Haus.

Treuchtlingerin erzählt vom Bürgerkrieg in Sri Lanka

© Rita Franz

Neben der allgemeinen Armut sind die Folgen des 26 Jahre andauernden Kriegs dem Land noch deutlich anzumerken. Eine Freundin von Rita, Nilusha, berichtete ihr von der Not eines Militärheims. Nilushas Mann arbeitet dort. Der nächste Besuch ging also dorthin. Sri Lanka hat 14.500 schwerstbehinderte Soldaten, 26.000 sind im Krieg verstorben. Dieses Heim brauchte dringend neue Servietten und Tischdecken – auch ein Luxusgut. Rita bezahlte mit den Spenden den Stoff, Nilusha nähte ihn.

Ein Freund von Rita Franz, Vijith Subasingha, ist Militärchef, der nun Minenfelder reinigt. Als er einen Sportplatz sanierte, entdeckte er diesen Jungen, der mit Leidenschaft mit einem Bein und Krücken Fußball spielte. Er bat Rita um ein Fußballtrikot und einen Sportschuh für den Jungen, der im Krieg auf einem Minenfeld ein Bein verloren hatte. Der Soldat bewunderte den Jungen, der mit Zähigkeit Fußball spielte, er wollte ihn weiter motivieren.

Ritas Kundin Sonja besorgte gebrauchte Trikots von elf Mannschaften des TSV 1860 Weißenburg, von denen sieben Sätze schon in Sri Lanka benutzt werden. Mehr Gepäck konnte die Familie im August nicht mitnehmen und sie mit der Post zu verschi­cken, kostet zu viel Geld. Außerdem möchte Rita Franz dabei sein, wenn die Spenden ankommen. So sieht sie die Freude in den Gesichtern der Menschen ihrer alten Heimat.

 

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