Wasserstoff: SPD äußerte Vorwürfe im Stadtrat

17.4.2021, 12:01 Uhr
Wasserstoff: SPD äußerte Vorwürfe im Stadtrat

© Foto: GP Joule

Anders als sonst üblich wurde bei der Sondersitzung des Gesamtstadtrats am Donnerstagabend zunächst nicht öffentlich über die Wasserstoff-Thematik diskutiert. Es ging darum, einen Gesellschaftsvertrag zu unterzeichnen und gemeinsam mit dem Buttenwiesener Unternehmen GP Joule eine GmbH zu gründen.

Diese wird es nun geben und sie trägt den Namen "Neue Energien Treuchtlingen GmbH". Über sie werden in den nächsten Monaten und Jahren alle Planungen und Projektschritte rund um das mögliche Wasserstoff-Projekt für Treuchtlingen abgewickelt.

"Unter Zeitdruck entschieden"

Da die Diskussion sowie die Detailfragen der einzelnen Stadträte zu dem Vertrag und der Beschluss selbst allesamt unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden haben, ist dem Treuchtlinger Kurier nicht bekannt, welche Stadträte sich letzt-
lich gegen die Gründung der Gesellschaft entschieden haben und warum.


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Lediglich zwischen den Zeilen war zu entnehmen, dass wohl etwa zwei oder drei Gegenstimmen aus den Reihen der SPD/JBG-Fraktion gefallen sind und diese Stadträte wohl nicht die Kooperation oder Wasserstoff an sich nicht gutgeheißen haben; sie fanden wohl zum einen die Austrittsklausel aus dem Vertrag und zum anderen die Vorgehensweise verkehrt, dass eine Gesellschaft gegründet werden muss, noch bevor es ein Gutachten über die grundsätzliche Eignung von Treuchtlingen für einen Energiemix mit Wasserstoff gibt.

Ergebnisoffenes Vorgehen

Als die Saalöffentlichkeit hergestellt wurde, bekam zunächst jede Fraktionen die Gelegenheit, ihren Standpunkt zur Gründung der Gesellschaft öffentlich zu äußern. Es dauerte keine fünf Minuten, bis ernste Vorwürfe vonseiten der SPD/JBG-Fraktion auf dem Tisch waren. Wie Fraktionsvorsitzende Kerstin Zischler erklärte, habe man sich bei der Gründung der Gesellschaft einem gewissen Zeitdruck ausgesetzt gesehen. Über die gesamten letzten Wochen "liefen sie dem Wissensvorsprung hinterher", hieß es. Ein Vorwurf, den die anderen Fraktionen entschieden zurückwiesen.


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Teil dieser Argumentation war außerdem, dass in der Öffentlichkeit von Anfang an suggeriert worden sei, dass es sich um eine Gesellschaft, die nur Wasserstoff-Projekte realisieren möchte, handelt. Zwei Tage vor der Stadtratssitzung hatte nun allerdings eine Online-Fragerunde mit den beiden Betriebsleitern der Firma GP Joule stattgefunden, bei dem die Sachlage anders aufgeklärt wurde: Demnach wolle man im ersten Schritt, im Rahmen der Machbarkeitsstudie, möglichst ergebnisoffen vorgehen. Das Ziel sei der bestmögliche Energiemix für die Stadt Treuchtlingen. Wasserstoff ist in diesem Sinne ein Kann – und kein Muss.

Fraktionen wiesen die Vorwürfe zurück

Wie die Bürgermeisterin der Stadt Treuchtlingen, Kristina Becker, auf Anfrage des Treuchtlinger Kuriers mitteilte, habe man allerdings diesbezüglich von vornherein mit offenen Karten gespielt. Offensichtlich gehen die Meinungen dahingehend aber auseinander und es herrscht zumindest zwischen der SPD/JBG-Fraktion und dem übrigen Stadtrat keine Einigkeit.


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Der Einfachheit halber sei hier auf die Äußerungen von Kristina Becker hingewiesen, die im Stadtrat als letzte Rednerin all jene Aspekte zusammenfasste, die auch Hubert Stanka (UFW), Hans König (TBL) und Uwe Linss (CSU) als Fraktionsvorsitzende als direkte Antwort auf den Vorwurf vonseiten der SPD-Fraktion vorgebracht hatten:

Der Wissensvorsprung, den die anderen Fraktionen angeblich gehabt hätten, sei tatsächlich nicht vorhanden, erklärte Becker. Darüber hinaus müsse es ihr zugestanden werden, "Erstkontakte selbst herzustellen". Sie könne schlichtweg nicht alle Beteiligten zu sämtlichen Terminen und Vorgesprächen mitnehmen, führte sie weiterhin aus. Und in der Sache selbst argumentierte sie, dass die Stadtwerke den energetischen Entwicklungen zuletzt immer hinterhergelaufen seien.

Fördertöpfe abschöpfen

"Jetzt hat man endlich die Möglichkeit voranzugehen", erklärte sie mit Blick auf das Vorhaben der Stadt, in puncto Wasserstoff ein Modell-Projekt zu realisieren. Es sei bei der Gründung der Gesellschaft Eile geboten gewesen, um weiterhin eine Vorreiterrolle einnehmen zu können – und somit auf die Fördertöpfe für den Ausbau einer Wasserstoff-Infrastruktur zugreifen zu können, erklärte sie.

Treuchtlingen solle durch die Energiewende nicht nur Mehrausgaben haben, indem die Stadt für teure Umspannwerke bezahlt – es müsse vielmehr einen Mehrwert für all jene Bürger der Stadt geben, die die Energiewende mit eigenen PV-Anlagen und der Partizipation in Nahwärmeprojekten selbst vorantreiben.


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Daraufhin stellte Susanna Hartl (SPD) klar, dass man nicht Wasserstoff an sich verteufle, sondern lediglich die Art des Diskurses beanstande. "Die Gelegenheit, Fragen zu stellen und den Partner GP Joule kennenzulernen, ist zu spät geschaffen worden", formulierte sie. Wie bereits erwähnt, fand eine Online-Fragerunde mit GP Joule zwei Tage vor der Stadtratssitzung statt. Tatsächlich wurde das Thema aber auch schon im Werks- und Bäder-Ausschuss am 18. März nicht öffentlich behandelt.

Im Stadtrat blieb es letztlich bei der eingangs dargestellten Meinungsverschiedenheit, ohne dass die eine Seite der anderen entgegenkam, Recht gab oder Unrecht einräumte.

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