"Werte schaffen": Sparda zog in Treuchtlingen Bilanz

20.4.2017, 06:05 Uhr

© Patrick Shaw

Dass der Vorstandsvorsitzende die Jahresbilanz der Sparda München persönlich im kleinen Treuchtlingen bekannt gibt, hat wegen der engen Verbindung zu seinem in der Altmühlstadt lebenden Vorgänger Günter Grzega schon Tradition. Dass er dabei offensiv politische Positionen vertritt, die so gar nicht zum gängigen Bild des neoliberalen Bankers passen wollen, gehört ebenfalls bereits zum „guten Ton“.

So deutlich wie diesmal wurde Helmut Lind dabei allerdings selten. „Die Einkommensschere geht immer weiter auseinander. Die Großkonzerne verdienen immer mehr und schaffen es auf die Seite. Da passt was nicht mehr“, so der Bankchef im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die Sparda München hat das laut Lind „bereits vor Jahren erkannt“ und misst ihren Erfolg deshalb nicht nur monetär, sondern in Form einer unabhängig zertifizierten „Gemeinwohlbilanz“. Ihr gehe es um „sinnstiftendes Wirtschaften“ und „die Weiterentwicklung zu einer ethischen Bank“. Die Belohnung: Rang acht bei Deutschlands besten Arbeitgebern im Wettbewerb des Instituts „Great Place to Work“, der Personalwirtschaftspreis der Techniker Krankenkasse im Bereich Gesundheit, ein „Sehr gut“ von Focus Money für die fairste Baufinanzierung sowie zum 24. Mal in Folge Rang eins beim „Kundenmonitor Deutschland“.

Dabei machen Überregulierung und Negativzins auch der Sparda München zu schaffen, wie Lind einräumt. Bei der um 487 Millionen auf knapp 7,2 Milliarden Euro gestiegenen Bilanzsumme hätte er sich „eher über weniger gefreut“. 7,5 Prozent mehr Einlagen stünden nur um 3,5 Prozent höheren Kreditvergaben gegenüber. Für das nicht angelegte Kapital bezahle die Bank mittlerweile jährlich rund eine Million Euro an „Strafzinsen“. Ob die so angestrebte Sanierung der europäischen Staatshaushalte tatsächlich den Bürgern nutze, bezweifle er stark.

Keine Spekulation, aber Gebühren?

Dementsprechend bricht die Sparda München heuer auch mit dem Versprechen der Gebührenfreiheit für Privatkonten. „Nein, das kann ich nicht mehr garantieren“, sagt Lind. Es sei aber derzeit noch kein Thema, und es werde „sicher weiterhin ein sehr günstiges Modell geben“. Mit riskanteren Anlageformen werde man dem „Anlage-Notstand“ dagegen nicht begegnen. Spekulations- und Rohstoffgeschäfte bleiben dem Bankchef zufolge tabu.

In Treuchtlingen betreuen die sechs Sparda-Mitarbeiter aktuell knapp über 3200 Kunden (plus 7,6 Prozent). Die Zahl der Girokonten wuchs um nach Linds Worten „gigantische“ acht Prozent, das Kreditgeschäft sogar um 14,7 Prozent auf ein Gesamtvolumen von 25,5 Millionen Euro. „Da soll nochmal einer sagen, im ländlichen Raum tue sich nichts“, so der Vorstandsvorsitzende. „Die Mitglieder honorieren, dass wir als gemeinwohlorientierte Bank Werte und Nachhaltigkeit mit der wirtschaftlichen Entwicklung auf eine Ebene stellen“, ist auch die stellvertretende Filialleiterin Angelika Steimle überzeugt.

Das eigentlich Besondere im Verhältnis der Genossenschaftsbank zur Altmühlstadt ist aber das soziale Engagement in Form von Spenden und Projekten. Mehr als 35.000 Euro ließ die Sparda im vergangenen Jahr in gemeinnützigen Einrichtungen vor Ort (2,9 Millionen Euro im gesamten Geschäftsgebiet), davon beispielsweise 2250 Euro für therapeutische Spiele im Babycafé des Vereins für Menschen mit Körperbehinderung, 1000 Euro für den neuen Gabelstapler der THW-Helfervereinigung sowie 4350 Euro für die städtische Kinderbetreuung und die Arbeit mit Asylbewerbern.

Heuer feiern Bank und Stadt zudem ein kleines Jubiläum: Zum fünften Mal richten sie gemeinsam beim Treuchtlinger Volksfest den „Ehrenamtsabend“ aus. Zum Dank für ihren Einsatz erhalten Inhaber der Ehrenamtskarte aus dem Landkreis dort ein halbes Hähnchen gratis und können sich zu den Klängen der Stadtkapelle kennenlernen und austauschen. Darüber hinaus beteiligt sich die Sparda anlässlich des Jubiläums mit einem eigenen Wagen am diesjährigen Festzug.

„Statt nur Geld auch Werte schaffen“ will die Sparda München auf diese Weise. Und ihr Vorstandsvorsitzender will sogar noch mehr: „Wir treten für eine neue Politik und Wirtschaftsordnung ein“, sagt Helmut Lind. Wie? „Durch Dialog und Netzwerke“, meint der 55-Jährige. Man dürfe „nicht müde werden, im persönlichen Umfeld tätig zu werden“. Und immerhin, so der gelegentlich als „Utopist“ abgestempelte Banker, „erzeugt die aktuelle Polarisierung der Gesellschaft auch wieder politisches Engagement“.

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