24.06.1971: Überall massive Proteste

24.6.2021, 07:00 Uhr
24.06.1971: Überall massive Proteste<br>

© Kammler

Eine Kundgebung, wie sie Nürnberg noch nicht erlebt hat, veranstalteten Tausende von Bürgern aus den betroffenen Orten und aus Langwasser. Nach Arbeitsschluß hatten sie sich abermals ins Auto gesetzt und in einer 12 Kilometer langen Kolonne die Südkaserne angesteuert. Die Polizei sorgte für die reibungslose An- und Abfahrt der rund 2500 Wagen, beklebt mit der Losung „Truppenübungsplatz vor den Toren Nürnbergs – niemals!“

In der Fragestunde des Landtags waren tagsüber bereits Ministerpräsident Goppel und Planungsminister Streibl von SPD- und FDP-Abgeordneten mit Fragen bombardiert worden. Sie versicherten, daß alle Gegenargumente in das landesplanerische Gutachten aufgenommen werden.

Im Landtag fällt heute auch die Entscheidung über den Dringlichkeitsantrag der SPD und FDP, kein militärisches Areal mehr in dichtbesiedeltes Gelände zu legen und insbesondere die Feuchter US-Pläne zu verhindern. In München rechnet man damit, daß auch die CSU das Begehren unterstützt, so daß die Gefahr endgültig gebannt ist.

Beim parlamentarischen Frage-und-Antwort-Spiel erfuhren die SPD-Abgeordneten Heiden und Adelmann vom Planungsminister, daß die Amerikaner weniger Gebiet beanspruchten. Die zusätzlichen 513 Hektar seien nur ins Auge gefaßt worden, „um die günstigste Lage des Übungsplatzes im Gesamtgelände zu erforschen“. Der FDP-Abgeordneten Dr. Hamm-Brücher versprach Streibl, sich zu merken, was sie in der Debatte herausgestellt hatte: die Bundesregierung habe unmißverständlich erklärt, daß Bonn keinerlei Veranlassung hat, den Wunsch der US-Streitkräfte zu erfüllen. Vorausgesetzt, die Landesregierung lehnt mit entsprechender Begründung ab.

Mißfallen erntete der Regierungschef bei Leonhard Heiden, als er erklärte, die Bevölkerung habe sich noch nie wegen des US-Flugplatzes beschwert. Der Fischbacher Abgeordnete empörte sich derart, daß er den Ministerpräsidenten schließlich fragte, ob er zu personellen Konsequenzen bereit sei, wenn ihm nachgewiesen werde, daß diese Information durch den Sachbearbeiter der Staatskanzlei falsch sei.

Friedliche Auffahrt

Friedlicher als im Landtag die Fragestunde vollzog sich die Auffahrt der 2500 Autos vor der Südkaserne, die von den amerikanischen Soldaten von den Fenstern und Dächern aus mit Interesse beobachtet wurde. Wegen der ungewöhnlich hohen Beteiligung begann die Kundgebung erst mit dreiviertelstündiger Verspätung.

Kaum hatte Rechtsanwalt Lorenz Graf, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Bürgerkomitees begonnen mit „Wir grüßen Ansbach, München und Bonn“, da drückten alle Autofahrer (und die Damen am Steuer) eine Minute lang auf die Hupen, ein ohrenbetäubendes Konzert, das sich am Ende der kurzen Kundgebung wiederholte.

Graf stellte in seiner Ansprache richtig: die Aktion richte sich nicht gegen Amerikaner, sondern gegen Truppenübungsplätze schlechthin. Außerdem bekräftigte er: „Niemand soll damit rechnen, daß die Zeit den Protest abschleift. Wir werden nicht ruhen und rasten, bis der verhängnisvolle Plan endgültig ad acta gelegt ist.“

Der Landtag hat es in der Hand, ob er und seine Mitarbeiter heute schon die Hände in den Schoß legen können.

Verwandte Themen


Keine Kommentare