Bürgerinitiative gegen Maklerwucher demonstrierte

30. Mai 1971: Die Kontrahenten trafen sich in aller Höflichkeit

30.5.2021, 10:05 Uhr
30. Mai 1971: Die Kontrahenten trafen sich in aller Höflichkeit

© Rudolf Contino

Die Bürgerinitiative fordert, dass Wohnungen, wie schon einmal gehabt, von den Gemeinden verteilt werden. Im Folgenden ein Eindruck von dieser Veranstaltung: Beinahe flehentlich bat die Stimme über das Mikrofon des VW-Busses: „Bitte stellen Sie sich der Diskussion.“ Es sah nämlich nicht so aus, als ob die Makler nach Beendigung ihrer Tagung gestern Nachmittag viel Lust hätten, sich mit der „Bürgerinitiative“, bestehend aus Jusos und anderen, darüber zu unterhalten, was für miese Kapitalisten diese Makler eigentlich seien. Ein Häuflein von 30 aufrechten Demonstranten hatte sich eingefunden und zeigte große Transparente vor. „Zwei Monatsmieten verlangen diese Parasiten“ und ähnliche Sprüche standen darauf und die Makler lasen‘s amüsiert. „Die sollen erst mal bei uns arbeiten“, sagte ein Maklerboss im feinen blauen Dienstanzug, „und dann sollen sie von dem, was sie durch Wohnungsmakeln verdienen, leben.“ Doch die Drohung wurde, weil gemurmelt, nicht gehört. „Soviel Geld haben wir gar nicht, daß wir diese Schilder aufstellen könnten“, bedauerte ein anderer und man war versucht, auf der Stelle einen Makler-Unterstützungsverein zu gründen.

Prominentester Teilnehmer an der Demonstration war der SPD-Landtagsabgeordnete Rolf Langenberger. Angesprochen auf die schlechte Beteiligung trotz Sonnenschein auf Meistersingerhalle und Park drum herum, meinte er völlig zu Recht: „Deswegen bleibt das Problem doch das gleiche.“ Noch bevor die ersten Demonstranten da waren, kam die Polizei. Die Blauen verteilten sich irgendwo im Gelände und blieben von da an unsichtbar. Die Transparente wurden links und rechts vom Meistersingerhallen-Ausgang entrollt, sie bildeten ein Spalier für die nach Hause strebenden Kongressteilnehmer. Die Damen rümpften ein bisschen die Nase, als sie da durch mussten, den Herren war‘s wurscht. Aber dann wurde doch miteinander und aneinander vorbeigesprochen. Höflich machte man sich Vorwürfe: die Makler verdienen zuviel am armen Wohnungssuchenden sagten die einen und: „Wir armen Makler kommen kaum auf unsere Unkosten“, war der Tenor der anderen.

Ungelöst blieb dabei die Frage, warum die Makler ihr Wohnungsgeschäft nicht an die Kommunen abtreten wollen. Denn das Argument, daß sie es nur deshalb nicht tun, weil ansonsten die ganze Bevölkerung für die kommunale Wohnungsmakelei aufkommen müsste, klang schon arg altruistisch aus dem Lautsprecher. Als die Transparente der Maklergegner gerade aufgerollt waren, wurden Schilder aus der Meistersingerhalle hinausgetragen, die aus der abgebauten Verkaufsausstellung im Foyer stammten. Auf dem einen stand: „Die Gesamt-Baufinanzierung ist der neue Weg zum eigenen Heim“. Naja. So wird es wohl immer bleiben.

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