Abi-Schnitt egal: Medizin-Studienplätze für spätere Landärzte

14.10.2020, 15:18 Uhr
Die ersten Medizinstudenten, die ihren Platz durch die bayerische Landarztquote bekommen haben, fangen Anfang November an den Universitäten an. 

© Tom Weller, dpa Die ersten Medizinstudenten, die ihren Platz durch die bayerische Landarztquote bekommen haben, fangen Anfang November an den Universitäten an. 

Natürlich hat es Franziska Hümmer immer wieder versucht. Sieben Mal bewarb sich die 29-Jährige um einen Medizin-Studienplatz. Doch mit einem Abiturschnitt von 3,2 hatte die junge Frau aus Hemhofen keine Chance. "Das war schon frustrierend", sagt sie.

Vor allem, weil dabei ihr ehrenamtliches Engagement keine Rolle gespielt hat. Seit fünf Jahren fährt sie beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) als Notfallsanitäterin im Rettungsdienst, ist zusätzlich bei der Freiwilligen Feuerwehr. "Das hat nie jemand gesehen bei der Bewerbung."


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Doch jetzt kann sie daran gehen, ihren alten Traum vom Medizinerberuf zu verwirklichen. Schon am Gymnasium war sie Schulsanitäterin, sagt sie. Ihre Mutter arbeitet als Arbeitsmedizinerin und "ich wollte immer als Hausärztin arbeiten, die Patienten über einen langen Zeitraum begleiten und auf dem Land bleiben."

Notenschnitt nicht wichtig

Dass Hümmer an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen ab 2. November einen Platz in den Hörsälen hat, verdankt sie der neu vom Freistaat Bayern eingeführten Landarztquote.

Der Freistaat hält knapp sechs Prozent aller Studienplätze an den insgesamt sieben medizinischen Fakultäten in Bayern für Studierende vor, die ein besonderes Interesse an der hausärztlichen Tätigkeit im ländlichen Raum haben, aber eben nicht den passenden und sehr sportlichen Abiturnoten-Schnitt von 1,0.

"Das spielte beim Vergabeverfahren keine Rolle", sagt Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU), die sich in Nürnberg mit fünf der angehenden Medizinstudentinnen und -studenten zum Gespräch getroffen hat.

Wichtig waren hingegen ein erfolgreich abgelegter Medizinertest und berufliche beziehungsweise ehrenamtliche Erfahrung etwa im Rettungsdienst, bei der Feuerwehr oder im Pflegebereich. Als zweite Stufe des Verfahrens waren noch persönliche Auswahlgespräche vorgesehen. Wegen der Corona-Pandemie wurde davon für den aktuellen Bewerberjahrgang aber Abstand genommen, so Huml.

Mehr Bewerber als Plätze

685 junge Menschen haben sich laut Huml beworben, 103 wurden ausgewählt und beginnen nun zum Wintersemester 2020. Das Durchschnittsalter liegt bei 24 Jahren, 59 Prozent sind Frauen. Besonders viele unter ihnen sind laut Huml Pflegefachkräfte und Notfallsanitäter.

Verbunden mit dem Studienplatz ist die Verpflichtung, nach dem Studium mindestens zehn Jahre lang als Hausärztin oder Hausarzt in einer Region zu arbeiten, die medizinisch unterversorgt oder davon bedroht ist. Wer sich nicht an die Abmachung hält, muss eine sechstellige Vertragsstrafe zahlen.

"Wir brauchen die Versorgung überall in Bayern", sagte Huml. Auch deshalb sei die jetzt eingeführte Landarztquote ein wichtiger Baustein. Der Beruf gilt bei angehenden Medizinern schon seit Jahren als wenig attraktiv. Jeder dritte Hausarzt im Freistaat ist über 60 Jahre alt. Vor allem in dünner besiedelten Regionen fällt es in ganz Deutschland immer schwerer, Nachfolger für eine Praxis zu finden.

Unterversorgung droht

Laut einer Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) Jahr gibt es noch rund 9300 zugelassene Hausärzte im Freistaat. Nach einer Aufstellung vom Mai 2020 sind aktuell zwei Gebiete medizinisch unterversorgt, 22 weitere sind von Unterversorgung bedroht.

Huml erklärte, es sei mit Blick auf den Mangel auch wichtig, die Zahl der Studienplätze für Mediziner insgesamt auszubauen. In Augsburg seien nun 250 zusätzliche geschaffen worden, in Erlangen 100.


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Sie persönlich würde es sich wünschen, dass die Abiturnote allgemein nicht so sehr gewichtet würde, wie bislang. Schon aufgrund der dauerhaft hohen Bewerberzahlen werde der Abi-Schnitt aber wohl weiterhin "sehr dominant" bei der Vergabe der Plätze bleiben.

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