Auch in Franken: Fledermaus steht auf der Roten Liste

19.8.2018, 05:19 Uhr
Die beißt nicht, die will sich nur abkühlen: Bei Hitze suchen Fledermäuse gerne Unterschlupf in dunklen Dachböden.

© BN Ansbach Die beißt nicht, die will sich nur abkühlen: Bei Hitze suchen Fledermäuse gerne Unterschlupf in dunklen Dachböden.

"Eigentlich ist es fast unmöglich", sagt Matthias Hammer. Auch er treibt sich zurzeit auf fremden Dachböden herum. Er übt damit kein seltsames Hobby aus, sondern macht das sogar beruflich. Denn Hammer ist staatlicher Fledermausbeauftragter für Nordbayern. Zusammen mit Ehrenamtlichen zählt er die Tiere.

Eine genaue Zahl für die Metropolregion Nürnberg kann der Diplom-Biologe nicht nennen. Denn obwohl sich Hunderte von Helfern in Bayern jedes Jahr damit beschäftigen, sei es bei Fledermäusen schwer, allgemeingültige Daten zu erfassen. Ein Trend ist jedoch erkennbar: "Es werden wieder mehr", so viel kann Hammer sagen. Zwar stehen noch immer viele der 23 Fledermausarten, die in der Region vorkommen, auf der Roten Liste. Aber im Vergleich zum "Tiefpunkt" in den 1960er Jahren erholen sich die Bestände langsam wieder. Damals sind einige Arten laut Hammer fast ausgestorben.

"Hufeisennase" kämpft ums Überleben

Besonders gefährdet ist die Große Hufeisennase. Von dieser Art existiert in ganz Deutschland nur noch eine Kolonie, in der noch Jungtiere geboren werden, und zwar in Hohenburg (Landkreis Amberg-Sulzbach). Auch die Kleine Hufeisennase kämpft ums Überleben. Früher habe es in fast jeder Dorfkirche zwischen Erlangen und Bamberg eine Kolonie gegeben, heute existieren nur noch einige wenige, erklärt Hammer. Der Tierschutz zeige zwar erste Erfolge, leicht haben Fledermäuse es aber auch heute noch nicht. Schuld daran ist einmal mehr der Mensch.

Fledermäuse werden bis zu 15 Jahre alt und leben in Kolonien. Sie jagen bei Nacht und fressen hauptsächlich Insekten. Als Unterschlupf suchen sie sich dunkle Verstecke. Das können Baumhöhlen im Wald sein, aber auch der Rollladenkasten oder die Fassadenverkleidung eines Wohnhauses. In all diese Lebensbereiche habe der Mensch negativ eingegriffen, bilanziert Matthias Hammer. Mit Holzschutzmitteln habe der Mensch zudem zahlreiche Dachböden vergiftet. Durch die moderne Bauweise mit immer weniger Ritzen und Fugen wird den Tieren wichtiger Lebensraum genommen. Und weil Fledermäuse sich von Insekten ernähren, machen die Spritzmittel in der Landwirtschaft den Tieren zu schaffen.

Fledermaus-Quartiere dürfen nicht entfernt werden

Deshalb sind die Fledermäuse mittlerweile streng geschützt. Und nicht nur die Tiere selbst, sondern auch ihre Quartiere. Keiner darf die Fledermäuse vertreiben oder den Unterschlupf verschließen. Selbst wenn er gerade nicht bewohnt ist. Denn die Fledermäuse kehren nach ihrem Winterschlaf, für den sie ihr Sommerquartier verlassen, immer wieder zurück. Wer dennoch ein Quartier verschließt, macht sich strafbar.

Das gefällt vielen Hausbesitzern gar nicht. Immer wieder hat Hammer panische Bewohner am Telefon, die den Unterschlupf entfernen wollen. "Sie haben sich geleckte Häuser gebaut und nehmen jede Form der Natur am Haus als Bedrohung wahr", sagt Hammer. Als häufigsten Kritikpunkt nennen die Anrufer "die kleinen Köttel an der Hauswand", die man laut Hammer meist gar nicht sieht.

Aber hinter der Panik steckt noch ein weiterer Grund. "Es wird nicht explizit ausgesprochen, aber bei vielen Menschen gilt das Tier immer noch als böse", sagt Hammer. Der Aberglaube und die Antipathie seien tief im Unterbewusstsein verankert. So seien Eltern besorgt gewesen, als in einem Kindergarten Fledermauskästen aufgestellt werden sollten. "Bei Vogelkästen hat keiner ein Problem", meint Hammer. Bei Fledermäusen denken selbst "hochgebildete Menschen", dass der Kot "mit dem Tod und dem Teufel" verbunden sei.

3000 Mücken pro Nacht

Dabei sind die Tiere für den Menschen sogar nützlich. Bis zu 3000 Stechmücken frisst eine Fledermaus pro Nacht. Eigentlich sollte man es als etwas Besonderes ansehen, die seltenen Säuger bei sich zu haben, findet Hammer. Zum Glück gebe es auch immer mehr, die sich über ihre kleinen Mitbewohner freuen.

Aber egal wie, wer Fledermäus bei sich beherbergt, "muss sie dulden", sagt der Experte. Und wer will, kann dann vielleicht an einem Tag im Sommer seinen Dachboden für die Naturschützer öffnen.

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