Kirche

Auch in Franken wollen Priester homosexuelle Paare segnen

11.5.2021, 05:54 Uhr
Pfarrer Wolfgang Rothe segnet während eines Gottesdienstes in München ein lesbisches Paar. Rom hat das strikt untersagt.

© Felix Hörhager, dpa Pfarrer Wolfgang Rothe segnet während eines Gottesdienstes in München ein lesbisches Paar. Rom hat das strikt untersagt.

Michael Pflaum zögert nur einen Moment, dann legt er sich fest: "Ja, ich würde homosexuelle Paare segnen, auf jeden Fall." Die kurze Bedenkzeit des katholischen Dekans in Erlangen ist mehr als verständlich. Denn seine Haltung steht im offenen Widerspruch zu dem, was die Spitze der römischen Weltkirche vorgegeben hat.

Der Erlanger Geistliche schiebt umgehend nach, dass eine solche Segnung natürlich nicht mit dem Ehesakrament verwechselt werde dürfe. Eine solche Gleichsetzung strebt allerdings keiner der Abweichler an.

Zur Begründung für seinen Widerspruch zieht Pflaum einen Vergleich. Lange sei es zum Beispiel ein ungeschriebenes Gesetz gewesen, das es bei der Feier einer Messe keine Ministrantinnen geben darf. Auch daran hätten sich nicht alle Priester gehalten. Heute gehören Ministrantinnen wie selbstverständlich dazu.

Ein Beitrag zur Öffnung

Pflaum sieht seine Äußerung gegen das Segnungsverbot deshalb als Beitrag für eine langsame Veränderung hin zu einer offeneren Kirche: "Unter Homosexuellen gibt es viele gläubige Christen, denen eine Segnung was bedeutet."

Allein steht Michael Pflaum damit nicht. Am gestrigen Montag haben in bundesweit rund 100 Gottesdiensten solche Feiern stattgefunden wider die römischen Vorschriften, nach denen homosexuelle Partnerschaften "nicht objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet anerkannt werden" könnten. Die Rede bei den Gegner dieser Einschätzung ist nun von einer Aktion des Ungehorsams, die es in dieser Art und Größenordnung noch nicht in der katholischen Kirche gegeben habe.

Der Schwerpunkt liegt im Norden und Westen Deutschlands. In Bayern gab es, wie bisher bekannt wurde, nur vier solcher geplanten Segnungsgottesdienste, drei in Würzburg und einen in München, in der Pfarrei St. Benedikt. "Mein Anliegen ist es, das Thema aus den kirchlichen Hinterhöfen rauszuholen - dahin, wo es hingehört: mitten in das kirchliche Leben", sagte der dortige Pfarrer Wolfgang Rothe.

Unerträgliche Spannungen

Vielen Priestern sei das alles inzwischen einfach zu viel, meinte der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose: "Diese Kluft zwischen der alltäglichen Seelsorge und dem, was aus Rom kommt, das löst Spannungen aus, die für viele immer unerträglicher werden." Die Kirche habe zunehmend an Autorität und Glaubwürdigkeit verloren. Sexualität sei zum Thema der Macht und des Machtmissbrauchs geworden. Solche Segnungen im Geheimen habe es schon lange gegeben. "Wir wollen raus aus den Hinterzimmern."


Gleichgeschlechtliche Ehe: Aufzüge segnen, Schwule nicht?


Im Erzbistum Bamberg und im Bistum Eichstätt ist, wie von dort verlautete, von solchen priesterlichen Segnungsfeiern offiziell nichts bekannt. Das gilt auch für die katholische Stadtkirche Nürnberg. Dort erweckt allerdings auch niemand den Eindruck, als würden Verstöße gegen das römische Verbot hartnäckig verfolgt.

Vielmehr erfolgt der Hinweis auf die Offene Kirche St. Klara im Herzen der Stadt. Da finden regelmäßig unterschiedliche Segnungsgottesdienst statt. Und man könne sich, so heißt es, nicht vorstellen, dass ein Priester dabei nachfragt, ob da eventuell ein homosexuelles Paar vor ihm steht.

Regenbogenfahne in der Kirche

In der katholische Pfarrei St. Josef und Allerheiligen nahe des Nordost-Bahnhofes hängt eine Regenbogenfahne in der Kirche, Zeichen der Toleranz wie der Vielfalt der Lebensformen und Symbol der Lesben- und Schwulen-Bewegung. Ob dort von Rom verbotene Segnungen stattfinden, war aktuell allerdings nicht zu erfahren.

Wenn doch, droht Gegenwind. Konservative Katholiken haben von Bischöfen Konsequenzen gefordert. Sie fordern die Exkommunikation derjenigen, die sich nicht an die klare Ansage aus Rom halten. Es kursieren bereits Vordrucke, in die nur noch der Name des betreffenden Priestern eingesetzt und dem Bischof gemeldet werden muss.

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