Bahn: Beschränkte Zahl von Buchungen, aber keine Reservierungspflicht

1.12.2020, 14:58 Uhr
Ob die Umsetzung der neuen Reservierungsregeln in der Praxis tatsächlich reibungslos gelingen wird, ist noch offen.

© Jan Huebner/Blatterspiel via www.imago-images.de, NN Ob die Umsetzung der neuen Reservierungsregeln in der Praxis tatsächlich reibungslos gelingen wird, ist noch offen.

Die Diskussion um eine Reservierungspflicht für die Fernzüge der Deutschen Bahn ist nicht neu. Nur der Anlass hat sich geändert. So flammte die Debatte in der Vergangenheit immer wieder dann auf, wenn es um die Gefahr von Terroranschlägen in Zügen ging.

Die Einrichtung von Zugangsschleusen am Bahnsteig mit einer Kontrolle vorab gebuchter Tickets, wie es sie beispielsweise für das spanische Schienen-Hochgeschwindigkeitsnetz gibt, wurde hierzulande mit dem Verweis auf das traditionell offene System Bahn, das hohe Reisendenaufkommen und das Argument, dass es absolute Sicherheit nicht geben kann, jedoch immer verworfen.

Um den Schutz der Fahrgäste in ICE- und IC-Zügen geht es nun auch wieder, vor einem unsichtbaren Feind namens SARS-CoV-2. Vergangenen Woche hat die Deutsche Bahn damit begonnen, die Corona-Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz umzusetzen, wonach die Zahl der Reservierungen in den Fernzügen beschränkt werden soll.

Verändertes Buchungssystem

Seit Freitag ist das Buchungssystem deshalb umgestellt. In den Großraumwagen ist nur noch ein Sitzplatz pro Doppelsitz reservierbar. Alle anderen Plätze bleiben gesperrt. Einzelreisenden werden automatisch Fenstersitzplätze zugewiesen. Bei Sitzgruppen mit Tisch können nur noch die diagonal gegenüberliegenden Sitzplätze gebucht werden, womit Reservierungen von Einzelreisenden auf nebeneinander liegenden Sitzplätzen laut Bahn vermieden werden.

Auch in geschlossenen Abteilen mit sechs Sitzplätzen sind nur noch zwei frei für eine Belegung. Insgesamt soll die Anzahl der buchbaren Plätze auf 60 Prozent sinken. Gemeinsam reisende Kunden wie Paare oder auch Familien sollen Extrabereiche nutzen.

"Kunden aus einem Haushalt können und sollten auch gemeinsam reisen. Dies ist auch aus Gründen des Infektionsschutzes sinnvoll, da Personen aus einem Haushalt sich so nicht auf den Zug verteilen", sagt eine Bahnsprecherin. "Über die grafische Sitzplatzanzeige lässt sich sehr leicht erkennen, in welchem Bereich zusammenhängende Plätze buchbar sind. Der Fernverkehr bleibt ein offenes System."

Unbeantwortete Fragen

Unbeantwortet bleibt von der Deutschen Bahn allerdings auf Anfrage, ob tatsächlich bereits sichergestellt ist, dass nebeneinander liegende Sitzplätze nur von gemeinsam reisenden Fahrgästen, nicht aber versehentlich von Fremden reserviert werden.

Ebenso, ob Reisende bei der Reservierung tatsächlich nur noch Fensterplätze angeboten bekommen oder auch weiterhin Sitze am Gang im System verfügbar sind. Zudem ist unklar, ob die Bereiche für gemeinsam Reisende und vor allem Familien auch im System erkennbar sind und sich gezielt danach suchen lässt.

Fest steht in jedem Fall, dass es möglich ist, weiterhin Buchungen ohne Reservierung durchzuführen und gerade auch an den Feiertagen, für die von der DB eine erhöhte Nachfrage erwartet wird, Fahrgäste ohne Reservierung einsteigen und sich auf einen beliebigen Platz setzen können.

Vorbuchungen bleiben erhalten

Und bereits im voraus gebuchte Plätze, zum Beispiel auch mit vier Personen an einem Tisch, bleiben laut DB bestehen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die grundsätzlich gegen eine Reservierungspflicht ist, sieht die Regelungen mit Blick auf das Zugpersonal kritisch.

"Wer sollte darauf achten, dass die Fahrgäste die Sitzplätze korrekt einnehmen und das im Zweifelsfall auch durchsetzen?", so der EVG-Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel. Hier würden "neue Konfliktherde" geschaffen, obwohl die Beschäftigten in vielen Zügen bereits an der Belastungsgrenze arbeiten würden.

Die Deutsche Bahn verweist darauf, dass ab Mitte Dezember mit dem Einsatz neuer Züge zusätzlich tausende Sitzplätze und häufigere Fahrten auf vielen Hauptstrecken angeboten werden, was ebenfalls für mehr Sicherheit im Sinne des Infektionsschutzes sorgen würde. Zum Reiseverkehr in der Weihnachtszeit werden sich am Mittwoch auch die DB-Vorstände für den Personenverkehr und die Infrastruktur, Berthold Huber und Ronald Pofalla, äußern.

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