Bamberg: Nachhaltigerer Einkauf durch Corona?

28.7.2020, 12:28 Uhr
Bamberg: Nachhaltigerer Einkauf durch Corona?

© Zentrum Welterbe Bamberg / Stadt Bamberg

Die Corona-Pandemie hat verschiedene, vorher selbstverständliche Bereiche des täglichen Lebens auf den Kopf gestellt und viele Menschen, neben all den Einschränkungen und Problemen, auch im positiven Sinne zum Nachdenken angeregt oder neue Blickwinkel eröffnet. Ob es das Arbeiten im Home-Office ist und das damit verbundene Erkennen, dass einige Termine und Besprechungen auch über Skype, Zoom & Co. genauso gut und sogar zeitsparender erledigt werden können, die fehlenden Reisemöglichkeiten, die dazu führen, dass man den Urlaub im eigenen Land neu entdeckt oder ob es die Hilferufe der im Wohnort ansässigen Geschäfte und Gastronomie-Betriebe während des Lockdowns waren, die dazu geführt haben, dass eine stärkere Unterstützung lokaler und regionaler Anbieter sowie bewussterer Konsum wichtiger für den Verbraucher geworden sind. 

Gärtnerstadt als Teil des Bamberger Welterbes

Letzteres bestätigte auch eine Umfrage der Interessengemeinschaft Bamberger Gärtner, welche gemeinsam mit dem Zentrum Welterbe durchgeführt wurde und die durch die Corona-Pandemie entstandenen Herausforderungen für lokale Gärtnereibetriebe zum Thema hatte. Die Gärtnerstadt bildet seit 2016 eine der drei Säulen des Bamberger Welterbe: Seit dem Mittelalter wird innerstädtisch der Erwerbsgartenbau betrieben und dieser ist einzigartig in Deutschland. Bis heute führen einige Familien diese Tradition in Bamberg fort, haben aber mit Konkurrenzdruck, Klimawandel oder fehlender Nachfolge zu kämpfen. 

Herausforderungen durch Corona

Die unter den 18 zur Interessengemeinschaft gehörenden Gärtnereien durchgeführte Umfrage zeigte, dass die größte Schwierigkeit für die meisten Gärtnereien (75%) vor allem darin bestand, den Überblick über die ständig wechselnden Verordnungen zu behalten und diese umzusetzen. Christian Burgis von der Bamberger Gärtnerei Burgis hatte zudem vor allem mit der Herausforderung zu kämpfen, für die jährlichen Erntehelfer Flüge während der Corona-Zeit zu organisieren. "Da wir außerdem zu 95% den Einzelhandel beliefern war es wichtig, die gesamte Produktion und Lieferung im Rahmen aller Hygienemaßnahmen auszuführen und umzustellen".  

Höhere Nachfrage bei Bamberger Gärtnern

Gemüse nachhaltiger einkaufen und statt dem Supermarkt den Hofladen einer lokalen Gärtnerei besuchen – besonders während Corona haben mehr Menschen dieses Vorhaben umgesetzt. 

Gemüse nachhaltiger einkaufen und statt dem Supermarkt den Hofladen einer lokalen Gärtnerei besuchen – besonders während Corona haben mehr Menschen dieses Vorhaben umgesetzt.  © colourbox

Aber: Corona hatte neben aller Schwierigkeiten und Einschränkungen auch positive Auswirkungen. Die meisten der Bamberger Gärtner konnten einen höheren Umsatz als im selben Zeitraum des Vorjahres verzeichnen, 87,5% der Befragten erkannten eine gestiegene Nachfrage nach lokalen Gärtnereierzeugnissen. Diese Erfahrung hat auch Sebastian Niedermaier von der Bioland Gärtnerei Niedermaier gemacht: "Wir hatten sogar einmal eine Woche für eine Wachstumspause geschlossen, weil unsere Lagerware wie Sellerie, Lauch und Kartoffeln, die im Normalfall bis in den Mai hinein reichen soll, bereits Mitte April ausverkauft war – gerade bei Kartoffeln gab es auch den ein oder anderen Hamsterkäufer." Auch Georg Neubauer von der Gärtnerei Neubauer hat in seinem Hofverkauf verstärkten Zulauf festgestellt: "Zu uns kamen auch verstärkt Neukunden, eine der positiven Auswirkungen der Corona-Krise, die uns geholfen hat, den fehlenden oder schlechteren Absatz über die Gastronomie ein wenig auszugleichen". 

Nachhaltigkeit, kurze Transportwege und lokale Unterstützung

Alle acht Gärtnereien, die sich an der Umfrage beteiligt hatten, bekamen von ihren Kunden die Rückmeldung, gezielt lokale Erzeuger unterstützen zu wollen und dass sie zudem derzeit mehr Wert auf kurze Transportwege und Nachhaltigkeit legen (62,5%). Die Corona-Pandemie hat hier offenbar bei einigen ein Umdenken bezüglich des Themas Konsum bewirkt und den Fokus wieder auf die Unterstützung lokaler und regionaler Anbieter gelegt. Auch der Faktor Einkaufen an der frischen Luft (37,5%) spielt laut den Umfrageergebnissen eine Rolle – in Zeiten von Corona, in welchen viele Menschen auf geschlossenen Räumen im Idealfall gemieden werden sollten, bietet der Gemüse-Einkauf unter freiem Himmel das entspanntere Einkaufs-Erlebnis. Dieser Faktor könnte mitunter ein Grund sein, warum sich auch die Gemüse-Abokisten seiner Bio-Gärtnerei laut Niedermaier in dieser Zeit gestiegener Beliebtheit erfreuten: "Wöchentlich packen wir dabei eine Gemüse-Überraschungs-Kiste mit einem Rezept der Woche zusammen und der Kunde braucht diese vor Ort nur noch abholen – da hat es zu Corona-Zeiten auch noch einmal einen Aufschwung gegeben". 

Langfristige Veränderungen?

Wie langfristig diese Veränderungen sind und ob sie auch nach Corona bzw. mit Abflauen der Pandemie und langsamer Rückkehr zur Normalität erhalten bleiben, wird sich noch zeigen. 37,5% der Gärtnereien sind überzeugt, dass für ein dauerhaftes Umdenken der Konsumenten Veränderungen auf politischer Ebene, wie das Stärken von Kreisläufen oder die bessere Deklaration von Waren, notwendig sind. Sebastian Niedermaier meint: "Ich glaube, Corona hat dem Thema Regionalität noch einmal einen Schub gegeben und gerade Menschen, die diesem Thema bereits mit einem gewissen Bewusstsein begegnen, den Anlass gegeben, tatsächlich lokaler und regionaler einzukaufen – Menschen ohne eine solche Tendenz wird man deswegen aber nicht bekehren können. Trotzdem hat Corona in vielerlei Hinsicht wie ein Brennglas gewirkt und gezeigt, worauf man mehr Wert legen sollte". Auch Georg Neubauer schließt sich dieser Meinung an: "Ein gewisser Teil der Kunden wird bestimmt dabei bleiben, die großen Märkte zu meiden und bei kleineren und regionalen Betrieben einzukaufen". Auf die Frage, ob sie glauben, dass diese positive Entwicklung anhält, antworteten innerhalb der Umfrage 62,5% der befragten Gärtnereien mit "Vielleicht".