Über 80.000 Euro für einen Beamten: Weiterhin offene Fragen in der Bamberger Boni-Affäre

4.3.2021, 12:53 Uhr
Bambergs OB Andreas Starke (SPD) steht wegen der Boni-Affäre in der Kritik.

© Markus Raupach Bambergs OB Andreas Starke (SPD) steht wegen der Boni-Affäre in der Kritik.

Hat die Stadt Bamberg zwischen 2011 und 2017 knapp eine halbe Million Euro rechtswidrig an Beamte und Angestellte ausbezahlt? Diese Frage bleibt auch nach der letzten Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses (RPA) des Bamberger Stadtrats offen.


Weitergabe des Prüfungsberichts: Die Stadt Bamberg erstattet Anzeige


Gestern diskutierten die sieben Mitglieder des Stadtrats über jene Fälle, die keine Erwähnung im Bericht des Kommunalen Prüfungsverbands (BKPV) fanden. Die Prüferinnen und Prüfer in München führten lediglich Stichproben durch - das tatsächliche Ausmaß könnte also noch größer sein.

80.000 Euro als Ausgleich für Überstunden

Nach Informationen von nordbayern.de ging es unter anderem um den Fall eines Beamten, der nach einer längeren Krankheitsphase direkt in den Ruhestand eingetreten ist. Da er dadurch Überstunden nicht mehr abfeiern konnte, zahlte die Stadt ihm über 80.000 Euro aus. Grundsätzlich gilt bei Beamten: Überstunden müssen durch freie Tage ausgeglichen werden. Es bestehen allerdings auch Ausnahmen - ob diese hier greifen, konnten die Stadtratsmitglieder gestern nicht klären.

In kommenden Tagen soll eine Stellungnahme der Stadt Bamberg an die Regierung von Oberfranken gehen. Wie Wolfgang Grader (Grüne), Vorsitzender des RPA, bestätigte, soll es zudem einen Aufgaben-Katalog geben, um die gemachten Fehler in Zukunft zu vermeiden. Hierbei handelt es sich beispielsweise darum, wie die Stadt die Auszahlung von Prämien besser regeln und Gremien wie den Personalsenat besser einbinden könnte.

Grader sieht klare Schwachstellen: "Was die Dokumentierung von Arbeitszeit angeht, wurde in einigen Fällen unsauber gearbeitet", so Grader. "Der ein oder andere Fall ist durchaus sehr kritisch zu sehen."

Totschlagargument der Stadt?

Die Stadt Bamberg erklärte bereits nach der ersten Sitzung des RPA, dass keine Zahlung ohne Gegenleistung erfolgte. Peter Neller, Fraktionsvorsitzender der CSU und Mitglied des RPA, hält diese Aussage für ein Totschlagargument: "Jede und jeder Beschäftigte arbeitet. Das allein eine Leistung vorliegt, entlastet die Stadt keinesfalls. Die Frage ist doch, ob sie dabei das Gesetz befolgte. Dass Beamte in einigen Fällen Zahlungen erhielten, obwohl dafür in der Regel ein Zeitausgleich vorgesehen ist, erscheint mir problematisch", so Neller.

Der CSU-Politiker vertraut dem Großteil der Stadtverwaltung. Nichtsdestotrotz seien ihm bei der Bearbeitung der Fälle einige Ungereimtheiten aufgefallen, die noch nicht geklärt worden sind. Er warnt jedoch davor, Vorverureilungen auszusprechen.

Im Januar stellte die CSU einen Antrag, durch den sie von der Stadt wissen wollte, ob als Ersatz für gestrichene Überstundenpauschalen Minijobs zum Einsatz kamen. "Die Stadt bestätigte, dass Nebenbeschäftigungen bestehen. Ob diese im Zusammenhang mit den Überstundenzahlungen stehen, ist allerdings offen", meint Neller.

Überstunden im Krankheitsfall?

Hans-Günther Brünker ist Stadtrat für die Partei Volt und ebenso Mitglied des RPA. Zusammen mit ÖDP und Bamberger Mitte forderte er im Januar, dass Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) bis auf Weiteres sein Amt ruhen lassen soll. Daraufhin beendete die SPD die bisherige Zusammenarbeit.

"Ich bin überrascht, wie viele Fälle noch offen sind", so Brünker. "Ich hatte eigentlich erwartet, dass da nicht mehr viel kommt." Besonders problematisch findet er Fälle, in denen Beschäftigte mutmaßlich Überstunden leisteten, obwohl sie krank waren. "Die Summe von schlechten Begründungen gibt mir kein gutes Gefühl. Ich kann mir allerdings kein Urteil bilden. Letztendlich müssen die Regierung von Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Licht ins Dunkeln bringen", so Brünker.

Auf Nachfrage bestätigte die Staatsanwaltschaft Hof, dass sie weiterhin Ermittlungen gegen Verantwortliche der Stadtverwaltung Bamberg wegen Verdachts der Untreue führt und hierzu Zeugen vernimmt. Ein Zeitpunkt für den Abschluss der Ermittlungen stehe noch nicht fest.

Starke will Reformen durchsetzen

Nach der Sitzung des RPA am 23. Februar gestand OB Starke Fehler ein und kündigte Reformen an. Mit einer Neupositionierung des Personal- und Organisationsamtes und der Stärkung der Rolle des Personalsenats sollen Strukturen geschaffen werden, die ein Höchstmaß an Transparenz und demokratischer Kontrolle ermöglichen, teilte die Stadt auf Nachfrage mit.

Der altersbedingte Wechsel an der Spitze des Personal- und Organisationsamtes sei hier ein zufälliger, aber erster Schritt. Robert Sporer, der neue Leiter des Personal- und Organisationsamtes, kündigte bereits nach der Sitzung am 28. Januar an, dass es notwendig sein werde, in Zusammenarbeit mit der Personalvertretung und in Abstimmung mit dem Personalsenat Vereinbarungen zu einem neuen Prämiensystem zu erarbeiten.

Auch wenn die Stadt Bamberg die pauschale Abgeltung von Überstundenzahlungen anders als der BKPV für zulässig hält, stellte sie die Praxis bis auf Weiteres ein. Ab dem ersten April werden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung an der elektronischen Zeiterfassung teilnehmen. Ausnahmen stellen beispielsweise Lehrkräfte der städtischen Schulen wie der Musikschule dar.

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