Bauern-Demo: Warum der Zorn der Landwirte berechtigt ist

17.1.2020, 15:53 Uhr
Tausende Bauern haben sich am Freitag auf dem Nürnberger Volksfestplatz zur Großdemonstration versammelt.

© Stefan Hippel Tausende Bauern haben sich am Freitag auf dem Nürnberger Volksfestplatz zur Großdemonstration versammelt.

Ganz oben steht dabei das Gefühl, keine angemessene Wertschätzung für die geleistete Arbeit zu erhalten. Denn das Bauern-Bashing hat Ausmaße angenommen, die nicht mehr akzeptabel sind. Wenn Kinder von Landwirten auf Schulhöfen, ob des Berufes ihrer Eltern angepöbelt werden, dann geht das entschieden zu weit.

Julia Klöckner darf als Fehlbesetzung bezeichnet werden

Hinter den Protesten steht aber auch eine große Unzufriedenheit mit der Politik. Viele Landwirte fühlen sich als Spielball zwischen den für sie zuständigen Ministerien. Tatsächlich sprechen Umwelt- und Landwirtschaftsressortchefs selten die selbe Sprache. Noch dazu haben die Bauern einfach Pech — Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) darf als Fehlbesetzung bezeichnet werden. Dass Ministerpräsident Markus Söder nun plötzlich zum Bauernfreund mutiert, nachdem er noch vor wenigen Monaten klar Partei für eine grüne Agrarwende ergriffen hat, irritiert viele. Diesen Wandel nehmen dem CSU-Chef längst nicht alle Betroffenen ab.

Wer sich mit Landwirten unterhält, stößt zudem auf eine dritte Konfliktlinie: uns Verbraucher. Wir plädieren häufig lautstark für eine kleinteilige Landwirtschaft, die mit viel Liebe für die Tiere gesunde und natürlich regionale Lebensmittel erzeugt, selbstverständlich möglichst ohne Düngemittel. Unser Kaufverhalten spricht eine ganz andere Sprache: Zugegriffen wird dort, wo wenig zu zahlen ist. Den Worten folgen also (zu) selten Taten. Für die Lebensmittelerzeuger bedeutet das oft einen Dumpinglohn.


Hier gibt's den Liveticker zur Bauern-Demo in Nürnberg zum Nachlesen


Der Zwischenbefund lautet: Landwirte und der Rest der Gesellschaft haben sich entfremdet — in einem jahrelangen Prozess. Dass dabei auch hausgemachte Fehler begangen wurden, steht außer Frage: Ein viel zu lang unbeweglicher Bauernverband als Lobbyvertretung und sture Agrarpolitiker aus CDU/CSU-Kreisen haben zu dieser Eskalation beigetragen. Auch sie sind Schuld, dass die Bauern derzeit lautstark protestieren. Verdenken kann man es den Landwirten nicht.


Hier lesen Sie mehr zu diesem Thema: Bereits Ende November rollten tausende Traktoren aus der ganzen Republik zur Bauern-Demo nach Berlin. Auch in Franken startete ein kilometerlanger Protestzug.

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