Bürgermeister sind aufgeschreckt: Stromtrasse durchschneidet Gemeinden

23.6.2020, 08:55 Uhr
Der Auerbacher Bürgermeister Joachim Neuß stellt sich die Frage, warum man für die Stromleitung Masten brauche. "Die Leitungen kann man alle neben der Bahntrasse relativ einfach in der Erde verlegen."

© dpa Der Auerbacher Bürgermeister Joachim Neuß stellt sich die Frage, warum man für die Stromleitung Masten brauche. "Die Leitungen kann man alle neben der Bahntrasse relativ einfach in der Erde verlegen."

Josef Springer hat es mehr oder weniger zufällig erfahren "Ich bin von einem Bürger auf die Pläne der Bahn aufmerksam gemacht worden", sagt der Bürgermeister der Marktgemeinde Neuhaus im Gespräch mit den Nordbayerischen Nachrichten. Nun werde er sich erst einmal erkundigen, um sich einen Überblick zu verschaffen, wie die Planungen genau ausschauen. "Geht es über Wald, sind Wohn- oder Naturschutzgebiete beeinträchtigt?" Er möchte es von Technikern erläutert haben, sagt Springer.

Sein Auerbacher Kollege Joachim Neuß wusste bis Montag noch nichts von der geplanten Stromleitung, die westlich von Auerbach und östlich von Michelfeld das Gemeindegebiet durchschneidet. "Ich weiß nichts." Die Stadt habe lediglich eine E-Mail mit einem Link zum "Bahnausbau in Nordostbayern" erhalten.

In der Mail wird zu einem Dialog- und Infotermin geladen, der am 1. Juli um 18 Uhr online veranstaltet wird. Dabei geht es im Rahmen der Planungen für den Ausbau der Bahnstrecke von Nürnberg nach Schirnding um den Streckenabschnitt von Vorra über Velden und Neuhaus bis Ranna.

Neuß spricht von der Stromleitung von einer "wichtigen Infrastrukturmaßnahme". "Die brauchen wir, um die Bahnstrecke am Leben zu erhalten." Es stelle sich jedoch die Frage, warum man für die Stromleitung Masten brauche. "Die Leitungen kann man alle neben der Bahntrasse relativ einfach in der Erde verlegen."

Oberste Prämisse war laut Deutscher Bahn beim Entwurf des Leitungsverlaufs möglichst geringe Auswirkungen auf Menschen und die Umwelt zu erzeugen. Deswegen orientiere sich der Leitungsentwurf stark an bestehender Infrastruktur und umgehe nach Möglichkeit Ortschaften und Schutzgebiete. Relativ nahe reicht die Stromtrasse an Bärnhof, Krottensee, Ranna, Auerbach (Siedlung Rosenhof), Penzenreuth, Pertenhof, Troschenreuth, Stemmenreuth, Langenreuth, Zips und Schnabelwaid heran.

"Darüber hinaus wurde nach einer möglichst direkten Verbindung der Einspeisepunkte gesucht, da durch eine direkte Leitungsführung Betroffenheiten minimiert und Kosten reduziert werden können", so die Deutsche Bahn, die den Bahnausbau Nordostbayern im Internet einsehbar gemacht hat.

Für die Bahnstromleitung in Nordostbayern seien grundsätzlich Standard-Maste des Bahnstromnetzes vorgesehen. "Dabei handelt es sich um Stahlgitter-Maste mit einer Höhe von etwa 28 Metern. Bahnstrommasten haben vier Leiterseile und in der Regel eine Traverse. Der übliche Abstand zwischen zwei Masten beträgt rund 300 Meter."

Weiter heißt es: "Unabhängig davon können die Maste der Bahnstromleitung an bestimmten Stellen auch mal etwas anders bemessen sein oder abweichende Abstände haben. Wenn beispielsweise in einem Waldgebiet wertvoller Baumbestand nicht gerodet werden könne, werde ein Waldstück oder eine sensible Fläche teilweise komplett überspannt. Die detaillierte Planung der einzelnen Maststandorte erfolgt in den nächsten Planungsschritten nach dem Raumordnungsverfahren.

Der Schutzstreifen diene der Sicherheit von Anwohnern, so die Deutsche Bahn. "Er wird so bemessen, dass auch bei außergewöhnlichen Wetterbedingungen (Sturm, starke Vereisung oder extreme Temperaturen) die Leiterseile nie zu einer Gefährdung der Umwelt führen."

Im Schutzstreifen würden einige besondere Regeln für die Nutzung gelten: "Beispielsweise dürfen innerhalb des Schutzstreifens keine hohen Bäume gepflanzt oder Gebäude gebaut werden. Der Schutzstreifen ist bei unseren Bahnstromleitungen meist rund 30 Meter zu beiden Seiten breit."

Wie wird sichergestellt, dass die Bahnstromleitung keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Anwohner hat?

Alle elektrischen Geräte und Leitungen erzeugen elektrische und magnetische Felder. "Für den Menschen sind diese elektromagnetischen Felder in geringer Dosierung ungefährlich", so die Bahn. Der Gesetzgeber hat Grenzwerte festgelegt, um die Gesundheit der Menschen zu schützen.

"Diese Grenzwerte werden im Bahnbetrieb, aber auch bei Bahnstromleitungen, weit unterschritten", betont die Bahn. Um die Einhaltung dieser Grenzwerte sicherzustellen, würden bei der Planung der Bahnstromleitung aufwändige Untersuchungen durchgeführt und in Zusammenarbeit mit externen Experten Gutachten erstellt.

Strom wird umgewandelt

Das eigene Bahnstromnetz bringt den Strom mit einer Hochspannung von 110 Kilovolt bis an die Bahnstrecken. "An einzelnen Stellen des Schienennetzes wird der Strom dann auf die Oberleitung eingespeist. Dazu muss die Hochspannung von 110 Kilovolt in 15 Kilovolt Bahnspannung umgewandelt werden. Dies geschieht an den Unterwerken. Ein Unterwerk benötigt etwa 2000 Quadratmeter Fläche und verursacht keine nennenswerten Emissionen wie Lärm oder Strahlung", so die Bahn.

Für den Bau der Bahnstromleitung sei in der Regel kein Ankauf von Grundstücken erforderlich. "Wenn die Bahnstromleitung über ein Grundstück verlaufen soll, führen wir mit dem Eigentümer persönliche Gespräche. Dabei geht es meist nur um die Mitbenutzung einer geringen Quadratmeterzahl für den Bau der Mastfundamente", erklärt die Bahn.

 

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