Bayreuther Experte: Angst vor Stromtrasse ist unbegründet

22.2.2014, 11:54 Uhr
Professor Mark-M. Bakran lehrt an der Universität Bayreuth. Als Fachmann hält er die Befürchtungen der Stromtrassengegner für "nichts als Panikmache".

© Fuchs Professor Mark-M. Bakran lehrt an der Universität Bayreuth. Als Fachmann hält er die Befürchtungen der Stromtrassengegner für "nichts als Panikmache".

Der Elektronik-Experte Mark Bakran warnt vor Panikmache bei der geplanten Nord-Süd-Stromtrasse. "Ein großes Problem ist, dass hier mit Begriffen und Zahlenwerten gearbeitet wird, die nicht zum normalen Wissensstand eines Laien gehören", sagte der Professor für Mechatronik an der Universität Bayreuth. Dies könne leicht dazu missbraucht werden, Ängste zu erzeugen. Das von den Leitungen erzeugte Magnetfeld sei 100 Meter entfernt bereits nicht mehr messbar, betonte der Ingenieur im Interview der Nachrichtenagentur dpa.

Die Gegner der Gleichstromtrasse haben Angst um ihre Gesundheit wegen starker Magnetfelder. Ist diese Angst begründet?

Mark Bakran: Das Magnetfeld, das direkt auf dem Boden unter einer Gleichstrom-Trasse auftritt, hat eine Stärke von etwa 10 bis 40 mikroTesla. Damit ist es knapp gleich stark wie das natürliche Magnetfeld der Erde in Europa. Da es von Art und Höhe somit keinen Unterschied zu dem Feld gibt, von dem wir sowieso dauernd umgeben sind, kann man sich auch keine andere Wirkung auf den Menschen vorstellen.

Und wie stark ist das Magnetfeld in 100 Metern Entfernung?

Bakran: Wenn man sich nur 100 Meter von einer Stromtrasse wegbewegt, beträgt das Magnetfeld der Stromleitungen bereits nur noch ein Hundertstel des Erdmagnetfeldes und ist damit quasi gar nicht mehr messbar. Wer herausfinden wollte, ob das Magnetfeld dem Menschen schadet, müsste eine Vergleichsperson dort hinschicken, wo es keines gibt - also auf einen feldfreien anderen Planeten.

Stromleitungen erzeugen auch elektrische Felder. Geht denn davon eine Gefahr aus?

Bakran: Ein großes Problem ist aus meiner Sicht, dass hier mit Begriffen und Zahlenwerten gearbeitet wird, die nicht zum normalen Wissensstand eines Laien gehören. Das kann natürlich auch leicht dazu missbraucht werden, Ängste zu erzeugen. Unter einer Stromtrasse kann tatsächlich eine Feldstärke von einigen Tausend Volt pro Meter gemessen werden. Das hört sich erst einmal schlimm an. Denn jeder weiß: 1000 Volt Spannung sind gefährlich. Doch Feldstärke hat nichts mit Spannung zu tun.

Was bedeutet das?

Bakran: Selbst ohne jegliche Stromtrasse ist unsere Atmosphäre aufgeladen und wir haben Feldstärken von etwa 100 Volt pro Meter. Bei einem Gewitter kann sich die Feldstärke sogar auf bis zu 30.000 Volt pro Meter erhöhen. Trotzdem merken wir davon nichts. In einem ganz normalen Lichtschalter, wie ihn jeder zu Hause hat, herrschen sogar Feldstärken von bis zu 100.000 Volt pro Meter. Hinzu kommt, dass elektrische Felder perfekt von allen Gegenständen abgeschirmt werden. Selbst wenn die Stromleitungen direkt über dem Haus verlaufen würden, wäre die Feldstärke im Haus nicht mehr messbar.

Können sich die Stromtrassen störend auf das heimische WLAN-Netzwerk oder den Fernsehempfang auswirken, wie dies etwa von Bahntrassen bekannt ist?

Bakran: Niemand muss mit einer Störung seines WLAN-, Handy- oder Fernsehempfangs rechnen. Bei Bahntrassen finden sich auf der Leitung auch Ströme mit hohen Frequenzen. Das kann sich zum Teil störend auswirken. Bei Stromtrassen gibt es das aber nicht.

Mit einer unterirdischen Verlegung der Stromkabel wären dennoch alle Befürchtungen im Zusammenhang mit den Leitungen buchstäblich vergraben, oder etwa nicht?

Bakran: Optisch mag das so sein, weil keine Masten zu sehen sind. Wenn Sie allerdings direkt über einer solchen unterirdischen Stromtrasse stehen, ist dafür der Abstand zu den Leitungen wesentlich geringer, als wenn diese hoch über den Boden verlaufen. Das wird zwar dadurch ausgeglichen, dass sich die mehreren Kabel gegenseitig kompensieren. Letztendlich ist das Magnetfeld trotzdem nur etwas kleiner als bei einer überirdischen Verlegung. Das elektrische Feld wäre allerdings verschwunden.

Hätten Sie kein Problem damit, wenn die Stromtrasse direkt vor Ihrem Haus verlaufen würde?

Bakran: Mit den elektrischen Werten hätte ich sicher kein Problem. Ich gestehe aber natürlich jedem zu, etwas gegen die optischen Auswirkungen zu haben. Das würde ich auch für mich in Anspruch nehmen. Es ist letztendlich wie bei den ICE-Trassen: Man freut sich, wenn man mit dem Zug schnell ans Ziel kommt. Wenn man selbst auf die ICE-Strecke schaut, findet man sie begrenzt schön.

Zur Person: Mark Bakran (44) ist promovierter Elektrotechniker. Im Januar 2011 wurde er zum Professor für Mechatronik an der Universität Bayreuth ernannt. Davor entwickelte er bei der Siemens AG in Nürnberg Anwendungen für Hybridbusse und Hochgeschwindigkeitszüge. Von 1993 bis 1995 arbeitete er am Institut für Allgemeine Elektrotechnik an der TU Berlin auf dem Gebiet der Leistungserhöhung von Stromrichtern.

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