Bis 2023: Ganz Oberfranken will dem VGN beitreten

27.6.2019, 11:12 Uhr
Mehr Tarifzonen als bisher soll es durch die Erweiterung nicht geben: Somit können Reisende mit dem gleichen Ticket noch weiter fahren.

© Hans-Joachim Winckler Mehr Tarifzonen als bisher soll es durch die Erweiterung nicht geben: Somit können Reisende mit dem gleichen Ticket noch weiter fahren.

Sich eines Tages mit nur einer Fahrkarte und einem einheitlichen Tarif durch die gesamte Metropolregion Nürnberg bewegen? Im Jahr 2015 war diese Vision gestorben. Scheinbar endgültig. Die Grenzen des Wachstums für den Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) waren erreicht.

Damals trat noch der oberfränkische Landkreis Lichtenfels dem Verbund bei. Fortan waren höchstens noch kleinere Abrundungen zu erwarten, wie etwa Anfang 2018 der Beitritt des restlichen Landkreises Haßberge (ein Teil war zuvor schon in den VGN integriert).

Ansonsten müsse man sich eben "der harten Macht der Fakten" beugen, wie Kulmbachs Landrat Klaus Peter Söllner schon im Jahr 2013 verkündete und damit die eigenen Beitrittsambitionen beendete. 900 000 Euro wären im Beitrittsjahr an Ausgleichszahlungen fällig gewesen, danach weitere 430 000 Euro pro Jahr. Zu viel, nicht nur für den Landkreis Kulmbach.

Nachfrage ist groß: Viele Club-Fans und Studenten

Das Projekt "VGN in der gesamten Metropolregion" war also gestorben. Und das, obwohl die potenziellen Bewerber in Oberfranken großes Interesse an einer Erweiterung hatten. "Die Nachfrage ist groß. Bei uns wohnen viele, die in Nürnberg oder im restlichen VGN-Gebiet arbeiten. Wir haben etliche Studenten, die dort zur Uni gehen – und natürlich auch Club-Fans, die gerne zu den Spielen fahren", verdeutlicht Karl Döhler, Landrat des Landkreises Wunsiedel. "Auch für den Tourismus wäre ein durchgehender Tarif wichtig. Vor allem aber würde ein VGN-Beitritt den ÖPNV insgesamt deutlich attraktiver machen", ist Hofs Oberbürgermeister Harald Fichtner überzeugt. Bislang war der Beitritt der Landkreise Coburg, Kronach, Kulmbach, Hof und Wunsiedel sowie der Städte Coburg und Hof aber an den hohen Kosten gescheitert.

Doch nun haben die Oberfranken neue Hoffnung. Ausgangspunkt war die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) im April 2018, in der er dem ÖPNV deutlich mehr Geld in Aussicht stellte. Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) sicherte den Oberfranken überdies im Frühjahr Unterstützung zu.

"Die Erweiterung macht nur Sinn, wenn man die Metropolregion in Oberfranken komplett abrundet. Wenn etwa nur die Landkreise Kulmbach und Hof beitreten, wäre das eine verpasste Chance", meint Landrat Döhler.

Er hofft, dass durch die Unterstützung des Freistaats nur ein fünfstelliger Betrag pro Jahr für seinen Landkreis fällig wird. "Dann können wir im Kreistag darüber diskutieren. Bei höheren Beträgen ist das nicht machbar", betont Döhler.

Um die Kosten zu eruieren und auch die bisherigen Tarifangebote der Beitrittskandidaten zu erfassen, stellt der VGN nun einen "Projektsteuerer für die Verbundraumerweiterung Nordost-Oberfranken" ein. Die Stelle soll zu mindestens 75 Prozent vom Freistaat gefördert werden. "Wir werden einen Antrag auf vorzeitigen Maßnahmenbeginn stellen", sagt VGN-Geschäftsführer Andreas Mäder. Schließlich soll der Projektsteuerer möglichst schnell loslegen können. Frühestens im September könnte das sein.

Mindereinnahmen werden vom Freistaat ausgeglichen

"Es tut sich jetzt ein einmaliges Fenster auf, das man nutzen sollte", meint Wunsiedels Landrat Karl Döhler. Denn momentan werden auch der Regionalverkehr Oberfranken (bislang von Agilis betrieben) und der Expressverkehr Nordostbayern (derzeit DB Regio) auf der Schiene neu ausgeschrieben.

Betriebsbeginn ist in beiden Fällen im Dezember 2023. "Derzeit planen wir, dass zu diesem Zeitpunkt auch die VGN-Erweiterung über die Bühne geht", erklärt VGN-Geschäftsführer Andreas Mäder.

In die Ausschreibungen hat die Bayerische Eisenbahngesellschaft auf Wunsch des VGN einen Passus integriert, wonach die Betreiber der Netze den VGN-Tarif übernehmen, falls die geplante Erweiterung realisiert werden sollte. Der Freistaat erklärt sich dadurch bereit, dem Betreiber die Mindereinnahmen durch den VGN- gegenüber dem bisherigen Tarif auszugleichen.

Dadurch werden die Beitrittskandidaten deutlich weniger finanziell belastet als bei ihrem früheren Beitrittsversuch. "Die beitretenden Gebietskörperschaften müssen vor allem noch die Mindereinnahmen im Busverkehr ausgleichen – und natürlich die Einmalkosten der Umstellung", erläutert Mäder.

Auch für die bisherigen VGN-Mitglieder erhöhen sich durch die Erweiterung die Kosten. Sie haben sich aber bereit erklärt, diese zu übernehmen, wenn ganze Landkreise beitreten. Nur Teilintegrationen von Landkreisen oder kleineren Busnetzen wollen sie nicht mehr mitmachen.

"Das ist so geregelt, dass jeder die Mehrkosten übernimmt, die durch die eigenen Bürger entstehen. Die Stadt Hof zahlt zum Beispiel für den Hofer Bürger, der nach Lauf an der Pegnitz pendelt, und die Stadt Fürth für den Fürther, der mit dem ÖPNV zur Plassenburg nach Kulmbach fährt", sagt Mäder.

Mehr Tarifzonen als bisher soll es durch die Erweiterung nicht geben, es bleibt bei "10+T" als Maximum. "Das Verbundgebiet ist ja auch heute schon so groß, dass es Relationen gibt, die von der Entfernung her über ,10+T‘ hinausgehen würden. Wenn wir mehr Zonen einführen würden, müssten wir natürlich auch diese Pendler künftig zusätzlich belasten. Das will die Politik nicht", betont Mäder.

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