Nach Wasserschaden im Keller

Bücherdämmerung in Bayreuth: Exemplare werden erst einmal gefriergetrocknet

Hans Böller

Redakteur der Nürnberger Nachrichten

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19.3.2022, 11:46 Uhr
Schnell in Kartons und ab nach Leipzig: Die aufgequollenen Bücher, die der Wasserschaden im Richard-Wagner-Museum in Bayreuth verursacht hat, sollen nun wieder restauriert werden.

© NEWS5 / Fricke, NEWS5 Schnell in Kartons und ab nach Leipzig: Die aufgequollenen Bücher, die der Wasserschaden im Richard-Wagner-Museum in Bayreuth verursacht hat, sollen nun wieder restauriert werden.

Was Richard Wagner nicht nur für Bayreuth bedeutet, weiß Sven Friedrich natürlich längst. Der gebürtige Göttinger, der nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann in Hamburg Theaterwissenschaft, Germanistik und Kommunikationswissenschaft in München studierte, leitet seit 1993 das Richard-Wagner-Museum in Bayreuth. "Und jetzt", sagt Friedrich, "läuft wieder einmal das Telefon heiß."

Es geht aber nicht um den Maestro selbst oder um eines der multimedial gern ausgeschmückten Bayreuther Musik- oder Gesellschafts-Skandälchen, der Grund ist profan. Im Museum mit dem Nationalarchiv, beheimatet im Haus Wahnfried gegenüber der Grabstätte von Richard und Cosima Wagner im nach dem Genius benannten Park, hat ein Wasserschaden beträchtliches Unheil angerichtet.

Aufmerksamer Hausmeister

Am Freitagnachmittag war Wasser in den Keller gelaufen, wo mehrere hundert wertvolle Bücher gelagert waren. Dass der Hausmeister den Schaden vor dem Wochenende bemerkte, war Glück im Unglück, der Keller wäre möglicherweise bis Montag ganz überflutet worden. Aber mehrere Zentimeter hoch stand das Wasser schon.

Schriften Richard Wagners sind nicht betroffen, beschädigt wurden vor allem Werke aus der Chamberlain-Bibliothek, dem Nachlass von Houston Stewart Chamberlain.

Ein Hitler-Verehrer

Das Richard-Wagner-Museum in Bayreuth.   

Das Richard-Wagner-Museum in Bayreuth.   © Nicolas Armer, dpa

Der englisch-deutsche Schriftsteller, 1927 in Bayreuth gestorben, war ein populärer Autor, er verehrte Wagner – aber auch Hitler, heute wird er als Wegbereiter des nationalsozialistischen Rassismus gesehen, Bayreuth entzog ihm 2013 posthum die Ehrenbürger-Würde. Um "Nazi-Bücher" (wie eine Zeitung schrieb) handelt es sich aber nicht, sagt Sven Friedrich, sondern um kulturhistorisch wertvolle Werke.

Doppeltes Unglück

Eingelagert waren sie "ironischerweise aus Sicherheitsgründen", so Friedrich. In einem Nebenraum war wegen eines nicht vollständig geschlossenen Rücklaufventils Wasser ausgetreten, das eigentlich über einen Gully hätte ablaufen müssen – was "aus irgendwelchen Gründen" (Friedrich) aber nicht passierte. Die untersten Bücherkartons wurden feucht, die Kartonstapel brachen zusammen – Bücherdämmerung in Bayreuth, die Feuerwehr rückte mit 55 Frauen und Männern an und verhinderte Schlimmeres.

"Zum Glück klares Wasser"

In Zahlen fassen, sagt Friedrich, lasse sich der sicher erhebliche Schaden noch nicht: "Zum Glück war es klares Wasser, kein Schmutzwasser." Die Bücher sind bereits in Leipzig, wo sie von Restauratoren zunächst gefriergetrocknet werden, um die Bildung von Schimmel und Stockflecken zu vermeiden. "Es ist nun einmal passiert, aber es lässt sich reparieren", hofft der Museumsleiter.

Hoffnung findet sich ja beim Meister selbst. "Von der Wassertiefe wonnigem Stern, der hehr die Wolken durchhellt", singt die Woglinde im "Rheingold".

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