Corona: Realschullehrerverband sieht Rückkehr zum Fernunterricht kommen

23.10.2020, 17:56 Uhr
Viele Eltern und Lehrer fürchten, dass der Präsenzunterricht bald wieder endet und die Schülerinnen und Schüler zumindest teilweise wieder daheim lernen müssen.

© Sven Hoppe Viele Eltern und Lehrer fürchten, dass der Präsenzunterricht bald wieder endet und die Schülerinnen und Schüler zumindest teilweise wieder daheim lernen müssen.

Auch dieses Schuljahr wird kein normales sein, sagt Jürgen Böhm. Angesichts des besorgniserregenden Corona-Infektionsgeschehens werde es wohl wieder Notmaßnahmen geben, meint der Vorsitzende des Bayerischen und Deutschen Realschullehrerverbands. Um eine "Distanzsituation" an Realschulen "werden wir nicht umhin kommen."

Auch, weil es hier mit 25,4 Schülerinnen und Schülern im Vergleich zu den Gymnasien, Grund- und Mittelschulen im Freistaat die höchste durchschnittliche Klassenstärke gibt. Steigt die Zahl der Neuinfektionen weiter sprunghaft an wie derzeit, wird es "schon aus diesem Grund auf Fernbeschulung hinauslaufen", zumindest teilweise beziehungsweise im Wechsel.


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Für diesen Fall müsse es aber einheitliche Regelungen geben, die dann regional angepasst und vollzogen werden können. Das fehle bislang, so Böhm. Ziel müsse es trotzdem bleiben, so lange wie möglich den Präsenzunterricht zu gewährleisten. Dafür müssten jedoch schnell Maßnahmen getroffen werden. Der Freistaat müsse den Lehrkräften beispielsweise Schutzmasken der Klasse FFP2 zur Verfügung stellen, so Böhm.

Schnellere Tests

Zudem ist es in seinen Augen wichtig, dass bei einem Corona-Fall Pädagogen und Schulklassen zügiger gestetet werden, damit die Betroffenen nicht unnötig lange in Quarantäne müssen und die Infektionskette effektiver nachvollzogen werden kann.

Wie schnell sich in Corona-Zeiten die Situation ändern kann, hat der Bayerische Realschullehrerverband gerade selber erleben müssen. Eigentlich sollte der 26. Landesrealschultag vom 22. bis 24. Oktober in Fürth stattfinden. Wegen der Entwicklung der Pandemie wurden dann nur fünf Stunden für das Treffen von 200 Delegierten eingeplant. Mit Blick auf den steigenden Inzidenzwert wurde auch davon in letzter Minute Abstand genommen.

Insgesamt sieht Böhm die bayerischen Realschulen gut gerüstet, wenn ein neuerlicher Notbetrieb nötig sein sollte. "Was die digitalen Strukturen angeht, hat Corona natürlich auch als Durchlauferhitzer gewirkt." Die Schüler hätten zudem auch von dem Fach Informationstechnologie profitieren können, das in Bayern quer durch alle Realschulklassen auf dem Stundeplan steht. "Die Schüler lernen hier ihr Handwerkszeug", so Böhm.

Fehlende Rechtssicherheit

Nötig sei es jetzt aber vonseiten der Politik, für Rechtssicherheit hinsichtlich der digitalen Lernplattformen wie beispielsweise MS Teams zu sorgen. Es könne etwa nicht sein, dass wie im Juni geschehen der Thüringer Datenschutzbeauftragte Lehrern Bußgelder androht, weil sie beim Digitalunterricht möglicherweise gegen Auflagen verstoßen haben. "Das Kind darf nicht mit dem Bad ausgeschüttet werden", so Böhm.

Mittelfristig wäre es auch wünschenswert, eine Digitalplattform zu schaffen, die "quer durch alle Schularten" angewendet wird. Vor allem müsse aber auch die Zusatzbelastung der Lehrkräfte durch die Corona-Krise im Blick behalten werden.

Böhm setzt sich dafür ein, dass die so genannte integrierte Lehrerreserve aufgestockt wird. Derzeit sind 1,3 zusätzliche Pädagogen an den 238 staatlichen Realschulen in Bayern mit ihren rund 156000 Schülern im Einsatz. Um für mehr Entlastung zu sorgen, sollte auf zwei je Schule erhöht werden, so Böhm.

Hohes Niveau

Generell müsse es darum gehen, das hohe Niveau an den Realschulen im Freistaat zu halten, die "den starken Mittelbau der Gesellschaft tragen, die das Land braucht", so Böhm. Die Absolventen seien gefragt und die Mittlere Reife ein "hohes Qualitätssiegel."

Immer noch werde stark auf das Abitur geschielt, "aber die Realschule in Bayern erfährt viel Zuspruch." Zumal es hier nicht nur um die duale Berufsausbildung gehe. 45 Prozent der Absolventen schlagen über die Fachhoch- oder berufliche Oberschulen den Weg zur Hochschulreife ein.

Böhm spricht sich deshalb auch gegen eine Angleichung von Lehrplänen über Ländergrenzen hinweg aus. Dafür sei das Niveau zu unterschiedlich, Schleswig-Holstein etwa hat Real- und Hauptschule in eine "Regionalschule" umgewandelt. "Wir wollen keine Einebnung der Qualität, so darf Harmonisierung nicht laufen. Ein gemeinsames Niveau kann ich mir bei den heutigen Zuständen nicht vorstellen", so Böhm.


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