«Dann könnte Ikea neu bauen«

23.9.2009, 00:00 Uhr
«Dann könnte Ikea neu bauen«

© Issler

1,17 Meter lang, 34 Zentimeter breit, gefüllt mit 130 Kilogramm Sprengstoff, zwei Zünder, US-amerikanische Bauart vom Typ GP 500 - im wahrsten Sinne des Wortes ein Mordsding war die Fliegerbombe, die seit über 65 Jahren im sandigen Poppenreuther Erdreich verborgen war, in etwa drei Metern Tiefe. Die erfahrenen Sprengmeister Karl-Heinz Wolfram und Willi Becher vom Sprengkommando in Feucht lassen sich davon allerdings nicht aus der Ruhe bringen. «So etwas haben wir öfter«, stellt der 62-jährige Wolfram trocken fest. «Meine Frau weiß, dass ich gut bin.«

2200 Anwohner

mussten Häuser verlassen

Trotzdem waren die Vorbereitungen für eine möglichst sichere Entschärfung des Findlings enorm. Noch am Montagabend lief die Aktion an. Auf Anraten von Karl-Heinz Wolfram war ein Gebiet im Radius von 300 Metern um den Fundort in der Steinfeldstraße zu räumen. Die Polizei warnte sämtliche Bewohner in dem Gebiet und in der gesamten Siedlung. Handzettel wurden verteilt, Lautsprecherdurchsagen vorgenommen. Bis gestern Morgen um 8 Uhr sollten sämtliche betroffenen Anwohner ihre Häuser verlassen haben - immerhin ging es um etwa 2200 Personen, wie Polizeisprecher Ralph Koch erläuterte. Und offenbar hielten sich alle daran. «Die Polizei möchte sich ganz herzlich bei der Bevölkerung für die Kooperation bedanken. Alles hat reibungslos geklappt.« Viele mussten ohnehin zur Arbeit, etwa 200 Personen wurden in der Kantine des Möbelhauses Höffner in Ronhof versorgt, die Kinder eines Kindergartens bei der nahen Kindertagesstätte der St. Christopherus-Kirchengemeinde untergebracht.

Neben den zahlreichen Polizeikräften waren 57 Feuerwehrleute, 34 vom Roten Kreuz und 50 vom Technischen Hilfswerk im Einsatz - sie harrten am der Ikea gegenüberliegenden Selgros-Parkplatz der Dinge. Etwa um 9.17 Uhr machten sich die beiden Sprengmeister an die Arbeit. Ihre Aufgabe: die Bombe so weit wie möglich freilegen, so dass die beiden Zünder herausgeschraubt werden konnten. Auch das klappte ohne Probleme. Bereits kurz nach halb zehn kam die Meldung: die Bombe ist entschärft.

Kurz danach zeigt Sprengmeister Wolfram das Ergebnis seiner Arbeit: zwei herausgeschraubte Bombenzünder - einer davon hatte tatsächlich gezündet. Warum die Bombe seinerzeit beim Aufschlag nicht explodierte, kann er nicht sagen. Fest steht allerdings, dass das Ungetüm voll funktionsfähig war. «Der Sprengstoff wird ja nicht alt.« Wäre die Bombe vor Ort explodiert, «dann könnte die Ikea neu bauen«, meint Polizeisprecher Koch. Warum die Bombe ausgerechnet in Poppenreuth, weit ab von Zielen für Fliegerangriffe lag, kann nicht geklärt werden. «Alles Spekulation«, sagt Ralph Koch.

Baggerfahrer Heiko Zettel indes hat noch ein letztes Mal mit der entschärften Bombe zu tun. Sprengmeister Becher hängt sie mit seinem Gurt an die Baggerschaufel, Heiko Zettel zieht sie hoch und legt sie neben dem ausgebaggerten Kanalschacht ab. Dort trägt Karl-Heinz Wolfram mit einer Harke anhaftendes Erdreich ab, die Presse bittet noch einmal um ein Foto, dann wird die Bombe in den VW-Bus des Kampfmittelbeseitigungsdienstes geladen und später fachgerecht auseinandergenommen und entsorgt.

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