Darum ist ProSiebens "The Masked Singer" so erfolgreich

4.7.2019, 23:12 Uhr
Wenn ein Engel und ein Teufel auf einer Showbühne gegeneinander singen, dann kann es nur "The Masked Singer " bei ProSieben sein. Unter den Ganzkörperkostümen verstecken sich Prominente.

© ProSieben / Willi Weber Wenn ein Engel und ein Teufel auf einer Showbühne gegeneinander singen, dann kann es nur "The Masked Singer " bei ProSieben sein. Unter den Ganzkörperkostümen verstecken sich Prominente.

Der Slogan "die beste verrückteste Show der Welt" ist freilich Marketing, doch warum sich ProSieben für diesen Werbespruch entschied, wurde nach der Auftaktausgabe von "The Masked Singer" am vergangenen Donnerstag schon ein bisschen deutlich. Zwar fiel das Format letztlich nicht so anarchisch aus wie zunächst angekündigt, dennoch verbirgt sich hinter der neuen Show ein wilder Genre-Mix aus Gesangs-Competition, Rätselshow und Bad-Taste-Party.

Gewagte Show, die eigentlich kein Wagnis ist

Um die Prämisse des Formats noch einmal zusammenzufassen: zehn Prominente singen und performen hinter schrillen Ganzkörperkostümen ausgewählte Popsongs. Eine vierköpfige Jury aus Sängern und Medienpersönlichkeiten bewertet kurz die Auftritte und gibt Prognosen ab, wer sich hinter den Maskierungen verbergen könnte. Jede Woche gibt es zu den singenden Promis neue kryptische Hinweise in Form von Einspielern. Letztlich stimmt im Rahmen der Live-Show jedoch das Publikum ab, wie es die Performance fand. Der schwächste Teilnehmer muss die Sendung verlassen und wird demaskiert.

Für ProSieben, das bei vielen Zuschauern vor allem als Abspielstation von US-Serien und als Joko-und-Klaas-Sender bekannt ist, kennzeichnet das abgedrehte "The Masked Singer" auf den ersten Blick ein Wagnis. Letztlich generierte die Sendung in ihrer ersten Folge 20 Prozent Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe – so viel wie bei ProSieben sonst nur "Germany’s Next Topmodel" oder "The Voice of Germany" holen. Es war der beste Start einer ProSieben-Show seit 2011, der auch von großer Resonanz in den Sozialen Medien begleitet wurde. In Wahrheit war das Risiko vor dem Start auch gar nicht so groß wie manch einer vielleicht dachte, denn "The Masked Singer" hat sich auf dem internationalen Markt längst bewährt.

Ursprünglich stammt die Idee zur Sendung aus Südkorea, wo das Format schon in fünf Staffeln lief. Seit Jahren werden TV-Produktionen aus Fernost immer beliebter. Daher kommen etwa Formate wie "Die Höhle der Löwen" oder "Ninja Warrior". Anfang dieses Jahres startete der verrückte Gesangswettbewerb auch in den USA, die für den westlichen Markt ohnehin Vorbild sind. Beim Sender FOX, das ähnlich wie ProSieben besonders junge Zuschauer anspricht, schlug die Sendung voll ein und wurde zur erfolgreichsten Show seit der "DSDS"-Vorlage "American Idol".

Deshalb ist "The Masked Singer" so erfolgreich

Die Produktionsfirma Endemol Shine, die das Format sowohl in den Staaten als auch hierzulande produziert, konnte sich des Interesses deutscher Fernsehanbieter sicher sein, was sich auch in einem Bieterwettstreit in der deutschen Medienbranche ausdrückte. Laut Informationen von DWDL verwandelte sich die Show zum Zankapfel, als ProSiebenSat.1 der RTL-Gruppe das Format vor der Nase wegschnappte, ohne dass RTL über das Gebot des großen Konkurrenten informiert worden war. RTL läutete aus Ärger darüber eine Eiszeit mit der Produktionsfirma ein, obwohl beide gerade an der internationalen Hit-Show "Sing mit mir" gearbeitet hatten.

Was steckt hinter dem Erfolgsrezept von "The Masked Singer"? Eine der weniger überraschenden Erklärungsversuche besteht darin, dass Gesangs-Wettbewerbe ohnehin schon seit Jahren auf dem internationalen TV-Markt Hochkonjunktur haben. Treten dabei auch Prominente an, dann umso besser. Der wesentlich wichtigere Grund für das hohe Interesse am Format liegt allerdings im Rätselraten, wer sich hinter den teuren Kostümen verbirgt, die jeweils 15.000 bis 20.000 Euro gekostet haben. Über den ganzen Verlauf der Staffel arbeitet diese Prämisse für ProSiebenSat.1 und wirkt gerade im Zeitalter der Sozialen Medien, die zur Diskussion über TV-Sendungen einladen, besonders aufmerksamkeitserregend. Diese zu leistende Detektivarbeit weckt bei vielen Zuschauern großen Ehrgeiz.

Wie groß ist die Zukunft der Show?

Deshalb gab sich die Sendung in Form der aus Ruth Moschner, Collien Ulmen-Fernandes, Max Giesinger und Gastjuror Rea Garvey bestehenden Jury im Rahmen der Premiere auch alle Mühe, wilde Vermutungen zu streuen, wer denn da auf der Bühne der ProSieben-Show in Engel-, Monster-, Grashüpfer oder Schmetterling-Kostümen singen könnte. Genannt wurden etwa internationale Stars wie Britney Spears oder Robbie Williams, aber auch deutsche Größen wie Stefan Raab oder Andreas Bourani. Dass diese Promis es niemals nötig hätten, bei einer derartigen Show mitzumischen, sollte jedem rational denkenden Zuschauer klar sein, doch diese abwegigen Mutmaßungen haben nicht nur Methode, sondern auch einen echten Effekt auf die Zuschauer, die insgeheim hoffen, dass doch ein Mega-Star oder zumindest eine faustdicke Überraschung unter der Maske zum Vorschein kommt.

Genau darin liegt aus langfristiger Sicht auch das Problem von "The Masked Singer". Noch trägt das Geheimnis, wer denn nun hinter den Kostümen steckt, dieses Format, das hinsichtlich der Laufzeit und des Tempos etwas zu lang geraten ist und gerade auf Seiten der Jury bislang recht inhaltslose Kommentare zu Tage fördert. Das liegt auch daran, dass die Show in Deutschland erstmals weltweit live zu sehen ist.

Doch während etwa die USA aus einem reichen Pool an Prominenten schöpfen und echte Überraschungen produzieren kann, wird die ProSieben-Show aller Voraussicht nach meist auf den sehr endlichen Kreis an B-Prominenz zurückgreifen, der sich ohnehin schon in der viel zu großen Anzahl an Promi-Shows im deutschen Fernsehen tummelt. Ist dies der Fall, verliert die Sendung schnell ihren Reiz.

In den kommenden Wochen hat "The Masked Singer" die Gelegenheit das Gegenteil zu beweisen. Für die aktuelle Staffel kündigte Moderator Matthias Opdenhövel einige hauptberufliche Musiker an, aber auch Schauspieler und Sportstars. Mit Lucy Diakovska (ehemals "No Angels") und Susan Sideropoulos lag der Star-Faktor der demaskierten Promis in den ersten beiden Episoden nicht sonderlich hoch. Vier Episoden stehen noch aus.

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