Die Klagen über pfeifende Züge in der Region mehren sich
23.9.2011, 10:00 UhrJohannes Dentsch (17) kann auch in den Schulferien nicht ausschlafen. Pünktlich um 20 Minuten vor sechs Uhr fährt der erste Zug auf der Bahnlinie Bayreuth-Weidenberg pfeifend direkt am Haus seiner Eltern vorbei. „Und wenn man doch wieder einschläft, kommt schon der nächste Zug, dann ist die Nacht endgültig gelaufen“. Als sein Vater Rolf das Haus vor 14 Jahren in Görschnitz direkt neben den Gleisen baute, fuhr kein Zug mehr auf der Ende des 19. Jahrhunderts errichteten Nebenbahn ins Fichtelgebirge. „Niemand hat damals damit gerechtet, dass die Strecke wiederbelebt wird.“
Im Vertrauen auf die endgültige Stilllegung sind damals auch Michaela und Holger Kahler aus einer lauten Einfallstraße in Bayreuth in den beschaulichen kleinen Ortsteil der Gemeinde Weidenberg gezogen. Zehn Jahre herrschte idyllische Ruhe. Doch dann wurde die Strecke saniert. Doch wenigstens am Wochenende herrschte Betriebsruhe — zunächst. „Das ständige Pfeifen der Züge konnte einen wahnsinnig machen“, klagt das Ehepaar Kahler.
Doch für die Klagen der Anwohner über den durchdringenden Lärm interessierte sich niemand. „Stattdessen wurde dem Ganzen die Krone aufgesetzt, denn seit Mitte Juni gilt ein neuer Fahrplan.“ Jetzt fahren die Züge im Stundentakt — und zwar auch an Sonn- und Feiertagen und den Wochenenden. „Mittlerweile fährt der Zug über 30-mal am Tag fast leer an unserem Haus vorbei, begleitet von einem ohrenbetäubenden Lärm.“
Eier gegen Eisenbahnen
Grund für das Pfeifen sind die vielen ungesicherten Bahnübergänge an der Strecke. Schilder mit einem schwarzen „P“ auf weißem Grund, bedeuten den Lokführern, das Signalhorn zu betätigen, um andere Verkehrsteilnehmer zu warnen. „Wir wurden von den Anwohnern schon mit Mistgabeln bedroht und mit Eiern beworfen“, berichten Lokführer. Sie haben allerdings auch Verständnis für die Klagen der Anwohner. „Wenn man die Übergänge schließen oder durch Schranken oder Blinklichtanlagen ersetzen würde, müssten wir nicht mehr pfeifen.“ Doch das kostet eine Menge Geld.
Auch im Landkreis Forchheim hatte es in den vergangenen Jahren verstärkt Klagen von Anliegern der Bahnstrecke Forchheim— Ebermannstadt gegeben. 2007 wurden dort noch insgesamt 74 Bahnübergänge gezählt, von denen 70 nicht technisch gesichert waren. Um das nervige Pfeifen deutlich zu reduzieren, wurden im Laufe der Zeit immer mehr Bahnübergänge aufgelassen. Allein auf dem Gebiet der Gemeinde Kirchehrenbach, einer der am stärksten betroffenen Kommunen entlang der Bahnlinie durchs Wiesental, wurde die Mehrzahl der insgesamt 18 Übergänge beseitigt. Die Folge: weniger Pfeiferei. In Weidenberg ist man davon noch ein ganzes Stück entfernt. Sowohl Gemeinde als der Landkreis suchen nach Lösungen, wie das Hupen reduziert werden kann. Im Oktober sollen sie auf einer Bürgerversammlung vorgestellt werden.
7 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich zuvor registrieren.
0/1000 Zeichen