Die Suche nach Peggy ist noch nicht zu Ende

22.5.2013, 10:22 Uhr
Die Suche nach Peggy ist noch nicht zu Ende

© News5/Fricke

Zwölf Jahre sind seit dem mysteriösen Verschwinden der neunjährigen Peggy am 7. Mai 2001 in Lichtenberg ins Land gegangen. Und obwohl mit Ulvi K. ein rechtskräftig verurteilter Mörder des Schulmädchens in der Bayreuther Psychiatrie einsitzt, ist der Fall heute wieder so unklar wie am ersten Tag. Denn Peggys Leiche bleibt verschwunden. Dabei hatte es vor vier Wochen so ausgesehen, als stünde eine spektakuläre Wende in dieser unglaublichen Kriminalgeschichte bevor.

Ein riesiges Polizeiaufgebot rollte im April in die oberfränkische Kleinstadt, das technische Hilfswerk begann, den Hof eines der bunten Wohnhäuser direkt am Marktplatz auszubaggern. Die Staatsanwaltschaft hatte einen Durchsuchungsbeschluss des Anwesens eines 66-Jährigen erwirkt, weil sie signifikante Hinweise erhalten hatte, dass Peggys Leiche hier vergraben sei.

Auf dem Roller unterwegs

Doch die spärlichen Knochen, die man in einer alten Sickergrube auf dem Grundstück ausgebuddelt hatte, stammen nicht von dem zarten Mädchen, das mit seinem Roller über die buckligen Lichtenberger Straßen sauste und ohne Arg auf die Menschen zuging. Das haben jetzt Tests in verschiedenen Laboren ergeben. Woher der Fund stammt, ob er zu einem früheren Friedhof gehört oder gar tierischen Ursprungs ist, sollen weitere Untersuchungen aufdecken. Man wolle auch ausschließen, dass die Knochen Zeugnis eines anderes Verbrechens sind, von dem man noch nichts wisse, sagt Herbert Potzel, der leitende Oberstaatsanwalt in Bayreuth. 

Jetzt ist also wieder alles so damals: Es gibt keinen Beweis für Peggys Tod. Und auch keinen, dass sie noch lebt. Trotzdem wurde der geistig behinderte Gastwirtssohn Ulvi K. im Jahr 2004 vor dem Landgericht in Hof zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Er hatte gestanden, das Kind getötet zu haben, um einen sexuellen Missbrauch an ihr zu vertuschen. Er hatte sein Geständnis widerrufen, später erneut gestanden.

All diese Merkwürdigkeiten schildern die Münchner Autoren Ina Jung und Christoph Lemmer in ihrem jüngst erschienen Buch „Der Fall Peggy — Die Geschichte eines Skandals“. Sie listen zum Beispiel auf, dass „ausgerechnet beim entscheidenden Verhör“ Ulvis Anwalt nicht dabei war. Und dass ausgerechnet in diesem Moment das Tonbandgerät kaputt ging. Ulvis Geständnis ist deshalb bis heute umstritten. Die Zweifel an seiner Schuld bleiben.

Der freundliche Oberstaatsanwalt Ernst Schmalz in Bayreuth kennt diese Geschichten. Er kennt die Widersprüche, Vorwürfe und Ungereimtheiten, die das Verfahren in Hof begleitet haben. Im vergangenen Sommer, als Ulvis Anwalt einen Wiederaufnahmeantrag ankündigte, begann auch Schmalz neu in dieser Sache zu ermitteln. 

Die Durchsuchungsaktion in Lichtenberg ist eine Folge seiner Recherche. Es wird nicht die einzige bleiben. Viele neue, ernsthafte Hinweise über das Schicksal der Schülerin seien eingegangen, sagt Schmalz. Auch einer Spur in Sachsen-Anhalt gehe man nach.

Sie führt zu einem Mann, der oft in der Wohnung über der von Peggys Mutter zu Besuch war. Ihn klagt die Bayreuther Justiz in Kürze an, weil er sich an dem Mädchen in dieser Wohnung vergangen haben soll. Das Mädchen war Peggys Schulfreundin. 

Peggys Mutter habe ein Recht darauf, endlich zu erfahren, was mit ihrem Kind wirklich passiert ist, begründet Oberstaatsanwalt Schmalz seine Arbeit. Susanne K., Peggys Mutter, schweigt bislang zu all den neuen Vorgängen. Die „wühlen alles wieder auf“, sagt ihre Anwältin. Erst wenn Peggys Knochen tatsächlich entdeckt werden oder wenn es einen neuen Prozess gibt, wolle sie sich wieder an die Öffentlichkeit wenden.

Manchmal, sagt die Anwältin, denke Susanne K. auch an Natascha Kampusch. Die junge Frau war acht Jahre lang von ihrem Peiniger in einem Kellerverlies gefangen gehalten worden, ehe sie flüchten konnte.

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