"Dinner for One": So sehr leidet die Leber von Butler James

20.12.2020, 06:00 Uhr
Miss Sophie macht es ihrem Butler nicht leicht. Zur Feier ihres 90. Geburtstags muss James gleich für Vier trinken.

© imago/united archives Miss Sophie macht es ihrem Butler nicht leicht. Zur Feier ihres 90. Geburtstags muss James gleich für Vier trinken.

Zuerst Sherry zur Suppe. Dann Weißwein zum Fisch. Champagner zum Hühnchen. Und Portwein zu den Früchten. Für Miss Sophie ist das eine ganze Menge. Schließlich empfiehlt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Frauen, nicht mehr als ein kleines Glas Wein am Tag zu trinken. Aber Sophie feiert ihren 90. Geburtstag – da darf sie ruhig über die Stränge schlagen.

Härter trifft es ihren Butler James. Er springt für ihre vier bereits verstorbenen Gäste ein – und trinkt für alle mit. Das macht vier Gläser Sherry, vier Gläser Weißwein, vier mal Champagner und vier mal Portwein. Wobei er bei Sir Toby gerne noch nachschenkt. Im Gegenzug dazu verschüttet er im Laufe des Abends auch den ein oder anderen Schluck und greift aus Versehen zur Blumenvase und erwischt Wasser statt Wein.

Fast vier Promille

Ansgar Lohse hat ausgerechnet, wie viel Alkohol da zusammenkommt: "Wenn man vom normalen Standardglas mit 0,1 Liter und einem durchschnittlichen Alkoholgehalt der Getränke von zwölf Volumenprozent ausgeht, hat James nach dem Dinner 192 Gramm reinen Alkohol intus." Dabei empfiehlt die Bundeszentrale als Richtwert für Männer maximal 24 Gramm am Tag, für Frauen zehn bis zwölf.


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Lohse ist Klinikdirektor für Innere Medizin und Gastroenterologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Gemeinsam mit dem Journalisten Ulf Goettges hat der Experte im Dezember das Buch "Das Schweigen der Leber" im Trias Verlag veröffentlicht.

"Die Leber hat keine Schmerzsensoren, deshalb macht sie sich nicht bemerkbar, wenn ihr zu viel zugemutet wird", heißt es darin. "Lang erträgt sie still falsche Ernährung, Alkohol oder Medikamente." Für ihr Buch haben die beiden Autoren passend zu Silvester den Alkoholpegel des berühmten Butlers James aus der Kultsendung "Dinner for One" untersucht – und kommen auf 3,92 Promille.

Der Sketch aus dem Jahr 1961 gehört für viele am letzten Tag des Jahres zum Pflichtprogramm im Fernsehen. Neun Sendetermine gibt es allein am 31. Dezember und zwei an Neujahr. Dazu kommen Abwandlungen in Kölner Dialekt und auf Hessisch, sowie eine fränkische Version mit dem Fürther Komikerduo Volker Heißmann und Martin Rassau.


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Mittrinken vor dem Fernseher würde Lohse allerdings nicht empfehlen. "Was James konsumiert, entspricht etwa dem Zehnfachen der Tagesration, die Männer ohne medizinische Bedenken zu sich nehmen können", sagt der Leberexperte.

Der Butler ist zudem nicht mehr der Jüngste. Falls er Medikamente nehmen muss, kann das die Wirkung des Alkohols beeinflussen. Im Alter speichern die Körperzellen außerdem schlechter Wasser als früher. Dadurch führt die selbe Menge Wein und Sekt zu einer höheren Alkoholkonzentration im Blut – und man wird schneller betrunken.

Elf Mal über den Tigerkopf

Bei James dauert das keine 15 Minuten. Während Miss Sophie den Alkohol gut zu vertragen scheint – sie isst schließlich auch etwas dazu – macht sich die Trunkenheit ihres Angestellten zunehmend bemerkbar. Fans haben mitgezählt: Elf mal stolpert er auf dem Weg zur Theke über den Kopf des ausgestopften Tigerteppichs. Er lallt zunehmend, torkelt und wirft die Hausherrin sogar fast vom Stuhl. "Bekanntermaßen ist der arme James am Ende des Dinners stockbetrunken."

In ihrem Buch erklären die Autoren, welche Folgen das für die Leber hat. "Trinken wir Alkohol, werden kleine Anteile davon über Nieren, Lunge und Haut ausgeschieden, aber die restlichen mindestens 90 Prozent sind aus der Perspektive der Leber schlicht Gift." Das versucht sie loszuwerden und baut den Alkohol in andere Substanzen um, die dann zu Benommenheit, Schwindel, Kopfschmerzen und Übelkeit führen.

James Leber wäre überfordert. "Tatsächlich drohen ab diesem Promillewert Lähmungen, Atemstillstand und sogar der Tod", sagt Lohse. "Dass es James in diesem Zustand noch die Treppe hoch schafft und schelmisch augenzwinkernd dem amourösen Dessert des Dinners entgegentorkelt, ist nur der dichterischen Freiheit geschuldet." Für den Butler geht Silvester gut aus – wie jedes Jahr.

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