Eine phantastische Reise ins Innere der Welt

30.5.2002, 00:00 Uhr

Die Rede ist von einem in der Region, möglicherweise sogar weit darüber hinaus einzigartigem Flußhöhlensystem, das eine 20-köpfige Forschergruppe aus Franken Stück für Stück erforscht hat und das vor kurzem erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Zweieinhalb Jahre hatten die Höhlenkundler mit Hilfe der Mühlbacher einen 60 Meter langen Stollen in das Karstgebirge hinter dem Dorf gebuddelt, bis es ihnen im Januar 2001 gelang, die Felswand zu durchdringen.

Enge Schluchten

Was sich den Amateurforschern dort eröffnete, ist eine bizarre unterirdische Welt von enormem Umfang: Mehr als fünf Kilometer reichen die beiden Äste der Mühlbachquellhöhle nach bisherigen Erkenntnissen in den Karst hinein. Ein verzweigtes Labyrinth aus Gängen und Wasserstraßen, in das die Höhlenkundler nur äußerst schwierig, bei zum Teil abenteuerlichen Erkundungstouren mit schwerem Tauchgerät und ferngesteuertem Mini-U-Boot vorstoßen konnten. Eine phantastische Reise ins Innere der Welt, wo sich Tropfstein-Hallen und enge Schluchten mit tiefen Seen und Wasserfällen überbieten: In einer der unterirdischen Hallen stürzt aus rund drei Metern Höhe der Mühlbach tosend in die Tiefe.

Der Berg hinter dem Ort, so hatten schon einmal Forscher Anfang des vergangenen Jahrhunderts vermutet, beherbergt ein riesiges unterirdisches Mündungsdelta. Doch dauerte es fast 100 Jahre, bis diese Vermutung bestätigt wurde. Nur aus der schwäbischen Alb kennt die Wissenschaft in Deutschland bisher vergleichbare Höhlensysteme, heißt in einer kürzlich erschienenen Dokumentation. Die Bedeutung der Mühlbachquellhöhle für die Region schätzen die Forscher deshalb als enorm ein, auch, weil damit die Entwicklungsgeschichte der Karstlandschaft im Altmühltal und in der Frankenalb noch einmal ganz andere Facetten enthält. Auch existiert nun erstmals ein Zugang zu den weitverzweigten unterirdischen Wasserwegen, aus denen sich die Quellen und Flüsse in der Gegend speisen.

Die vollständige Dokumentation des Naturwunders indes, sind sich die Forscher einig, wird Jahre in Anspruch nehmen. Nicht zuletzt wegen des schwierigen Zugangs zu der Höhle, der derzeit nur durch den engen selbst gegrabenen Stollen möglich ist. Doch bei der Gemeinde Dietfurt hat man in Sachen Vermarktung keine Eile. „Ob wir die Höhle oder Teile davon irgendwann einmal der Öffentlichkeit zugänglich machen werden, kann ich heute noch nicht sagen”, sagt Bürgermeister Franz Stefan, „das hängt stark davon ab, was die Experten sagen”.

Dennoch, seit der Präsentation im März hat das Höhlenfieber auch den 311-Seelen-Ort erfasst. Und damit Einheimische und Besucher wenigstens virtuell in den Genuss des Naturschauspiels kommen können, will Franz Stefan nachhelfen: „Wir sind mit den Fachleuten in engem Kontakt. Bis Herbst hoffen wir, dass eine Bilddokumentation und ein Film fertig sind und dass sich dann Bürger und Besucher hier vor Ort über die Höhle informieren können. Vielleicht richten wir auch eine Art Museum ein.”

Doch vor einem warnen Bürgermeister und Forscher: Das neu entdeckte Höhlensystem auf eigene Faust zu erkunden. Das sei kein Trip für Selbstverwirklicher, sondern lebensgefährlich. Und es könnte ein nahezu unberührtes Paradies für immer zerstören.

Am Freitag, 5. Juli, um 20 Uhr, findet im Hörsaal 201 der Katholischen Universität Eichstätt, Ostenstraße 25, ein Multivisionsbericht der Karst-Gruppe Mühlbach über ihre Forschungen in der Mühlbachquellhöhle statt.