Entscheidung: Kein Alkohol an Tankstellen mehr ab 22 Uhr

2.10.2012, 10:34 Uhr
Entscheidung: Kein Alkohol an Tankstellen mehr ab 22 Uhr

© dpa

An bayerischen Tankstellen soll es nach 22.00 Uhr in Kürze keinen Alkohol mehr zu kaufen geben. Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) und die zuständigen Tankstellenverbände einigten sich am Montag nach langem Streit darauf, eine entsprechende Selbstverpflichtung auf den Weg zu bringen. Man appelliere nun gemeinschaftlich an alle Tankstellenbetreiber, nachts keinen Alkohol mehr zu verkaufen, erklärte Haderthauer nach dem Treffen in München. «Dies ist ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen Alkoholmissbrauch auch durch Jugendliche und die Alkoholweitergabe an unsere Jugendlichen», betonte die Ministerin. Vertreter der Verbände begrüßten, dass dafür der Verkauf von Nicht-Alkoholika auch an Fußgänger und Radfahrer nun abends und nachts wieder möglich sein soll - wenn auch nicht im Übermaß.

Haderthauer betonte, sie freue sich über die Bereitschaft der Tankstellenverbände zu einer Selbstverpflichtung. Die Öffentlichkeit und die Eltern erwarteten zu Recht, dass man etwas dagegen unternehme, wenn die nächtliche Öffnung von Tankstellen zu einem ausufernden Alkoholkonsum von Jugendlichen beitrage, erklärte sie.

Der Präsident des Fachverbands Tankstellengewerbe Bayern, Günther Friedl, betonte: «Als Tankstellengewerbe Bayern nehmen wir unsere gesellschaftliche Verantwortung wahr und empfehlen unseren Mitgliedern, ab 22.00 Uhr keinen Alkohol mehr zu verkaufen.» Der Landesgruppenchef des Bundesverbands freier Tankstellen, Christian Amberger, erklärte, sein Verband unterstütze «grundsätzlich jede Initiative, die geeignet ist, aktiven Jugendschutz zu betreiben».

Auf der anderen Seite will das Sozialministerium, wie dies Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zuletzt verlangt hatte, dafür sorgen, dass Fußgänger oder Radfahrer auch nach 20.00 Uhr und an Sonntagen wieder ungestört an Tankstellen einkaufen können. Das Ministerium werde in einem Rundschreiben klarstellen, dass das in Bayern geltende Bundesladenschlussgesetz «lebensnah und vor allem nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vollzogen werden soll». Zuletzt hatte das Ministerium in neuen Vollzugshinweisen eine strikte Anwendung des Ladenschlussgesetzes eingefordert - und damit eine Welle der Kritik ausgelöst. Bislang nämlich war das Gesetz in der Praxis von vielen Tankstellen ignoriert worden - ohne Konsequenzen.

«Wichtig für die Branche ist die Aufhebung der Unterscheidung zwischen Reisenden und Nichtreisenden», betonte Friedl. Somit dürften Tankstellen in Bayern nachts in Zukunft wieder Reisebedarf - also beispielsweise Zeitungen, Tabakwaren, Lebensmittel, Getränke und vieles mehr - an jedermann verkaufen. Amberger erklärte: «Damit wird es auch weiterhin nicht unverhältnismäßig sein, nach Ladenschluss etwa eine Flasche Cola an einen Fahrradfahrer zu verkaufen.»

Nürnberger Pächter ahnungslos

Hans Schuster, Tankstellen-Pächter in Nürnberg, erfuhr erst durch die Nachfrage unserer Zeitung von der Idee der Selbstverpflichtung. Schuster würde dieser zwar zustimmen, doch zweifelt er stark an, dass so der Alkoholmissbrauch eingedämmt werden könne. Größere Mengen an Alkohol, sagt Schuster, würden die Jugendlichen an der Tankstelle ohnehin nicht mehr kaufen. Diese seien ihnen zu teuer. Zudem könnten sich die Jugendlichen bereits vor 22 Uhr mit Bier oder Wodka eindecken. Der Tankstellen-Pächter habe das Gefühl, „dass die Politiker nicht mehr wissen, was sie wollen“.

Der Appell an die Tankstellenbetreiber, heißt es auf NZ-Nachfrage beim Fachverband Tankstellengewerbe Bayern, wird in den nächsten Tagen den Mitgliedern per Post verschickt. Aber, so der Einwand, erst wenn die bisherige Regelung durch das Ministerium geändert sei. Diese sah bisher folgendes vor: Sowohl Alkoholika als auch Reisebedarf – darunter fallen Lebensmittel, Tabak oder Zeitschriften – durften sonntags und nach 20 Uhr nicht mehr an Nicht-Reisende wie Fußgänger oder Radfahrer abgegeben werden.

Im Fachverband sieht man die Idee der Selbstverpflichtung als „Kompromiss“. Die Alternative wäre gewesen, dass diese Regelung weiter bestehen geblieben wäre.

23 Kommentare