Kirchlicher Träger auf dem Rückzug

Altenheim in Bubenreuth: Die meisten sind "sehr, sehr, sehr enttäuscht" von der Caritas

13.8.2021, 12:20 Uhr
Altenheim in Bubenreuth: Die meisten sind

© Klaus-Dieter Schreiter, NN

Helmut F.'s Mutter muss mit fast 100 Jahren noch einmal umziehen. Weil das Pflegeheim, in dem sie vor rund vier Jahren nach einem Sturz in ihrer alten Wohnung einen Platz gefunden hatte, dicht macht. 54 weiteren Pflegebedürftigen geht es genauso. "Sehr, sehr, sehr enttäuschend" findet ihr Sohn diese Tatsache - und ist mit dieser Meinung längst nicht allein.

Hans-Jürgen Leyh zum Beispiel spricht von einem leckeren Erdbeerkuchen, der ihm vor drei Jahren von der Caritas angeboten worden sei. Damals habe sich der Verband zusammen mit der Gemeinde um einen Neubau bemüht. Man sei, so Leyh, sogar in ein Heim in Ansbach gefahren, um sich in der damals relativ neuen Einrichtung vom selben Träger Anregungen für Bubenreuth zu holen. Ein zweites Altenheim wollte man sich auch noch gemeinsam anschauen. Von der Caritas gehört habe Leyh, Seniorenbeauftragter in Bubenreuth, nie wieder etwas. vom Erdbeerkuchen sei nur noch ein fader Beigeschmack übrig.

Apothekerin hatte gerade erst Vertrag mit der Caritas unterschrieben

Auch Sophia Sauerborn ist extrem enttäuscht. Gerade erst hatte die Apothekerin einen sogenannten Heimversorgungsvertrag mit dem Caritas-Pflegeheim unterschrieben. Auf vier Jahre ist er angelegt und sichert dem Heim zu, dass Sauerborn alle Medikamente für jeden Bewohner individuell so zusammenstellt, dass das Pflegepersonal nur noch die jeweilige Dosis verteilen muss, ganz gleich, ob es sich um Tabletten oder ein flüssiges Medikament handelt. Sauerborn hat dafür tief in die Tasche gegriffen, ihre Apotheke umgebaut, eine neue Software angeschafft, den Computer mit unzähligen Daten gefüttert, Personal eingestellt und geschult.

Den Vertrag hatte die Apothekerin Mitte Mai unterschrieben, zum 1. Juli trat er in Kraft. Etwa eine Woche später veröffentlichte der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg die Meldung, dass das Bubenreuther Pflegeheim zum Jahresende schließen muss. "Mit mir hat die Caritas bis heute keinen Kontakt aufgenommen", sagt Sauerborn.

Aufzug kaputt, Brandschutz nicht auf Stand

Rückblick: Das Alten- und Pflegeheim wurde 1988 dort eingeweiht, wo zuvor eine Lehrwerkstatt für Geigen-, Zupfinstrumenten- und Bogenbau stand. Vorgesehen für ursprünglich 96 Plätze hatten zuletzt nur noch 55 Ältere hier ihr Zuhause. Laut Caritas sei der Rückgang damit zu begründen, dass nur noch schwer Pflegepersonal zu bekommen sei. Dies läge auch daran, dass der bauliche Zustand des Hauses nicht mehr den Vorgaben entspreche. Sowohl die Rufanlage als auch der Aufzug seien zuletzt zeitweise ausgefallen, heißt es. Es gäbe einen hohen Reparaturbedarf und auch für die Brandschutzvorgaben müsste nachjustiert werden.

Das Landratsamt hat eine Frist zum 31. Dezember 2023 gesetzt. "Bereits seit zehn Jahren sucht die Caritas intensiv nach einem Standort für einen Ersatzneubau", so Pressesprecher Klaus Krieger. "Da alle Bemühungen ergebnislos verlaufen sind, bleibt zur Aufgabe der Einrichtung keine Alternative." Dazu zähle auch der Umbau im laufenden Betrieb, für den die Grundstücksverhältnisse zu eng seien.

12 Millionen Mark investiert

Abgesehen vom baulichen Zustand der Immobilie, in die damals rund 12 Millionen Mark investiert wurden (zu denen die Gemeinde einen Zuschuss in Höhe von 800 000 Mark gegeben hatte), gäbe es auch weder Neuanmeldungen noch Nachfragen nach freien Plätzen.

Also müssen 55 Alte raus. Helmut F. (Name geändert), der vor vier Jahren schon von Ingolstadt bis Hof telefoniert hatte auf der Suche nach einem Heimplatz für seine Mutter, ist tief enttäuscht. "Ich hätte nie gedacht, dass die Caritas die ihnen anvertrauten Leute auf die Straße setzen würde. Bei einer Kapitalgesellschaft wäre das vielleicht eher denkbar, aber bei der Caritas?" Inzwischen hat er eine neue Bleibe gefunden. Das Bubenreuther Heim übernimmt sogar den Umzug, die Angestellten seien nach wie vor sehr freundlich und hilfsbereit. "Mein Ärger gilt eher denen in Bamberg."

Die meisten haben eine neue Bleibe gefunden

Sophia Sauerborn sucht nach einem alternativen Heim, dem sie ihre Leistung anbieten kann. Der Vertrag mit der Caritas war bewohnerbezogen ausgehandelt. Jeder Mensch, der schon vor Jahresende auszieht, bedeutet für sie weniger Einnahmen. Spätestens am 30. November sei Schicht im Schacht.

Bürgermeister Norbert Stumpf glaubt, dass es so lange gar nicht dauern wird. Die meisten, hat er erfahren, hätten schon eine neue Unterkunft gefunden oder seien kurz davor. Auch er ist sauer. Die Caritas, so seine Einschätzung, habe nicht den Willen gehabt, in den Bestand zu investieren. Sie hätte auf die Kommune zugehen können, man hätte zum Beispiel zusammen mit Fachbehörden über das Thema Brandschutz reden können. Stattdessen der Rückzug. Ende September habe er einen Termin mit der Caritas. Dann, so Stumpf, gehe es hoffentlich um die Frage, was aus der Immobilie am Eichenplatz wird. Denkbar sei vieles: Eine Tagespflege, eine Sozialstation oder Unterkünfte für Pflegepersonal, das in Bubenreuths neuem Altenheim arbeiten werden... Denn ein neues Heim soll kommen - auch ohne die Caritas. Die Gemeinde und Grundstücksbesitzer liegen in der letzten Abstimmungsphase für ein Neubaugebiet in Bubenreuth. Der Caritas habe man nicht nur dort mehrfach angeboten mitzuwirken - vergebens.

Am Lebensende ein zweites Mal vertrieben?

In der Gemeinde, sagt Stumpf, sei sehr viel Unmut zu spüren. Oft sei der Tenor der gleiche: Viele der letzten Bewohner sind Vertriebene, die nach dem Krieg in Bubenreuth ein neues Zuhause gefunden haben, und ausgerechnet von einer kirchlichen Einrichtung nun noch einmal vertrieben würden.

Und die Angestellten? Ihnen würden andere Arbeitsplätze in der Caritas gGmbH angeboten. "Betriebsbedingte Kündigungen können dennoch nicht ausgeschlossen werden," heißt es in einer Pressemitteilung. Norbert Stumpf sagt, dass einige eine neue Stelle hätten, andere sich noch mitten in Gesprächen befänden - und dass die Caritas auf manche noch immer nicht zugegangen sei.

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