An bröckelnder Uni Erlangen herrscht Helmpflicht

24.7.2013, 07:00 Uhr
In Teilen der Uni Erlangen herrscht nun Helmpflicht.

© Bernd Böhner In Teilen der Uni Erlangen herrscht nun Helmpflicht.

„Eigentlich müsste ich jetzt die komplette Bibliothek mitnehmen. Ich hoffe aber, dass ich über die Fernausleihe an Bücher komme, die ich so dringend benötige.“ Marion Scheiblecker, Studentin der Klassischen Archäologie, steht am Eingang zum Philosophischen Seminargebäude II der Friedrich-Alexander-Universität an der Kochstraße und klingt verzweifelt. Kein Wunder, steckt sie doch mitten in der Endphase ihrer Abschlussarbeit. Mitte September muss sie abgeben. Da kommt das Durcheinander in ihrem Instituts-Gebäude natürlich mehr als ungelegen. „In den vergangenen Wochen war ich nahezu jeden Tag hier“, erzählt sie. Danach schnappt sie sich einen Bauhelm und geht in die Bibliothek, um ihren Ordner mit Unterlagen abzuholen, den sie dort deponiert hat.

Die Probleme mit dem Ende der 50er Jahre in Betrieb genommenen Bau hatten sich seit längerem angekündigt. Als am 21. Juni im Untergeschoss ein Teil einer Zimmerdecke heruntergebrochen und auf einen Schreibtisch gestürzt war, hatte das Staatliche Bauamt Erlangen-Nürnberg eine flächendeckende Untersuchung der Putzdecken durch einen Sachverständigen in die Wege geleitet. Die ersten Berichte des Experten riefen umgehend Uni-Kanzler Thomas A.H. Schöck auf den Plan: „Zwar liegen die Untersuchungsergebnisse noch nicht vollständig vor, allerdings zeigt sich bereits, dass in weiteren Räumen mit einer Gefahr für Leib und Leben gerechnet werden muss.“

Und so steht nun Heiner Stix, Leiter der Abteilung Marketing und Kommunikation der FAU, mit einem Team im Eingangsbereich. Zwei Männer vom Sicherheitsdienst fangen alle Besucher ab und lotsen sie zum „Lagezentrum“. Hier muss sich jeder anmelden. Wer wichtige Dinge aus dem Gebäude holen muss, bekommt einen Helm verpasst und hat eine halbe Stunde Zeit, bevor er sich wieder melden muss. Hier werden zudem die Ausweichräume verwaltet (und auch auf der FAU-Homepage bekannt gegeben). Über Arbeit können sich die Chaos-Verwalter nicht beklagen: Studenten sind auf der Suche nach Prüfungsräumen und ihren Professoren. Sekretärinnen holen wichtige Unterlagen aus den Büros. Allein gestern Vormittag passierten 120 Menschen diesen „Checkpoint“.

„Große Solidarität“

Auch Handwerker sind bereits vor Ort. Seit im Juni die Schäden offensichtlich wurden, werden im Keller — dort wo sich auch unzählige Objekte der Antikensammlung befinden — der Deckenputz abgetragen und erste Arbeiten durchgeführt. „Das Problem sind aber wohl nicht nur der Putz und die Unterkonstruktion, auch der Beton ist sanierungsbedürftig“, berichtet der Archäologe Martin Boss, Kustos der Antikensammlung und Liegenschaftsbeauftragter für die Kochstraße. Bis 2. August bleibt das Gebäude nun auf alle Fälle gesperrt. Eineinhalb Monate bleibt dann Zeit, das hochfrequentierte Haus wieder einsatzfähig zu machen.

Zumindest die aktuelle Hilfsbereitschaft stimmt Boss schon mal zuversichtlich für die kommenden Wochen: „Bei uns haben sich sofort Kollegen von anderen Fakultäten gemeldet und Ersatzräume angeboten. Die Solidarität auf dem kleinen Dienstweg ist groß!“

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