Atelierbesuch bei einer Malerin in Erlangen

17.7.2020, 06:00 Uhr
Atelierbesuch bei einer Malerin in Erlangen

© Harald Hofmann

Die Erlanger Malerin Marion Albrecht macht es den Fans ihrer Kunst bei den gerade und bis zum Sonntag dauernden Ateliertagen in ihrem Alterlanger Atelier im Amselfeld 18 nicht leicht: Sie, die sonst so häufig den Optimismus und die pure Lebensfreude auf die Leinwand bringt, ist diesmal nachdenklich, in sich gekehrt, traurig. Als im Januar dieses Jahres der Befreiung der von den Nationalsozialisten betriebenen Konzentrationslager vor 75 Jahren gedacht wurde, entstand ein düsterer Bilderzyklus, der förmlich erahnen lässt, wie sich die Künstlerin in die Opfer hineinversetzt hat. Unter dem Titel "You are not forgotten" zeigt sie ein in ziemlich viel Grau gehaltenes Ensemble, aus dem lediglich rosa Schuhe herausstechen. Das dazu gehörige Gedicht lautet: Als ich dich fragte, was du denkst, hast du gesagt: "Ich habe als kleines Kind gern rosarot getragen. Und rosarot, dacht’ ich, könnt’ meine Zukunft sein. Dann haben Züge diese Farbe fortgetragen."

Ein zweites Motiv ist eine Leinwand mit einer plakativen Erinnerung: Those, who don’t know their history are condemned to repeat it – Diejenige, die ihre Geschichte nicht kennen, sind dazu verurteilt, sie zu wiederholen. Eine Mahnung, die angesichts rechter Umtriebe in Deutschland nicht ungehört verhallen sollte.

Und schließlich noch ein eindringliches Objekt. Aus über 60 Streichholzschächtelchen hat sie eine Art Setzkasten gebaut. Aus ihnen sehen den Betrachter bleiche Kinder- und Erwachsenengesichter an — eine bittere Reminiszenz an die Vernichtungslager.

Atelierbesuch bei einer Malerin in Erlangen

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Dass den ersten Besucherinnen und Besuchern angesichts des in grau ausgedrückten Grauens erst einmal ein Schrecken in die Glieder gefahren ist, hat Marion Albrecht aber nicht davon abhalten können (und wird es weiter nicht tun), ihr empathisches Wesen auszustellen. Denn natürlich gehen die Ateliertage thematisch weit über die Erinnerungsarbeit an den Holocaust hinaus, sind fröhliche Kinder und ihre beliebten Straßenszenen aus Südamerika zu sehen. Die seit 1996 frei schaffende Künstlerin ist für ihre narrative Kunst bekannt, ihre vielen Auslandsaufenthalte schlagen sich in farbenfrohen Motiven ihrer Begegnungen nieder, wobei stets Nachdenklichkeit den Pinsel mitführt.

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Diesen Zug an ihr konnte man unlängst auch in der Ausstellung in der Kirche Herz-Jesu am Katholischen Kirchenplatz entdecken, wo ihre Motive die starke Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen erahnen ließen.

Und diesmal Pandemie: Nur drei BesucherInnen gleichzeitig sind erlaubt, wenn sie jeweils von 15 bis 20 Uhr ihr Atelier öffnet, zu sehen sind aber auch (bei schönem Wetter) viele Bilder im Freien, vor allem solche, die von August 2019 bis Juli 2020 entstanden sind. Viele der Arbeiten sind verkäuflich oder können auch als Druck erworben werden. Viele ihrer Bilder befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen und Museen in Ländern wie Deutschland, Dänemark Österreich, Ungarn, Italien, Frankreich, Slowakei, Montenegro, Serbien, Albanien, Kosovo, Türkei, Zypern, Georgien, Ägypten, Argentinien, Mexico, Peru, Japan, Südkorea und den USA. Und, wenn nicht alles täuscht, steht ein nächster künstlerischer Auslandsaufenthalt bereits bevor.

Wer das Atelier von Marion Albrecht besuchen möchte, muss sich per E-Mail unter kunst@malbrecht.net oder unter Telefon (0 91 31) 43 02 80 anmelden.

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